"Das Hörspiel unter der Lupe - 2015/3" - Der schwarze Abt (Nocturna Entertainment)

  • ACHTUNG SPOILER - ACHTUNG SPOILER - ACHTUNG SPOILER - ACHTUNG SPOILER
    Dies ist ein thread für all diejenigen, die das Hörspiel gehört haben oder für diejenigen, die das Hörspiel noch nicht gehört haben und denen es nichts ausmacht, wenn sie Handlung, Inhalt und Auflösung erfahren!!!!

  • So, dann will ich mich nach zweimaligem Hören mal 'aus der Deckung wagen'.

    Vorweg: Mit Edgar Wallace kenne ich mich nicht aus und das wenige, was ich von ihm gelesen habe, konnte mich eigentlich nie überzeugen. Er gehört für mich nicht zu den zeitlosen Autoren, sondern seine Romane wirken auf mich altmodisch und angestaubt. Das ist natürlich zu einem großen Teil Geschmackssache, mag aber helfen, meine Meinung zu dem Hörspiel einzuordnen.

    Auch 'Der schwarze Abt' war mir vor dem Hörspiel komplett unbekannt, ich habe weder den Roman gelesen noch die Verfilmung gesehen. Rezensionen im Internet kann ich entnehmen, dass dieses Buch bezüglich Charakterzeichnung, Spannungsbogen und Auflösung zu den besten Werken des Autors gehört. Man merkt ihm aber auch sehr deutlich an, dass es über 90 Jahre auf dem Buckel hat.

    Nun hätte es m. E. mehrere Möglichkeiten gegeben, die Geschichte als Hörspiel zu erählen: Gruselhörspiel mit entsprechender Atmosphäre, Hochspannungsthriller oder vielleicht auch als eine Art Satire angelegt. Das Hörspiel aber hat keine klar erkennbare Linie, bleibt diesbezüglich unentschlossen und ist für mein Empfinden damit 'weder Fisch noch Fleisch'. Ich vermute, dass es sich recht eng an den Roman hält, aber eine solcherart 'unbearbeitete' Adaption funktioniert bei Wallace meines Erachtens nicht - siehe oben: angestaubt, altmodisch, altbacken. Ob es allerdings wirklich im Roman auftaucht, dass zu Beginn auf die Ereignisse aus 'Der Hexer' Bezug genommen wird? Dadurch soll natürlich die Verbindung zwischen den beiden Wallace-Hörspielen von Nocturna betont werden, es wirkt aber auch etwas überflüssig und gewollt.

    Zudem sind mir noch ein paar andere Punkte negativ aufgefallen:

    • Die Musik trägt wenig zur Atmosphäre bei.
    • Ich empfand es als störend, dass nach einigen Tracks die Lautstärke auf 0 abgeblendet wird und die Handlung erst nach etlichen Sekunden wieder einsetzt. Das hat mich zum Teil aus der Geschichte 'herausgerissen'
    • An vielen Stellen hört man deutlich heraus, dass die Sprecher nicht gemeinsam agieren, sondern getrennt aufgenommen wurden.
    • Es gibt keine Idenitifikationsfiguren in diesem Hörspiel, mit denen ich mitgefiebert hätte. Ich habe mich immer wieder bei der Feststellung ertappt dass es mir herzlich egal ist, was den Protagonisten widerfährt. Das liegt sicher an der Vorlage, hat aber zumindest für mich den Hörspaß deutlich geschmälert.

    Das klingt jetzt schlimmer, als es vermutlich ist, aber es ist halt so, dass mir 'Der schwarze Abt' überhaupt nicht gefallen hat. Zwei Dinge hätten das Hörspiel für mich retten können: Ein klares Konzept (am besten in Richtung 'Grusel') und ein guter Erzähler, der die Atmosphäre schildert, transportiert und so in die einzelnen Szenen überleitet. In der vorliegenden Form ist es ein Hörspiel, das ich kurz nach dem Hören auch schon wieder vergessen werde und mich in meinem Vorurteil bestärkt, in absehbarer Zeit keinen Edgar Wallace mehr hören zu wollen.

    Und nun bin ich sehr gespannt, wie das Hörspiel bei den anderen HUDLern so ankommt.

    Nicht jeder Verkannte ist ein Genie. (Walter Moers)

  • Schon allein weil ich es hasse, über eine Stunde Lebenszeit an ein schlechtes Hörspiel zu verlieren, habe ich mich ernsthaft bemüht Nocturnas Version von „Der schwarze Abt“ positive Seiten abzugewinnen. Allein gelungen ist es mir kaum.

    Das Hörspiel leidet an einer inhaltlichen Orientierungslosigkeit und darunter, dass Nocturna durch 73 Minuten Spielzeit versucht, diese Produktion gewichtiger aussehen zu lassen, als sie in Wahrheit ist. Schon beim Intro spielt man gnadenlos auf Zeit. Fast zwei Minuten erklingt eine austauschbare Musik, unterlegt von einer Polizeisirene, die zu modern klingt, um für eine EW-Vertonung passend zu sein. 30 Sekunden hätten völlig ausgereicht. Aber so hat man schon die erste Minute herausgeschunden. Es schließt sich an ein Dialog zwischen Sir John Walford (Wolf Frass) und Inspector Puddler (Peter Groeger). Ersterer erklärten letzterem, dass es gar keinen Fall gibt und es sich beim schwarzen Abt um einen Mythos handelt. Man plaudert locker weiter (u.a. über Personen, die für die Handlung keine Rolle spielen) und wer glaubt, mit dem Inspector sei eine tragende Figur der Geschichte eingeführt worden, ist im Irrtum. Denn nach dieser Szene nimmt man sie bis kurz vor Schluss komplett aus der Handlung. Und selbst dann, ermittelt Puddler eigentlich gar nicht, sondern bekommt alles auf dem Silbertablett serviert. Aber ich will nicht vorgreifen. Die erste Szene ist vorbei und zusammen mit dem Intro sind 7 Minuten (also 10 Prozent der Laufzeit) um, ohne dass etwas nennenswertes sich ereignet hat.

    Im weiteren Verlauf führt man dann tatsächlich Charaktere ein, die für den Plot von Relevanz sind. Es ist das typische EW-Sortiment aus schrulligen, verschlagenen, manchmal auch charmant auftretenden Männern, zu denen sich zwei Frauen gesellen, von denen die eine naive Lebensunfähigkeit repräsentiert und die andere skrupellos ihre Heiratspläne verfolgt. Aus heutiger Sicht sind das alles eher Seifenopern-Figuren, aber als Wallace seine Story schrieb, sah man das vielleicht noch anders. Eine Hochzeit soll verhindert werden, eine andere dafür arrangiert. Natürlich dreht sich wieder viel um Geld, ein Erbe und Veruntreuung. Und irgendwo geht es auch um einen Schatz. Doch das Wer mit Wem und aus welchem Grund steht im Vordergrund. Spannend ist das alles nicht. Und zügig wird es auch nicht erzählt. Die Story plätschert dahin, irgendwann ist dann endlich Schluss mit „Dallas“ und „Denver-Clan“ und das Mysterium um den schwarzen Abt erfährt eine Aufklärung. Dass sich vorher noch zwei Charaktere gegenseitig erschossen haben, sorgt dann auch kaum noch dafür, dass die Spannung steigt. Denn keine Figur in diesem Hörspiel interessiert einen beim Hören wirklich. Einerseits gibt es keine Sympathieträger; und andererseits ist auch niemand so böse oder niederträchtig, dass man ihn hassen würde. Das Figurensortiment ist eben da – tritt einer (oder auch zwei) ab, bleiben einem immer noch genug Charaktere, die einem ebenfalls egal sind.

    Das Sprecherensemble tut sein möglichstes, um den blutleeren Plot mit Leben zu erfüllen. Aber auch Größen wie Frass, Groeger oder Norbert Langer sind chancenlos gegen die Story und die ermüdende Regie. Thomas Kahler versucht den jungen Klaus Kinski aus den EW-Verfilmungen stimmlich zu imitieren, scheitert aber grandios. Der Cast hat aber dennoch Qualität und ist daher zumindest ein kleiner Lichtblick in diesem Hörspiel.

    Nocturnas „Der schwarze Abt“ ist nicht die erste Vertonung dieses Stoffes. Aber wahrscheinlich die schwächste. Das Skript setzt zielsicher die falschen Akzente und die lustlose Inszenierung verschwendet das Talent der Sprecherinnen und Sprecher. Dieses Hörspiel hätte sich Nocturna schenken können. :thumbdown:

  • So, nachdem die Post heute endlich so freundlich war, mir die CD zuzustellen, konnte ich auch hineinhören. Die alte Europa-Version kenne ich nicht, und ich könnte wirklich nicht sagen, ob ich die Verfilmung jemals gesehen habe. Diese ganzen alten S/W-Wallacefilme vermischen sich in meiner Erinnerung hoffnungslos, und die letzten detaillierteren Erinnerungsfetzen sind vom WiXXer ausradiert worden... ;)
    Das Buch steht mit seinen anderen Wallace-Brüdern seit vielen Jahren ungelesen in dritter Reihe im Bücherregal.

    Inhaltliche Erwartungen hatte ich also keine - nur, dass es vom Tiefgang her ungefähr wie diese alten Filme sein würde, habe ich sicher angenommen - soll heißen, ich habe ausnahmsweise etwas nebenbei gemacht. Aber ich denke nicht, dass das Kleinschneiden alter Brötchen mich intellektuell sehr beansprucht hat...

    Und das Hörspiel entsprach dann auch den Erwartungen. Zu denen gehörte auch, dass der Held das Mädchen bekommt. Die Auswahl an Personen liess eigentlich nur eine mögliche Besetzung zu, also war schon mal klar, wer am Ende unbedingt zu den Guten gehört. Insbesondere da hier kein junger Inspektor zur Verfügung stand. (Btw.: Wirklich verblüfft wäre ich gewesen, wenn man nicht den Helden, sondern den Bösewicht mit der Stimme von Magnum besetzt hätte. Aber das wäre natürlich zu sehr gegen sämtliche Wallace-Klischees gewesen... :D )

    Alles in allem fand ich das Hörspiel durchaus unterhaltsam. Dass ich keinen ausgefeilten Krimi erwartet habe, trug sicherlich dazu bei. Zum Oft-Hören ist es aber nichts.

    Die Synchronsprecher fand ich alle gut - selbst den Butler. Klar war das eine Kinski-Imitation, aber mich hat das eher amüsiert. Und wenn die Kinski-Variante tatsächlich eine Regieanweisung für diese Rolle war, was ich annehme, dann hat er das ganz ordentlich hinbekommen. Und immerhin hat er es geschafft, in mir Zweifel zu wecken, ob er irgendwie in eine der Verschwörungen mitverwickelt ist oder lediglich seinen Brötchengeber nicht mehr so ganz ernst nimmt. Ich war am Ende nur ein wenig überrascht, dass die Figur das Hörspiel überlebt hat. ^^

    Ich empfand es als störend, dass nach einigen Tracks die Lautstärke auf 0 abgeblendet wird und die Handlung erst nach etlichen Sekunden wieder einsetzt. Das hat mich zum Teil aus der Geschichte 'herausgerissen'


    Die Lücken zwischen den Zwischenmusiken und dem nächsten Text fand ich auch jedesmal ein klein wenig zu lang. Besonders wenn gar kein großer Szenenwechsel stattfindet, sondern wie z.B. am Anfang im Schloss bloß jemand das Zimmer wechselt...

    Schon beim Intro spielt man gnadenlos auf Zeit. Fast zwei Minuten erklingt eine austauschbare Musik, unterlegt von einer Polizeisirene, die zu modern klingt, um für eine EW-Vertonung passend zu sein. 30 Sekunden hätten völlig ausgereicht.


    Die eigentliche Melodie mochte ich. Die Polizeisirene weniger. Und mit oder ohne Sirene passt die Melodie auch für mich nicht zu einem Wallace. Ich habe da eher einen modernen Polizisten (oder Privatdetektiv) vor mir gesehen, der in melancholischer oder resignierter Stimmung durch die verregneten Straßen einer Großstadt voller Hoffnungslosigkeit fährt...

  • Und immerhin hat er es geschafft, in mir Zweifel zu wecken, ob er irgendwie in eine der Verschwörungen mitverwickelt ist oder lediglich seinen Brötchengeber nicht mehr so ganz ernst nimmt.

    Stimmt, Butler bieten sich genauso wie Gärtner als Mörder an. Und auch ich war mir über die Rolle, die der Butler im Konstrukt der Geschichte einnimmt, unschlüssig.

  • Um noch mal auf den Puttler zurückzukommen, im Roman ist es so, dass Sergeant Puttler nach circa einem Drittel des Buches auftaucht. Er ist mit Dick Alford befreundet und wird von diesem hergebeten, nachdem Dick beinahe im Schlaf erstochen worden wäre (ich glaube, von Thomas, aber das ist nicht so wirklich aufgeklärt worden). Puttler hat ein abstoßendes, affenartiges Äußeres, dafür aber besonders geschärfte Sinne.
    Zunächst ist er incognito vor Ort, und nach dem Mord an Thomas ermittelt er dann offiziell.

    Thomas ist übrigens ein ehemaliger Sträfling, der in Gilders Auftritt die Alfords ausspioniert. Als er erschossen wird, trägt er die Kleidung des Schwarzen Abts. Und genau deshalb hat Harry ihn umgebracht, weil der ja so eine Angst vor dem Abt hat.
    Warum das alles im Hörspiel weggelassen wurde, versteh ich nicht so ganz. Gerade die Rolle von Thomas fand ich im Roman eigentlich spannend.

    Hat eigentlich irgendjemand verstanden, wieso Puddler im Hörspiel nicht als Inspektor angeredet werden will? Mehrmals sagt Thomas zu ihm z.B. "Sehr wohl, Inspektor", und dann korrigiert dieser ihn mit dem Ausruf "Puddler!" Sollte wohl ein Running Gag sein, aber ist es nicht angemessen, wenn ihn der Diener mit dem Rang anredet statt mit Namen? :huh:

    Ansonsten fand ich das Hörspiel ganz nett, aber lange Zeit recht zäh und irgendwie öde. Die erste Szene dauert ewig und ist so gar kein spannender Auftakt, und dann passiert lange Zeit nichts Aufregendes. Eigentlich bis zu der Schatzsuche, bei der sich Arthur Gine und Gilder gegenseitig erschießen und Mary Wenner so albern abgeht. Übrigens auch etwas, das im Roman nicht vorkommt. Beide überleben bis zum Schluss und spielen am Ende durchaus noch eine wichtige Rolle, sogar mit einer gewissen Wandlung / Entwicklung der Charaktere. Anscheinend hat der Drehbuchautor die Szene direkt aus dem Europa-Hörspiel übernommen.
    Hier taucht dann ja auch endlich mal der Abt auf, nachdem er vorher nur erwähnt wurde. Wozu er anwesend ist, wenn er dann doch nichts macht, hab ich allerdings auch nicht verstanden. Dazu muss ich aber sagen, dass ich den Abt auch im Roman eher halbherzig eingebaut fand. Hier hat er zwar einige, durchaus unheimliche Auftritte, aber so richtig wichtig ist er für die Handlung auch nicht.

    Und was die Sprecher angeht, fand ich die zwar besser als beim Hexer, wo es mit dem Anwalt Messer und Johnny Lanley zwei Totalausfälle gab. Aber es hat mich wiederum sehr irritiert, dass die beiden Alford-Brüder mit so alten Sprechern besetzt waren. Da wundert man sich dann schon, weshalb die beiden über 60jährigen noch so sehr mit dem Thema Heirat beschäftigt sind (und vorher nie geheiratet haben). Und weshalb eine junge Frau wie Leslie auf solche alten Knacker stehen sollte. Im Roman ist es so, dass Harry Mitte dreißig ist und Dick als "zweiter Sohn" noch ein paar Jahre jünger. Das leuchtet dann schon deutlich mehr ein. Arthur Gine ist auch deutlich älter als im Roman besetzt worden, genau wie Puttler. Eigentlich gibt es nur einen älteren Charakter im Roman, nämlich den 50jährigen Gilder. Und ausgerechnet den finde ich im Hörspiel mit Sascha Rothermund zu jung besetzt. :D
    Komisch. Ich meine, man muss sich ja nicht an den Roman halten, aber wenn es beim Hören irritiert und Fragen aufwirft, ist es schon irgendwie doof.

    Und ach ja, Sir John kommt im Roman gar nicht vor, also sind alle Szenen mit ihm vom Drehbuchautor ausgedacht. Auch die widersprüchlichen Aussagen vom Abt. Da muss ich meinen (fast) Namensvetter also in Schutz nehmen!

  • Zitat von Chris: „Da ich meine Meinung in vorauseilendem Gehorsam zum Abt schon in Vorbereitung habe“
    Verrätst Du uns diese noch ( <img src="https://www.hoerspieltalk.de/wcf/images/smilies/smile2.gif" alt=":]" /> ) oder ist die in den Wirren der Entscheidungsfindung für die nächste Runde unglücklicherweise verlorengegangen?

    Keine Sorge, die kommt noch. Da ich nun kein Wallace-Experte bin, wollte ich noch ein paar andere Meinungen vorher lesen.

    Ich hab ja damals 2002 in der Wiener U3 zwischen Volkstheater und Neubaugasse mit dem Motorala A920 von Drei und Leni Riefenstahl das erste Selfie der Geschichte geknipst” - Aus meiner Biografie, erschienen im Jahr 2039, geschrieben im Jahr zuvor am Pool einer Finca auf den Kanaren

  • Hier taucht dann ja auch endlich mal der Abt auf, nachdem er vorher nur erwähnt wurde. Wozu er anwesend ist, wenn er dann doch nichts macht, hab ich allerdings auch nicht verstanden. Dazu muss ich aber sagen, dass ich den Abt auch im Roman eher halbherzig eingebaut fand. Hier hat er zwar einige, durchaus unheimliche Auftritte, aber so richtig wichtig ist er für die Handlung auch nicht.


    Uhh...da fällt mir siedendheiss etwas auf, was mir schon beim ersten Hören hätte auffallen müssen. Also: der Abt ist eine alte Spukgestalt, und um den Bruder von seiner fixen Idee abzulenken, hat Dick Alford ihn "wiederbelebt". Ist er nun in diesem Hörspiel der einzige, der als Abt herumläuft? Hat er folglich den gegenseitigen Mord in der Ruine live mitbekommen und nichts getan oder später gesagt? Oder habe ich doch nebenbei zu sehr darauf geachtet, mir beim Schnippeln nicht in den Finger zu schneiden?

    Aber es hat mich wiederum sehr irritiert, dass die beiden Alford-Brüder mit so alten Sprechern besetzt waren.


    So wie die Harry-Rolle angelegt war, passte ein etwas älterer Sprecher doch ganz gut - zumindest erklärt das diese Angst vor dem Tod etwas besser. Allerdings fragt man sich dann tatsächlich, warum ausgerechnet eine junge reiche Erbin ihn heiraten will (während das bei der Ex-Sekretärin klar ist). Aber falls die Dame leicht lenkbar ist und sich schon immer von anderen ihr Leben hat "verwalten" lassen, vielleicht zunächst mehr eine Vaterfigur gesucht hat, wäre das ja hier nahtlos weitergegangen - zudem es wohl die typische Wallace-Film-Erbin ist, nie so richtig selbstbestimmt, sondern immer irgendwelche älteren Männer (mehr oder weniger betrügerisch) als Vormund, Anwalt oder ähnliches...

    Und bei der Stimme von Langer ist es für mich völlig hoffnungslos, sie von Magnum zu trennen, weil ich sie jahrelang fast ausschliesslich damit in Verbindung gebracht habe. Also klingt sie jung genug für mich.

    Hat eigentlich irgendjemand verstanden, wieso Puddler im Hörspiel nicht als Inspektor angeredet werden will? Mehrmals sagt Thomas zu ihm z.B. "Sehr wohl, Inspektor", und dann korrigiert dieser ihn mit dem Ausruf "Puddler!" Sollte wohl ein Running Gag sein, aber ist es nicht angemessen, wenn ihn der Diener mit dem Rang anredet statt mit Namen?


    Ich habe das so verstanden, dass er beides hören möchte, also komplett mit "Inspektor Puddler" angeredet werden will.
    .

  • Ich hatte das so aufgefasst, dass der Diener Thomas als ein klein wenig schusselig oder vergesslich dargestellt werden soll.


    Hmm. Eigentlich hatte ich den Diener (stimmt, Butler ist er ja gar nicht) im Gegenteil als recht gewitzt empfunden. Und mir fehlt für diese Interpretation auch ein Zögern hinter dem Wort "Inspektor" - es hört sich nicht so an, als wenn er da gedanklich noch nach einem Namen sucht. Eher so, als ob er Puddler zwar als Vertreter der Polizei wahrnimmt und betitelt, aber als Individuum nicht für so wichtig hält, dass man sich den Eigennamen merken müsse.

    edit: Jedenfalls nicht bei den letzten zwei Anreden, wo Thomas das "Inspektor" so ausspricht, als ob damit alles gesagt sei. Beim ersten Mal, als Puddler den Namen ergänzt, hört man das fragende "Inspektor...?" durchaus - aber offenbar ist ihm der Name nicht besonders merkenswert.

    Einmal editiert, zuletzt von beli (19. Oktober 2015 um 15:55)

  • Bei der Untersuchung eines Wallace-Hörspiels konnte ich mich der Lupe nun auch nicht länger entziehen und habe den Abt eben gerade ebenfalls gehört und will euch auch meine frischen Ersteindrücke nicht vorenthalten. Vorweg möchte ich mich erst einmal entschuldigen, falls ich hier irgendetwas von mir geben sollte, was schon lang und breit in diesem Thread erörtert worden ist. Ich habe ihn nämlich bisher noch nicht gelesen, um meine Eindrücke hier zunächst unbeeinflusst zu schildern.

    Als Edgar-Wallace-Fan kenne ich den Roman, den Film, das Europa-Hörspiel und die von Peer Augustinski gelesene Fassung von Random House Audio.

    Wirklich Hundertprozentig überzeugen konnte mich die Nocturna-Version nicht, aber das konnten die anderen Adaptionen bisher auch nicht (wobei ich die gelesene Fassung schon lange nicht mehr gehört habe und mir darum an dieser Stelle kein Urteil anmaße). Film und Europa-Version haben allerdings etwas, was diesem Hörspiel teilweise fehlt: Atmosphäre. Vor allem die Zwischenmusiken haben mich manchmal etwas herausgerissen und die Titelmusik war mir etwas zu lang. Auch dass der Abt keinen wirklichen Auftritt hatte, hat dazu beigetragen. Obwohl ich da allerdings goutieren muss, dass da durchaus eine mutige, innovative Entscheidung getroffen wurde, dem Gespenst nicht mehr Raum zuzugestehen als es tatsächlich als Fast-Hirngespinst verdient.

    Wirklich zielführend war diese Entscheidung für das Hörspiel allerdings nicht. Gerade den Anfang fand ich ziemlich behäbig und zäh. Erst macht einen die erste Szene heiß auf das Gespenst und die Ermittlungen Puddlers, dann spielt es - ebenso wie Scotland Yard - für den Großteil der Laufzeit (bis zum doppelt tödlichen Showdown zwischen Gilder und Gine) keine Rolle mehr. Da werden Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt werden. Hätte ich anders gelöst.

    Diese dramaturgisch zwar effektvolle, aber dennoch sehr "billige" Erhöhung des Body-Counts ist mir als Kenner und Freund der Originalvorlage in der Europa-Version schon negativ aufgefallen. Auch da hätte ich anders adaptiert und den Fokus entweder mehr auf abenteuerliche Schatzjagd oder eine subtil-psychologische Bedrohung durch die Gestalt des Abts gelegt, also Ansätze verfolgt, die eher im Einklang mit der Vorlage stehen. Zumal ich Gine und Gilder durchaus für interessante, vielschichtige Charaktere halte, die auch bis ganz zum Schluss noch gute Verdächtige abgegeben oder vielleicht noch andere Seiten von sich offenbart hätten (im Roman kommen beispielsweise am Ende Gilder und Miss Wenner zusammen). Allein daher finde ich ihr Ableben schon schade.

    Allerdings, und das muss ich der Nocturna- gegenüber der Europa-Version zugute halten, hat es mir sehr gefallen, dass die Leichen nicht plötzlich aus der Handlung verschwinden, sondern auch im Schlussteil als Anlass für die Anwesenheit der Polizei und als Schockmoment für Leslie noch eine Rolle spielen. Trotzdem ist diese Adaption vom kriminalistischen Standpunkt aus enttäuschend, denn wirkliche (polizeiliche) Ermittlungen finden nicht statt. Daher komme ich zu dem Fazit: Lässt man Scotland Yard weg, würde sich handlungstechnisch am Hörspiel nichts ändern. Alles löst sich schließlich ganz von selbst auf. Aber mehr noch: Lässt man den Abt weg, würde sich handlungstechnisch am Hörspiel ebenfalls nichts ändern. Er bleibt nicht mehr als ein dekoratives kleines Ausschmückungselement und das ist eigentlich schade.

    Was bleibt ist letztendlich "nur" eine Schatzjagd mit allerlei erpresserischen Umtrieben. Die ist allerdings mehr als solide (Wallace' Grund-Plot sei Dank) und stellenweise durchaus auch spannend und unterhaltsam umgesetzt. An den Sprechern habe ich ebenfalls nichts auszusetzen, einzig die - wohl kinskiesk-verdächtig gedachte Tonlage des Dieners Thomas habe ich als nervig empfunden. Auch reicht Schwartz in meinen Ohren nicht ganz an die Leistung von Manfred Steffen heran, aber das ist nichts, was bei mir zu Punktabzug führen würde.

    Resümee: Durchaus eher überdurchschnittliches Hörspiel, das durch seine Nähe zur Europa-Version aber leider keine großen eigenen Akzente setzen und keine wirkliche Variation in die Adaption der Grundgeschichte einbringen kann.

    "Was sagt man darüber, wie man Bücher schreibt? Man denkt sich etwas aus und zwingt sich, es aufzuschreiben."

    Ariadne Oliver, Poirot: Wiedersehen mit Mrs. Oliver

  • So, vor dem Wegräumen der CD habe ich noch einen zweiten Durchlauf gemacht. Und es ist wieder passiert: An der Stelle, bevor Miss Wenner nach der Schiesserei aus dem unterirdischen Raum flüchtet, höre ich sie statt "Man... man darf mich hier nicht finden!" jedesmal "Mein Mann darf mich hier nicht finden!" sagen... ;)

    Vor allem die Zwischenmusiken haben mich manchmal etwas herausgerissen und die Titelmusik war mir etwas zu lang.


    Darüber scheint wohl Einigkeit zu herrschen...
    Sehr lobenswert ist, dass die Zwischenmusiken jeweils am Ende der Tracks sind - allerdings fängt jeder neue Track mit ein paar Schweigesekunden an, was das "Durchzappen" dennoch etwas erschwert.

    Auch dass der Abt keinen wirklichen Auftritt hatte, hat dazu beigetragen. Obwohl ich da allerdings goutieren muss, dass da durchaus eine mutige, innovative Entscheidung getroffen wurde, dem Gespenst nicht mehr Raum zuzugestehen als es tatsächlich als Fast-Hirngespinst verdient.


    Und es bleiben Fragen offen...

    Trotzdem ist diese Adaption vom kriminalistischen Standpunkt aus enttäuschend, denn wirkliche (polizeiliche) Ermittlungen finden nicht statt.


    Nicht mal die eine Frage, die sich am Ende aufdrängt, wird gestellt. Dick Alford hat gestanden, dass er den Abt gespielt hat. Irgendjemand - der originale Spuk-Abt oder ein als Abt verkleideter Mensch - hat kurz vor der Schiesserei seinen Auftritt unter der Falltür. Thomas sagte aus, dass er den aus der Ruine kommenden Abt aus den Augen verlor, weil er durch die Schüsse abgelenkt war. Man kann also annehmen, dass auch der Abt diese Schüsse gehört haben wird. (Und er war ja schon unter der Falltür dabei, als es brenzlig wurde.) Warum fragt also keiner der Polizisten Dick Alford, ob er das war, da unten in der Abteiruine? Und wenn ja, warum er weglief und später so tat, als ob er nicht dort war, anstatt wenigstens zu schauen, ob jemand Hilfe braucht? Stattdessen lassen die Polizisten ihn diskret zum Turteln allein...

    Und wenn er es nicht war, wer war dann dort unten in der Ruine? 8o

    einzig die - wohl kinskiesk-verdächtig gedachte Tonlage des Dieners Thomas habe ich als nervig empfunden.


    Die hat mich seltsamerweise beim zweiten Hören eher zum Lachen gereizt... ^^
    .

  • Sagte ja ich würde mitmachen, und das hat mich diesmal richtig herausgefordert, und nicht im guten Sinne. Ich hab's 2 mal durchgehört, und ganz ehrlich... wenn das ein gratis Amateur-Projekt wäre würde ich noch mal ein Auge zudrücken, aber das passt hinten und vorne nicht. Die fast schon anachronistische Musik, die überhaupt nicht zu Wallace und dem frühen 20. Jahrhundert passt. Die Sprecher, denen man anhört dass sie einzeln aufgenommen wurden und im Gesamtding anstatt miteinander aneinander vorbei reden. Die Sprecherauswahl. Langbert Norer spricht den jüngeren Bruder und klingt 20 Jahre älter als Schwaphan Sterz. Und all das mit einer Story bei der ich nach 20 Minuten nur noch darauf warte dass sich alle gegenseitig umbringen damit die Qual vorbei ist.
    Sorry, das war nix.

  • Die hat mich seltsamerweise beim zweiten Hören eher zum Lachen gereizt...

    Ich habe es erst einmal gehört. Wahrscheinlich darum. ;)

    Und so groß ist das Verlangen, das Hörspiel in näherer Zukunft noch einmal zu hören, jetzt auch nicht wirklich.

    "Was sagt man darüber, wie man Bücher schreibt? Man denkt sich etwas aus und zwingt sich, es aufzuschreiben."

    Ariadne Oliver, Poirot: Wiedersehen mit Mrs. Oliver

  • Ich habe es erst einmal gehört. Wahrscheinlich darum. Und so groß ist das Verlangen, das Hörspiel in näherer Zukunft noch einmal zu hören, jetzt auch nicht wirklich.


    Mein zweiter Durchgang war auch nur zur Auffrischung meines Gedächtnisses bzgl. einiger Details. In absehbarer Zeit brauche ich ebenfalls keinen weiteren Durchgang. Als nächstes möchte ich dann doch endlich mal das Buch lesen - und eventuell erhöht der zu große Unterschied zwischen Buch und HSP dann die "absehbare Zeit" auf unendlich...


  • Mein zweiter Durchgang war auch nur zur Auffrischung meines Gedächtnisses bzgl. einiger Details. In absehbarer Zeit brauche ich ebenfalls keinen weiteren Durchgang. Als nächstes möchte ich dann doch endlich mal das Buch lesen - und eventuell erhöht der zu große Unterschied zwischen Buch und HSP dann die "absehbare Zeit" auf unendlich...

    Jein. Mir ging es schon paarmal so, dass das Hörspiel von Maritim oder Europa tatsächlich besser als der Roman von Wallace war. Er hat halt auch nicht nur gute Stories geschrieben.

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