Anti-Helden - Wenn wir es lieben, sie zu hassen!

  • Ich möchte hier mal einen Punkt thematisieren, der ja regelmäßig zu Diskussionen führt: Protagonistinnen und Protagonisten in Hörspielen, die nicht dem klassischen Heldenmuster entsprechen, sondern im Grunde etwas Schurkisches oder zumindest latent Abseitiges in sich tragen.

    Wie steht Ihr zu solchen Hauptfiguren?
    Findet Ihr solche Figuren grundsätzlich spannend und originell oder lehnt Ihr solche Helden rundweg ab, weil Ihr keinen Zugang zu ihnen findet?

    Und gibt es eine Grenze des Bösen, die nicht überschritten werden darf? Oder hängt alles von der Darstellungsweise ab? Oder seid Ihr sogar gänzlich schmerzfrei, was so etwas angeht?

    Welche Anti-Helden gibt es, die Ihr als Positivbeispiele anführen würdet? Und wo ist dieses Konzept für Euch misslungen?

    Und gibt es eigentlich auch weibliche Anti-Helden?

    Wer ist, Stand: heute, für Euch der Anti-Held (m/w) des deutschen Hörspiels?

    Und als letztes: Sollte es mehr Anti-Helden in Hörspielen geben?

    Ich würde mich über eine lebhafte Diskussion freuen. :)

  • Ich finde zumindest den Punisher ganz cool. Egal ob Netflix Serie oder den Film aus den 80ern. Da der das Recht anders als Batman oder Superman und co. selbst in die Hand nimmt ohne Staatliches Justizsystem kann man den denke ich als sympatische AntHield bezeichnen. Oder Captain Harlock wenn ich an Animes denke.

    Im Hörspiel ist mir noch nichts untergekommen wo ich als gelungen bezeichnen würde.
    Edit: Na ja, vielleicht Captain Moon - je nachdem wie rs da weiter geht :)

    mfg
    warbird

    Life is a journey not a destination.

  • Mir fällt spontan Foster ein, der ist zu Beginn schon nicht der Netteste, aber zumindest noch auf der guten Seite, wöhrend er im Verlauf der Serie ein echt skrupelloses brutales Ekel wird.
    Gegen Ende der Serie mochte ich ihn nicht mehr.

  • Wer ist, Stand: heute, für Euch der Anti-Held (m/w) des deutschen Hörspiels?


    Also wenn das nicht unser "geschätzter" Cheflobbyist ist, dann weiß ich auch nicht :D

    Und als letztes: Sollte es mehr Anti-Helden in Hörspielen geben?


    Unbedingt! UN - BE - DINGT.

    Das hat doch viel mehr Pepp als immer nur die braven Ermittler gegen die bösen Bösen.
    Was mich wieder daran erinnert, wie sehr Maritim die Moriarty-Idee verschenkt und zu Einheitsbrei verwurstet hat. Exakt so, wie sie es auch bei Dr. Morbius völlig ohne Gespür für den Charme der alten Folgen verbockt haben.

    Ich hab ja damals 2002 in der Wiener U3 zwischen Volkstheater und Neubaugasse mit dem Motorala A920 von Drei und Leni Riefenstahl das erste Selfie der Geschichte geknipst” - Aus meiner Biografie, erschienen im Jahr 2039, geschrieben im Jahr zuvor am Pool einer Finca auf den Kanaren

  • Schönes Thema :thumbup:

    Zitat

    Wie steht Ihr zu solchen Hauptfiguren?Findet Ihr solche Figuren grundsätzlich spannend und originell oder lehnt Ihr solche Helden rundweg ab, weil Ihr keinen Zugang zu ihnen findet?

    Also alles was ein wenig von der Norm abweicht, ist für mich interessant, macht neugierig. Denn die Geschichte wird dadurch nicht so vorhersehbar. Ist der Charakter aber durch und durch unsympathisch, kann es sein, dass ich damit nicht klar komme. Irgend einen Anker brauche ich damit mir das Hören Spaß macht. Meistens ist das aber der Fall.

    Zitat

    Und gibt es eine Grenze des Bösen, die nicht überschritten werden darf? Oder hängt alles von der Darstellungsweise ab? Oder seid Ihr sogar gänzlich schmerzfrei, was so etwas angeht?

    Wie geschrieben, irgendetwas braucht der Charakter, damit ich ihm folgen möchte. Ganz schmerzfrei bin ich dabei sicher nicht. Aber der Charakter macht es nicht alleine. Es hängt natürlich von Sprecher, Geschichte etc. ab ob ich hören will oder nicht.

    Zitat

    Welche Anti-Helden gibt es, die Ihr als Positivbeispiele anführen würdet? Und wo ist dieses Konzept für Euch misslungen?

    Spontan fällt mir CAINE, Foster oder auch der gute „Fuck die Scheisse“ Dobranski ein. Aber auch ein Dorian Hunter oder Marvin Cohen sind herrlich unkorrekt in ihrem Verhalten.
    Dr.Morbius gefiel mir vom Start weg nicht so großartig. Und irgendwie packt es mich nach der „Neuübernahme“ noch weniger. Ich muss auch zu Moriarty sagen, dass die Hörspiele durchaus gut gemacht sind und man mit Andreas Fröhlich einen großartigen Sprecher engagiert hat, aber irgendwie ist er dann doch kein richtiger Antiheld, sondern doch nur ein Guter für mich. Da hätte man mMn mehr daraus machen können.

    Zitat

    Und gibt es eigentlich auch weibliche Anti-Helden?

    Ich würde hier am ehesten Shao aus Sinclair [LÜBBE AUDIO]

    Zitat

    Wer ist, Stand: heute, für Euch der Anti-Held (m/w) des deutschen Hörspiels?

    Für mich ganz klar Steven CAINE. Ein Auftragskiller mit einem Schlächter im Körper. Und doch irgendwie richtig cool. Eine der „härteren“ Serien im kommerziellen Hörspiel, das in der einen oder anderen Folge Grenzen überschreitet, die man nicht überschreiten sollte. Trotzdem ein elektrisierender Charakter und eine hörenswerte 10-teilige Serie. Wir haben mehrere threads dazu. Eine wäre dieser hier:
    -Was-haltet-Ihr-von-Caine-Das-Amulett-von-Kyan´Kor/?postID=301&highlight=Caine#post301

    Und natürlich sind Antihelden jederzeit willkommen. Es dürfen gerne mehr sein. Aber klar sollte sich das Konzept von anderen ähnlichen Figuren und Serien unterscheiden. Immer nur die selben Figuren, egal ob Held oder Anti-Held wird fad.

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • :evil: Für mich auch Hagen von Grau - bei Wikipedia taucht genau der Name auf wenn man „Antiheld im Hörspiel“ sucht. :P

    Ansonsten noch der nette Doktor aus NYP Dead. Zumindest in den ersten Folgen genial.

    Gerne mehr solcher Charaktere, ich mochte auch Caine und Foster, gerade weil sie keine auf Hochglanz polierten, super korrekte Bilderbuch Helden sind, sondern eben, weil sie fies und gemein und sind, trotzdem aber irgendwie das richtige tun…

    Bei Cayman Club Staffel 2 bin ich da vor mir selbst erschrocken wie sehr ich mit Hagen mitgefiebert habe und wie ich

    Spoiler anzeigen


    Vor mir selbst seine Mordaktionen gerechtfertigt habe…

    Mein Name ist Dorian Hunter, und ich bin der Sohn des Teufels. Ich war der Sohn des Teufels, denn ich habe ihn getötet! :evil:

    Einmal editiert, zuletzt von Orko aus dem Zauberland (27. August 2022 um 20:27)

  • Zitat von Hardenberg: „Wer ist, Stand: heute, für Euch der Anti-Held (m/w) des deutschen Hörspiels?“
    Also wenn das nicht unser "geschätzter" Cheflobbyist ist, dann weiß ich auch nicht

    O ja, an den musste ich natürlich auch gleich denken, und ich bin echt beeindruckt, wie es den Autoren gelingt, Hagen von Grau so zu beschreiben, dass er uns Hörer echt fassungslos macht ob seiner Schläue und seiner Skrupellosigkeit, und ihn gleichzeitig doch mit so viel Charme auszustatten, dass wir es wirklich lieben, ihm zu folgen und ihn zu hassen. Das ist für mich wirklich ganz großes Kino.

    Ich kenne jetzt nicht so viele Anti-Helden im Hörspielen. Caine habe ich nie gehört, Foster fand ich eigentlich noch ganz zahm in den Folgen, die ich gehört habe, und Morbius fand ich, ehrlich gesagt, doof.

    Aber ich wüsste jetzt nicht pauschal eine Grenze, bei der ich sagen würde, ich bin raus. Aber sicher gibt es die. Aus der TV-Welt weiß ich zumindest zwei Beispiele: Bei 24 war mir irgendwann der willkürlich folternde Jack Bauer richtig zuwider, und bei The Walking Dead konnte ich vor allem den selbstgerechten Rick Grimes nicht mehr ertragen, spätestens als er und seine Kumpane Schlafende ermordeten, weil die eine Bedrohung sein >könnten<. Das fand ich nur noch abstoßend. Ich habe nie verstanden, warum die Fans den unbedingt zurückhaben wollten.

    Ich denke gerade darüber nach, was Hagen von Grau anders erscheinen lässt. Vielleicht dass er nicht so tut, als wäre er der Gute? Und im Grunde bekennt, dass er auf jede Moral pfeift, während die oben Genannten sich auf der Seite des Rechts wähnen, während sie ihre Taten begehen? Ich weiß nicht. Muss ich mal drüber nachdenken.

    Was meint Ihr: Welches Verhältnis sollte ein Anti-Held zu seiner eigenen Rolle haben? Sollte er Recht und Moral in die eigene Hand nehmen? Oder auf beides pfeifen?

  • Ein weiterer cooler Widerling war Roger Brown. Er ist der Headhunter Absolut kein Symptahieträger aber mit Schalk in der Stimme :thumbup:

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Dieses interessante Thema hab ich mal vor vielen Jahren auf nem Filmforum geschrieben.
    Die Meinungen gehen da etwas auseinander, was einen (wahren) Antihelden ausmacht, und was nicht.
    Für mich gibt es da zwei Arten ( vielleicht auch mehrere)dieser Gattung:
    Don Quijote, The Big Lebowski aka The Dude, Didi /Dieter Hallervorden in seinen Filmen etc eine Hauptfigur, die ihr Handeln oder das was diese bestrebt eher mit Glück „meistert“, da dieser Charakter keine Kräfte oder Talente hat, sondern mehr als Witzfigur oder Komödientrottel agiert.

    Nummer 2:
    Wäre so jemand wie Dexter Morgan ( Michael C. Hall), oder im Hörspiel Foster und Caine - der dunkle Prophet.[ Der echte Luther Niles und Dorgan Fink gehören für mich auch noch in diese Kategorie].
    Rick Grimmes oder Negan aus Walking Dead, die sich vom Charakter her ( stark)wandeln.
    Comedian, Ozimandias, Dr Manhatten und Walter Kovacs aka Rorschach [Watchmen] sind ebenfalls Antihelden, die einfach unsaubere Dinge tun[ also nicht immer heldenhaft] ,um ihr angestrebtes Ziel zu erreichen.

    Anti-Heldinnen: Cat Woman und Harley Quinn. [ Da beide immer wieder die Seiten wechseln].

    Ach ja, und Jac Longdong von R&B ist für mich auch ein Anti-Held.

    Ist auch Steven Burns aus GB ein Anti-Held???

    Zitat

    Und als letztes: Sollte es mehr Anti-Helden in Hörspielen geben?


    Jaaaaa!!!!!

    The Jokes on you!

    8 Mal editiert, zuletzt von Evil (28. August 2022 um 08:29)

  • Caine ruhig mal probieren, nach Folge 1 weiß man definitiv ob es gefällt oder gar nicht.
    Mir hat es gefallen, teilweise aber auch geschockt.

    Danke für den Tipp. Werde ich im Hinterkopf behalten. Ich muss sogar noch irgendwo eine oder zwei Folgen haben, die ich mal aus einer der diversen Tauschkisten geklaubt habe. Vielleicht höre ich also wirklich mal rein.

    Durch den Austausch hier bin ich jetzt getriggert worden und musste einfach nochmal in das obergeniale Caiman Club reinhören. Wirklich Meisterklasse.

    Kann ich wirklich nur jedem ans Herz legen, der es noch nicht kennt. Das muss man einfach gehört haben. Aber man muss der Serie ein bisschen Zeit geben, um ihre Wirkung zu entfalten, am Anfang ist man aufgrund des Tempos schon erst mal ein wenig verwirrt.

    Aber Hagen von Grau kann im Grunde als Blaupause für gelungene Anti-Helden gelten.

  • O ja, an den musste ich natürlich auch gleich denken, und ich bin echt beeindruckt, wie es den Autoren gelingt, Hagen von Grau so zu beschreiben, dass er uns Hörer echt fassungslos macht ob seiner Schläue und seiner Skrupellosigkeit, und ihn gleichzeitig doch mit so viel Charme auszustatten, dass wir es wirklich lieben, ihm zu folgen und ihn zu hassen. Das ist für mich wirklich ganz großes Kino.

    Ich denke, das liegt daran, dass einfach alle Figuren gut gezeichnet sind. Man sympathisiert ja auch keineswegs mit seinen Gegenspielern wie dem alten Mangold oder der Bischoff oder dem Matthieu LaBlanche (Mathieu Carriere spielt den auch so überragend gut). Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen ständig, letztlich bleibt vielleicht nur die Erkenntnis, dass Murat und Costa halt Murat und Costa sein :D Das ist das exakte Gegenteil vom öden 08/15 Hörspiel mit Abziehbilder-Guten und Abziehbilder-Bösen und Blaupausen-Handlung, die der Autor nach Lust und Laune, aber ohne Sinn und Verstand quer über Serien hinweg recycled. Mir hat da die Hörspielkammer schon ein wenig die Augen geöffnet, das geb ich unumwunden zu.

    Es ist einfach ein großartiges Sittengemälde, bei dem der Hörer mit offenem Mund stundenlang gefesselt ist. Auch weil man weiß, dass natürlich viele Intrigen überzeichnet sind, andererseits sind ja auch durchaus Clubs in Berlin und Hamburg bekannt, die eine Vorlage gegeben haben, bei der wir besser gar nicht die realen Details wissen wollen 8)

    Egal, CC ist eigentlich für jeden Autor eine perfekte Lernunterlage, wie man spannende Figuren zeichnet und eine extrem originelle Handlung konstruiert, die total in den Bann zieht.

    Ich hab ja damals 2002 in der Wiener U3 zwischen Volkstheater und Neubaugasse mit dem Motorala A920 von Drei und Leni Riefenstahl das erste Selfie der Geschichte geknipst” - Aus meiner Biografie, erschienen im Jahr 2039, geschrieben im Jahr zuvor am Pool einer Finca auf den Kanaren

  • @Evil hat was Tolles geschrieben:

    Zitat

    …sondern mehr als Witzfigur oder Komödientrottel agiert.

    Auch diese Art von Anti-Helden gibt es. Haben wir solche „Inspektor Clouseaus“ im Hörspielbereich?

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Wie wahr! Stimmt! :thumbup:

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Sind Dorian Hunter und Steven Burns für euch auch Anti-Helden? Und wenn ja, warum?

    @Hardy: Caine von Lausch war legendär. Wenn du den noch nicht kennst, fehlt dir eine der besten Mini-Serien, die es je gab.
    Ich fand, Caine war die beste Serie von Lausch.

    The Jokes on you!

  • Für mich stehen Hagen von Grau und Caine auch an den ersten Stellen für Antihelden, aber die Österreicher Brenner von Wolf Haas und der Suchanek von Rainer Nikowitz (alles Radio Hörspiele) sind für mich Antihelden, da Sie alles andere als aalglatt sind.
    Im TV ist z.B auch der Dude in Big Lebowski ein Typischer Antiheld.

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