GRËUL (WDR) von Edgar Linscheid & Stuart Kummer

  • Linscheid Besonders lachen musste ich immer wenn sich die Leute aus dem Dorf stritten und zankten und sich mit Schimpfwörtern bewarfen. Woher hattest Du diese? Ausgedacht oder irgendwo recherchiert?

    Die Schimpfwörter sind tatsächlich alle recherchiert. So hat man sich im Mittelalter gezankt. Generell habe ich versucht, bei jeder verwendeten Redewendung zu checken, ob es sie schon im Mittelalter gegeben hat. Wahrscheinlich sind mir welche durchgerutscht, aber ein Mindestmaß an historischer Authentizität ist mir selbst bei einem Fantasy-Stoff wichtig.

  • Sie klangen auch für mein Gehör authentisch und passten perfekt in diesen Rahmen. Das sind so kleine Puzzlestücke, die sich aber im Großen dann doch bemerkbar machen und die Geschichte an sich als rund erscheinen lassen #respekt#

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Vielen Dank schon mal bis hierhin für die Beantwortung meiner Fragen, Linscheid :)

    Ich lese Deine Antworten mit größtem Interesse.

    Was die Serie angeht, so habe ich bisher nur in die erste Folge der neuen Staffel kurz reinhören können und war überrascht, dass die Handlung ja eine ganz neue Wendung zu nehmen scheint. Ich bin gespannt.

  • Fanden die Aufnahmen in Teilen als Ensemble-Aufnahmen statt oder sind alle Sprecherinnen und Sprecher einzeln aufgenommen worden? Bei manchen Dialogen wirkt es so flüssig und dynmaisch, dass es fast nach einem echten Interagieren der Mitwirkenden klingt.

    Soviel ich weiß, sind für die ersten 8 Folgen fast alle Szenen im Ensemble aufgenommen worden. Was wirklich ein großes Glück war. Ich habe an anderer Stelle schon geschrieben, dass Ensemble-Aufnahmen mit dem Regisseur vor Ort für mich der Idealfall sind. Besonders, wenn man – wie bei GRËUL – die Rollen mit Film-, Fernseh- und Theater-Schauspielerinnen und Schauspielern besetzt. Die sind es einfach gewohnt, miteinander an Drehorten oder auf Bühnen zu agieren. Das Timing, die Dynamik, das unmittelbare Spiel ist in meinen Ohren noch besser und echter als beim x-en oder über Schalte.

  • Nochmals ganz herzlichen Dank, dass Du Dir für meine Fragen Zeit genommen hast. :)

    Wow, da muss dann ja ein ordentlicher Auflauf am Hörspielstudio stattgefunden haben bei dem Cast. Aber ich finde wirklich, das hört man den Dialogen auch an. Ich habe ja, was das angeht, eigentlich nicht so ein feines Gehör, aber hier fiel es mir wirklich auf, und ich denke, der Hinweis auf die Fernseh- und Theater-Schauspielerinnen und -Schauspieler ist sehr wichtig. Wer nicht an die Synchro-Arbeit gewöhnt ist, tut sich vielleicht schwer damit, für sich allein die Szenen zu spielen. So spielen die sich alle gegenseitig die Bälle zu, das merkt man schon, finde ich. Und es ist ja auch wirklich toll, was da für Sprecherinnen und Sprecher aufgefahren wurden. Das sind ja eben nicht die üblichen Synchronsprecher, die man in jedem dritten kommerziellen Hörspiel hört (und die ihre Sache natürlich auch gut machen), es sind Leute, die einen anderen Schauspiel-Hintergrund haben und darum auch anders betonen und anders sprechen. Ich fand das wirklich erfrischend. Bei Caiman Club verhält es sich ja ähnlich.

    Witzig fand ich übrigens beim ersten Hören der neunten Folge von GRËUL, dass sie im Grunde genauso beginnt wie die erste Folge: mit einer Verfolgungsjagd, die sogar ähnlich angelegt ist, nur dass es dieses Mal keine Frau ist, die verfolgt ist. Sehr schöne Parallele. ;)

    Überhaupt gefallen mir hier die Frauen-Figuren sehr. Ich bin ja ein großer Freund von starken Frauen in Hörspielen (und anderen künstlerischen Werken), und hier gibt es ja so einige. Und sie wirken dabei nicht wie ein Anachronismus, sondern einfach wie starke Charaktere, die es sicherlich auch damals schon gegeben hat und die ganz einfach zu Hause die Hosen anhatten und sich wie selbstverständlich eingebracht haben.

  • Witzig fand ich übrigens beim ersten Hören der neunten Folge von GRËUL, dass sie im Grunde genauso beginnt wie die erste Folge: mit einer Verfolgungsjagd, die sogar ähnlich angelegt ist, nur dass es dieses Mal keine Frau ist, die verfolgt ist. Sehr schöne Parallele. ;)

    Genau das war der Plan. :)


    Überhaupt gefallen mir hier die Frauen-Figuren sehr. Ich bin ja ein großer Freund von starken Frauen in Hörspielen (und anderen künstlerischen Werken), und hier gibt es ja so einige. Und sie wirken dabei nicht wie ein Anachronismus, sondern einfach wie starke Charaktere, die es sicherlich auch damals schon gegeben hat und die ganz einfach zu Hause die Hosen anhatten und sich wie selbstverständlich eingebracht haben.

    Freut mich. Und wenn man will, was niemand muss, kann man GRËUL auf einer Subebene sogar als Female Empowerment Geschichte hören. Während die Frau (Ortrud) zu Anfang noch klischiert als Opfer dargestellt wird, ändert sich das im Laufe der Geschichte deutlich. So muss Wulfhild ihr Frausein in der Schlacht von Worringen noch komplett verbergen und sich auch im Zirnertal noch gegen die gängigen Vorurteile durchsetzen. Wendepunkt ist hier der Kampf mit dem Bären. Schließlich ist sie Wulfhild, Kriegerin des Zirnertals. Teil dieser Entwicklung ist eben auch, dass zu Beginn der letzten vier Folgen ein Mann verfolgt wird und keine Frau.

  • Und wenn man will, was niemand muss, kann man GRËUL auf einer Subebene sogar als Female Empowerment Geschichte hören. Während die Frau (Ortrud) zu Anfang noch klischiert als Opfer dargestellt wird, ändert sich das im Laufe der Geschichte deutlich. So muss Wulfhild ihr Frausein in der Schlacht von Worringen noch komplett verbergen und sich auch im Zirnertal noch gegen die gängigen Vorurteile durchsetzen. Wendepunkt ist hier der Kampf mit dem Bären. Schließlich ist sie Wulfhild, Kriegerin des Zirnertals. Teil dieser Entwicklung ist eben auch, dass zu Beginn der letzten vier Folgen ein Mann verfolgt wird und keine Frau.

    Und genau so etwas liebe ich in Geschichten (und vermisse es viel zu oft in Hörspielen): Wenn es so etwas wie ein zweite Ebene gibt, auf der neben der eigentlichen Geschichte noch etwas anderes erzählt wird, das die erzählte Welt bereichert, aber nicht notwendigerweise wahrgenommen werden muss für das Verständnis des (vordergründigen) Haupthandlungsstrangs.

    Das fand ich auch so schön an dieser Parallele bei den Einstiegsszenen. Sie zeigen sehr schön, wie sich innerhalb der ersten Staffel die Dynamik zwischen den Figuren und auch den Geschlechtern verändert hat. Sehr schön fand ich in diesem Zusammenhang übrigens auch Wulfhilds Reaktion, als das ganze Dorf diskutiert, was jetzt zu tun sei. Alle Blicke richten sich auf sie, die Kerle brodeln, wollen zur Tat schreiten, und sie sagt (sinngemäß): "Darüber muss ich jetzt erstmal nachdenken!" Und dann zieht sie sich zurück und lässt die Männer stehen, um zunächst einen klaren Gedanken zu fassen. Und die können es kaum glauben: Wie jetzt - nachdenken?! Das kennen sie so nicht. ;)

  • Sehr schön fand ich in diesem Zusammenhang übrigens auch Wulfhilds Reaktion, als das ganze Dorf diskutiert, was jetzt zu tun sei. Alle Blicke richten sich auf sie, die Kerle brodeln, wollen zur Tat schreiten, und sie sagt (sinngemäß): "Darüber muss ich jetzt erstmal nachdenken!" Und dann zieht sie sich zurück und lässt die Männer stehen, um zunächst einen klaren Gedanken zu fassen. Und die können es kaum glauben: Wie jetzt - nachdenken?! Das kennen sie so nicht. ;)

    So isses. Und der Mensch, der dann zu Wulfhild hingeht und sinngemäß sagt "Komm wir kriegen das gemeinsam hin", ist selbstredend auch eine Frau.

  • Wolltest Du im übrigen eine kürzere Fassung als bei Staffel 1 haben, war dies Vorgabe durch das Radio oder hatte es sich einfach so ergeben.

    Das hat sich aus zwei Gründen so ergeben. Klar hätte man die Geschichte problemlos um ein zwei Folgen strecken können. Stränge ausführlicher erzählen, tiefer in die Figuren gehen können. Aber letztlich wollen wir mit GRËUL vor allem unterhalten. Ich finde die Story, so dicht erzählt wie sie jetzt ist, aber richtig gut. Auch wenn das stellenweise herausfordernd sein mag. Was ich nicht so mag, ist das künstliche Auswalzen von Geschichten, nur um zusätzliche Folgen zu generieren. Der zweite Punkt ist: Wir wollten unbedingt sowohl GRËUL als auch CAIMAN CLUB 2024 weitererzählen. Auf CAIMAN CLUB 4 warten die Leute ja schon recht lange und die Nachrichten, dass es nun bitte aber wirklich mal weitergehen soll, häufen sich verständlicherweise. Mehr Folgen GRËUL hätte eine weitere Verzögerung von CC4 zur Folge gehabt.

  • Danke für Deine ehrlichen Worten! Ich sage es aus meiner Sicht mal so - es ist perfekt erzählt, trotzdem wäre ich gerne noch etwas länger bei Wulfhilde & Co geblieben, hätte mit einer Verzögerung von Caiman Club leben können ;)

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Da bietet sich doch die Anschlussfrage an, ob denn diese zweite Staffel von Anfang an miteingeplant war oder ob man sich diese Option "nur" offenhielt und zunächst Staffel 1 für sich allein geplant hat.

    Ich bin ja bei Staffel 2 leider noch nicht sehr weit, weil anderes anstand, aber bei Folge 1 habe ich schon den Eindruck, dass die Geschichte, die ja in der ersten Staffel sehr von der Frage lebte, was es mit der Legende auf sich hat, ob sie einen wahren Kern hat oder nur instrumentalisiert wird (und wie sie instrumentalisiert wird), schon in eine ganz andere Richtung geht. Da frage ich mich: War das von Anfang an so vorgesehen und skizziert, oder hast Du der Geschichte eine neue Richtung gegeben, weil die Geschichte, die Du ursprünglich erzählen wolltest, im Grunde mit der letzten Folge von Staffel 1 auserzählt war, so dass Ihr Euch etwas Neues für die Fortsetzung überlegt habt? (Oder trifft, dritte Alternative, nichts von beidem zu, und wenn ich, statt hier eifrig in die Tasten zu hauen, einfach mal weiterhören würde, käme ich von selbst zu der Einsicht, dass das selbstverständlich alles aus einem Guss ist und die Geschichte in Wahrheit keineswegs in eine neue Richtung geht? ;) )

  • War das von Anfang an so vorgesehen und skizziert, oder hast Du der Geschichte eine neue Richtung gegeben, weil die Geschichte, die Du ursprünglich erzählen wolltest, im Grunde mit der letzten Folge von Staffel 1 auserzählt war, so dass Ihr Euch etwas Neues für die Fortsetzung überlegt habt?

    Berechtigte Frage. Im Spoiler-Thread habe ich dazu schon etwas geschrieben, hier antworte ich vorsichtiger. Es gibt einen Schlüsselsatz aus Staffel 1, der am Ende von Folge 11 noch einmal genannt wird. Der Satz zeigt ganz gut, dass wir den Verlauf und das Ende der Serie von Anfang an genau so geplant hatten. Wir wollten auch bewusst den Cliffhanger am Ende von Folge 8, der einen Wendepunkt in der Story darstellt. Hätte der WDR keine weiteren Folgen bestellt, wäre der Cliffhanger, wie ich finde, trotzdem ein gutes Ende gewesen. So aber konnten wir wie geplant weitererzählen.

  • Ist wie bei Monster 1983 Staffel 1. Ein für mich tatsächlich cooles Ende!

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • 👍

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    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

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