Leo und die Abenteuermaschine - Ein Hörspiel-Desaster mit Happy End

  • Hallo Leute,

    nicht wundern, es ist 1. spät und 2. mir fehlt die Lust am PC spielen und TV schauen. Und da ich das eh einmal niederschreiben wollte, dachte ich, jetzt ist es ein guter Zeitpunkt und hier ist vielleicht ein guter Ort (?). Aber vorab, es ist wirklich spät (nach 0 Uhr) und ich bin Legastheniker. Daher verzeiht die eventuellen Rechtschreibfehler.

    Ich denke, die folgende Erläuterung der Ereignisse wird den einen oder anderen interessieren. Vielleicht auch etwas abschrecken – wer weiß.

    Jedenfalls wollte ich einmal zur Tastatur bringen, wie es so ist, ein Hörspiel zu produzieren und auf den freien Markt zu werfen. Sozusagen in den großen Teich und schauen, ob etwas davon oben schwimmt.

    Ich war im Jahre 2015 noch ein Cutter fürs deutsche Fernsehen. Ich nannte mich selbst eine Medienhure. Wer bezahlte, bekam mich. RTL, Sat 1. ARD, ZDF einmal alle Buchstaben des Alphabetes durch.

    2011 wurde ich das erste mal Vater und mir wurde klar, dass ich mit dem ganzen TV-Schwachsinn einfach nur… wie soll man es sagen? … na ja, Schwachsinn machte. Ja, das trifft es. Brotlose Kunst, Spiele für die Masse. Daher versuchte ich, mit meinem Können einen Youtube Kanal mit Wissen für Kinder zu erstellen. Ein kleiner Löwe, Leo, erklärte den Kleinen die Welt, die doch so unendlich groß und unbekannt war. Es wurden also mehrere kleine Filme, über Cowboys, das Wetter und die Dinosaurier. Und siehe da, es gab tatsächlich ein paar tausend Leute, die sich für den kleinen Löwen mit der sächsischen Stimme (ich sprach Leo da noch selbst) erwärmen konnten.

    Und da ich ein riesiger Hörspielfan war (ja, war – dazu vielleicht später mehr), ich die Tonstudios und ein paar ganz tolle Stimmen kannte, dachte ich irgendwann – also so von Arsch in den Kopf: „Hey, mache doch mal ein tolles Hörspiel – darauf hat doch die Welt gewartet.“

    Ich dachte ja, in meinem jugendlichen Leichtsinn (ich hatte damals noch eine 3 im Alter): „es ist doch wie Fernsehen, nur ohne Bild.“

    Also habe ich tatsächlich vier kleine Geschichten um einen kleinen Löwen mit Klugscheißer-Syndrom und mit einer Abenteuermaschine geschrieben. Es ging und Cowboys, die Gebrüder Wright und Dinosaurier. Dann schnell ein paar Anrufe bei Irina von Bentheim, Charles Rettinghaus und ein paar anderen Sprechern und Tonstudios.

    Dann, blauäugig bis total überschätzt ins Tonstudio und alles aufgenommen. Noch nie habe ich in meinem Leben soviel geschwitzt. Na gut, bei den Geburten meiner Kinder vielleicht … und bei Oliver Rohrbeck. Aber der kommt später.

    Also, rein und nach einer Woche wieder raus aus dem Tonstudio. Mein Büro zu Hause entrümpelt, mir schnell Wav Lap beigebracht und dann an die Mischung gemacht. Ja ja, wie Fernsehen nur ohne Bild. Du Schwachkopf. Ich saß also jeden Abend ab 22 Uhr (Frau und Kinder waren versorgt) in meinem Büro, Kopfhörer auf 120db und bis 2 Uhr Sounddesign gemacht. Nur Fernsehen ohne… ach, lassen wir das.

    Es dauerte echt ewig. Soundeffekte und Musik kaufen geht auch ganz schön ins Geld, dachte ich mir irgendwann. „Müssen es denn wirklich zwei Pferde sein, oder reicht vielleicht auch nur ein Pferd?“ „Ach echt jetzt, noch ein Flugzeug.“ Ich wollte das Hörspiel immer schon veröffentlichen. Dass ich es professionell hinbekommen, war mir klar, was es am Ende kosten könnte, war mir irgendwie nicht so ganz klar.

    Aber auf einer Arschbacke kann man nicht Fahrrad fahren. Also musste ich durch. Zufrieden ist man dann am Ende auch nie. Heute noch weniger, als damals. Aber ich war nach 4 Wochen echt stolz auf mich. Jetzt, was fehlt? Cover, Gema (wir bekommen Geld – egal, was sie machen), Presswerk, Sozial Media, Werbung, Amazon Seller Account … habe ich etwas vergessen? Ach ja, Geld – jeder möchte Geld haben und ich bezahlte es. Warum? Ich bin schon immer selbstständig gewesen und nichts ist schlimmer, als für Arbeit nicht bezahlt zu werden. „Kannst du das mal schnell…“ „Nein! Ich habe Hunger und der Kühlschrank ist leer!“

    Das hat dann alles in allem so 10.000 graue Haare an Zeit gekostet. Dann war es endlich soweit. Mit einem echt schrecklichen Cover ging die erste Nummer ins Presswerk. 1000 CDs waren es zu Beginn. Unter dem lohnt sich eine Pressung gar nicht. Besser gesagt, unter dem macht es ein Presswerk schon fast gar nicht. Danach 900 CDs an Amazon senden.

    Wir haben immerhin das Ei des Kolumbus entdeckt und jeder Mensch in Deutschland wartet nur auf Leo. Apropos Leo. Der Titel ist zu lang, dass weiß ich heute. Ich weiß auch heute, warum ein bestimmter Teil der Menschheit verblödet. Wir verkürzen alles, stampfen es ein, nur damit es Google kapiert. Und Google versteht nicht „Leo und die Abenteuermaschine Folge 1“. Njago ja – Leo und die … ihr versteht?!

    Nach extrem viel Stress mit Amazon, waren die 900 CDs dann auf Lager und ich hatte die ersten Lagergebühren ausgelöst. Das Budget war schon x-mal gesprengt wurden, aber hey … die Menschen warten …

    Vergesst es!

    Die erste Zeit habe ich Amazon dafür bezahlt, mir im Lager eine Euro-Palette warmzuhalten. So schön kann es sein, Geld zu verbrennen.

    Ich war so stolz und ich liebte meinen Leo. Er war nicht perfekt, aber in meinen Augen glänzte er wie ein Diamant und das Wichtigste, mein großer Sohn war glücklich. Was macht es, dass wir in diesem Jahr kein Geld für einen Urlaub hatten?

    Eine gewisse Zeit und mehrere hundert Euro später, habe ich dann 850 CDs von Amazon zurück an mich senden lassen. War billiger. Was für ein Totalreinfall. Desaster. Katastrophe. Was für ein fulminaler Griff in die Kloake!

    Tja, ich konnte mir nicht vorwerfen, dass ich es nicht versucht hätte. Ich habe alles reingesteckt, was ich konnte und dabei hatte ich noch so viele Ideen. Einen kleinen Mozart, einen Inuit, Benjamin Franklin usw…

    Aber ein Hörspiel nur für meinen Sohn, das war mir dann doch etwas zu viel des Guten. Also wurde der Stecker ge… „Moment mal, hier ist eine Mail!“

    Tatsächlich, ich bekam Post von einer lieben Mama. Sie bedankte sich bei mir, für dieses tolle Hörspiel. Ihre Kinder würden es lieben und wann denn die Folge 2 erscheinen würde?

    Tja, was soll man sagen … ich war nie jemand, der so schnell aufgibt. Was in den nächsten Jahren alles für Steine und Blumen auf mich warteten, war mir da noch nicht klar. Vielleicht hätte ich mit dem Wissen von heute nicht weitergemacht.

    Aber ich habe mich Hals über Kopf in einen kleinen Löwen und seiner Abenteuermaschine verliebt. Und welche Beziehung ist schon einfach?

    Ich habe keine Ahnung, ob irgendjemand überhaupt bis hier her lesen wird. Aber irgendwie ist es schön, dieses Anfang noch einmal Revue passieren zu lassen. Und wenn es nur in meiner Erinnerung lodert, wollte ich es einmal niederschreiben.

    Ich weiß jetzt, die Menschen in Deutschland habe nicht auf meinen kleinen Löwen gewartet … aber das eine oder andere Kind schon. Und allein dafür haben sich alle Mühen gelohnt.

    Okay, weiter wollte ich nichts sagen. Hätte man vielleicht auch kürzer machen können? Vielleicht! Aber dann wäre es nicht Leo. LG

    PS: nun habe ich so viel geschrieben und mir überlegt, dass diesen Text vielleicht noch andere Leute lesen wollen. Daher nicht wundern, wenn er noch an anderen Stellen in den Weiten des WWW auftaucht. J

  • Also ich habe bis zum Ende sehr interessiert gelesen und möchte noch das Happy End hören :) schließlich ist der kleine Löwe jetzt unter einem Dach mit dem berühmtesten Elefanten Deutschlands. Wie viele graue Haare sind bis dahin dazugekommen? Vielen Dank schon einmal für deinen Blick hinter die Kulissen, echt spannend :)

  • #danke# Wow! Das liest sich wirklich sehr spannend! Von der Idee bis zur etablierten Hörspielserie! #respekt# vor Deiner Hartnäckigkeit! Es ist schon etwas Besonderes seine Ideen zu verwirklichen und sie auch verwirklicht zu erleben. Wir haben alle Ideen, manche sehr gute, manche sehr schlechte und manche Uninteressante. Aber die wenigsten erfüllen sich selbst diesen Traum! Dazu kann man Dir nur gratulieren, unabhängig davon dass Dir letztlich wohlverdienter Weise der große Clou mit KIDDNIX gelungen ist. #juhu# Aber @Mittagshoerer hat vollkommen recht! Die Geschichte rund um den verliebten Hörspielautor und seinem Leo ist noch lange nicht fertig geschrieben. Sie steht erst am Anfang. Von daher würde ich mich sehr freuen wenn wir weitere solch tiefe Einblicke in den hoffentlich sehr erfolgreichen Hörspielweg von Dir als Hörspielautor und Hörspielmacher und dem kleinen Löwen hier lesen dürfen! #jaja# #winkewinke#

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Vielen Dank fürs Teilhabenlassen an deiner Berg-und-Talfahrt!


    ... aber eins lässt mich nicht los: Was im Zusammenhang mit Oliver Rohrbeck hat dich so ins Schwitzen gebracht?


    Eins und eins ist zwei - von London bis Shanghai!

  • Hallo Leute, als ich heute Abend, kurz nach 1 Uhr, diesen Text fertig hatte, dachte ich nicht, dass diese 3,5 Seiten viele Leute durchlesen. Vielen lieben Dank, dass es doch so viele gemacht haben.Zu Leo gibt es echt viel zu erzählen, ich denke, dass würde ein eigenes Buch füllen.Ich will das jetzt auch noch weiter ausführen, vielleicht beantworten sich da einige Fragen, die in euch keimten.Dann schauen wir doch einmal in die entsprechenden Gedächtnisprotokolle und versuchen die Ereignisse fortzuführen.

    Ich gab Leo also noch einmal eine Chance. Aber mir war klar, dass ich, wenn ich so weitermache, sehr schnell unter einer Brücke nach Essbarem suchen werde. Ich musste also ein paar grundlegende Dinge ändern.Kurze Zwischeninfo, was so gut wie niemand weiß, Leo hatte am Anfang eine andere Stimme. Eine weibliche Stimme, also, einer Frau und nicht, wie jetzt, Marco Rosenberg. Es war eine junge, sehr engagierte Dame mit (leider) wenig Erfahrung. Aber am Anfang war mir dies noch etwas egal.

    Ich fand, man konnte es sich anhören. Genießen vielleicht nicht zu 100%, aber anhören. Wie gesagt, Leo entstand nicht am Reißbrett, sondern entwickelte sich.Ich hatte ja viele weitere Ideen und mein Sohn bekam schon große Augen, wenn ich nur von den Möglichkeiten sprach. Im Meer tauchen, Klavier spielen, einen Drachen im Unwetter steigen lassen.Ich machte mich also wieder ans Schreiben und es flutschte und klatsche nur so aufs Papier. Ich hatte mich in Leo verliebt und die Muse überrannte mich förmlich. So waren bald zwei CDs geschrieben.

    Mit gleich zwei CD hoffte ich, die Kosten etwas in den Griff zu bekommen. In dem ich also mehr machte, mehr Geld ausgab, wollte ich Kosten sparen. Logisch, oder? Ja, logisch! Da die Sprecher die Tonstudiozeiten besser ausfüllten, wurde am Ende der Gesamtpreis pro CD geringer. Logisch.Ich drückte die Kosten um zirka 40%. Mich rechne ich dabei nie mit ein. Das würde mich nur frustrieren. Es ist ja so, dass man mit Hörspielen wirklich wenig Geld verdient. Ich kann ja einmal eine kurze Rechnung für alle aufmachen.Man bezahlt ja alles … Sprecher, Tonstudio, SFX, Musik, Grafiken, Presswerk und dann noch Amazon. Wenn man Amazon so über den Daumen peilt, bekommt dieses Versandverrunkel 48-52% des Verkaufspreises als Provision, Kosten für Lagerung und Werbung und den Versand. Ja ja, die Prime Versandkosten zahlt nicht der Internetriese, die werden einfach von meinen Einnahmen abgezogen. Vor Amazon hält aber der Staat die Taschen auf. 19% auf ein Hörspiel, 7% Steuer auf ein Hörbuch. Findet den Fehler. Also, 100% Brutto – 19% Steuern = 100% Netto, davon 52% Amazon Gebühr = ich habe mir das nie ausgerechnet, weil ich Angst habe, dass ich dann anfange zu weinen.

    Sagen wir es so, als Crêpesverkäufer verdient man mehr.Aber die Liebe und die Muse hatten mich fest im Griff und so habe ich die Folge 2 & 3 in endlosen Nächten gemischt. Himmelhoch jauchzen und zu tote betrübt. Es war ein Wechselbad der Gefühle, da man am Anfang einfach kein Licht am Ende des Tunnels gesehen hat. Ich war sooooooo langsam. Ich musste ja auch mein Sound- und Musikarchiv erst aufbauen. Also glühte meine Kreditkarte jeden Abend so ab 22 Uhr. Gegen 2 Uhr ging die Visa und ich dann erschöpft ins Bett. Immerhin musste ich früh raus und auf Arbeit. Es ist aber auch ein wirklich erhebendes Gefühl, wenn der eigene Text zum Leben erweckt wird. Leo ist damals ja auch noch total anders aufgebaut. Es gibt mehrere Abenteuer pro CD und die Folgen sind ab 4 Jahre geeignet. Das hat mehrere Gründe. Zum einen wollte ich die Kinder nicht überfordern (ein dummer Grund, wie ich heute weiß) und zweitens, da ich selbst kein Vertrauen in mein Sounddesign hatte. Große Epische Szenen traute ich mir (zum Glück für alle Hörer) einfach nicht zu. Also wurden kleine Brötchen gebacken. Eine Mammut Verfolgungsjagd, ein Unwetter und ein explodierendes Dache … kleine Fische also.

    Vermarktungstechnisch ging ich ein paar andere Wege. Ein Crowdfunding (wird das so geschrieben? Egal!) wurde gestartet. Man, dass kann auch nerven. Der erste Versuch ging auch total in die Hose. Denn auch hier muss man viel Zeit investieren. Aber der Tag hat bei mir nun einmal nur 24 h. Im Internet gilt diese Regel scheinbar nicht.

    Dann waren die CDs fertig und ich hatte tatsächlich Verträge mit dem Großhandel (Libri, Umbreit, KLV), dann Amazon und mein Webshop.Ich muss also sagen, nachdem der Boden des Portmonees erreicht war, wurde es zum Glück nicht mehr teurer. Leo brachte genau das Geld, was Amazon, Staat und der Großhandel von mir haben wollte. Hey, wie geil, jede CD geht für +/- Null über die Theke. Ich habe es geschafft. Ich werde davon leb… Moment mal, was bedeutet +/- Null? Ich wühlte in meinen Hirnrinden nach der richtigen Antwort.
    Keine Einnahmen stand da. Ah, ich verstehe. Das bedeutet, dass ich 40% weniger Produktionskosten habe, aber 0% mehr Einnahmen. Genau, richtig kombiniert.

    Ich bleibe also auf den Kosten sitzen? RIIIICHHHTIGG Kumpel!

    Ich meldete mich dann bei all den großen Verlagen. Sony/Europa kannte Leo 1,5 Jahre vor „Schlau wie vier“ – ein Schelm der … lassen wir das.Und dann Universal, das war ein Tag. Ich schlich mich über den Postboteneingang ins Gebäude. Telefonisch und per Mail erreichte man da ja niemanden. Also, durch den Hintereingang durch die kalte Küche in die Büros der Hörspielabteilung. Die haben Augen gemacht. Ich bin froh, nicht vom Wachschutz raus gebracht worden zu sein. Oder, wurde ich das und habe es nur verdrängt? Das ist im Nebel.Ravensburger schickten mir die CDs ungeöffnet zurück. Auch Universal meldete sich später mit einer Mail (dazu später mehr).Zum Glück gab es genug sinnlose TV Aufträge um die Verluste auszugleichen.

    Und jetzt bin ich ja wie ein Krokodil. Ich habe mich in diese fixe Idee verbissen, Leo weiter zu machen. Ich weiß nicht, was mich da geritten hatte. Alle Signale standen gegen mich. Meine Steuerberaterin legte mir schon liebevoll den Arm auf die Schulter und schüttelte mit dem Kopf. Man muss wissen, wenn man mir sagt, dass klappt nicht oder das kannst du nicht … dann zündet man eine Lunte, die man besser nicht angefasst hätte. Gegen alle Wetten legte ich jetzt erst richtig los.

    Auch bekam ich immer mehr Rückmeldungen von Käufern. Eine Mail, diese werde ich nie vergessen, erreichte mich von einem liebenden Vater, der gern die GEMA Liste von Mozart haben wollte. Mozart ist schon zu lang tot, daher gibt es keine GEMA, schrieb ich ihn. Ich fragte aber auch, warum er dies wissen wollte. Er schrieb zurück: „Mein Sohn hat die Geschichte mit dem jungen Mozart gehört – jetzt möchte er unbedingt Klavier spielen lernen.“ Da hörte ich das Klicken auf meinem Karma-Konto. Man muss wissen, dieses Konto ist durch die TV Arbeit ziemlich im Dispo. Damals reichte es vielleicht, als Wurm oder Made wiedergeboren zu werden. Bei den Medien löst man, bewusst oder unbewusst, ein One-Way Ticket in die Hölle. Nicht bei allen Medien, aber in meinem Fall hatte ich ein Express-Ticket. So war diese Mail wie die Nachricht, dass es eine Rückfahrt geben könnte. Ich kündigte also meine zwei Lebensversicherungen und ließ mir das Geld auszahlen.

    Ich wusste aber, dass ich wieder an Leo ran und ihn verändern musste. Ich machte mir eine Liste. Was lief gut? Das wird verstärkt. Was war schlecht? Das kommt raus.Am Ende sah es so aus:
    Die Abenteueruhr lernt zu sprechen und wird Leos Sidekick
    Die Stimme des Leo wird neu besetzt
    Es gibt jetzt nur noch ein Abenteuer pro CD
    Das Alter der Hörer sollte nun schon mind. 6 Jahre alt werden
    Ich brauche dringend einen Profi für die Mischung
    Es wird einen rudimentären roten Faden geben

    Ich setzte mich also wieder hin und schrieb 4 (!) neue CDs. Albert Einstein, die Apollo 11, Indianer und Thomas Edison & Jules Verne. Dann gab es noch am Ende einen riesigen Cliffhanger.

    Leo wurde runder. Also, nicht von den Maßen, sondern vom Inhalt. Ich war total in meinem Element. Das die Verkaufszahlen stiegen, zeigte mir, dass ich auf dem richtigen Weg war. Ignorieren wir den Brief von Universal, der einen Schlag ins Gesicht gleichkam.Und jetzt kommt endlich Oliver Rohrbeck ins Spiel.

    So Leute, ich werde mich jetzt um meine Kinder kümmern. Ich hoffe, hier konnten ein paar Fragen beantwortet werden und ihr habt erfahren, wie es weiter ging.

  • Uhh, ist das spannend, da kann ich heute bestimmt nicht einschlafen ohne zu wissen, wie es weiter geht 8)

    Riesiges Dankeschön für diesen Einblick, obwohl, es ist ja viel mehr als das.

    Zwischenfrage, diese alten Folgen, gibt es die noch zum Hören oder sind die im Giftschrank gelandet?

    Ich hab ja damals 2002 in der Wiener U3 zwischen Volkstheater und Neubaugasse mit dem Motorala A920 von Drei und Leni Riefenstahl das erste Selfie der Geschichte geknipst” - Aus meiner Biografie, erschienen im Jahr 2039, geschrieben im Jahr zuvor am Pool einer Finca auf den Kanaren

  • Klasse! Wir wollen wie es weitergeht #huepf#

    Was war mit den Brief von UNIVERSAL? Welche Rolle hat Oliver Rohrbeck? Und gibt es ein Happy End???

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Im Text werden ein paar Fragen beantwortet. Die Universal Frage noch nicht. dazu ist es noch zu früh. Spannungsbogen und so... ihr versteht?

    Okay, es sind doch mehr Leute, die es interessiert, als ich gedacht habe. Wird also so eine Art Fortsetzungs-Roman. Sehr gern – ich habe Spaß dran, in den Erinnerungen zu kramen. Dann habe ich es auch einmal schwarz auf weiß und kann mich später auch noch daran erinnern, wenn ich alt und vergesslich bin. Moment, alt bin ich schon und vergess… was wollte ich schreiben?

    Egal, das Internet vergisst ja nicht. Also weiter…

    Bevor wir uns aber wieder in die Hörspielwelt abseilen, wollte ich noch eine kurze Exkursion zum Thema: „was ist Leo für mich?“ unternehmen.
    Immerhin muss man ja zu dem Schluss kommen, dass bei mir die eine oder andere Synapse falsch gepolt ist. Meine Steuerberaterin schreibt schon Nachrufe, Arbeitskollegen schütteln die Köpfe und Freunde sagen mir, dass ich den größten Fehler meines Lebens mache. Also, was bedeutet mir Leo, dass ich nicht einfach aufhören konnte?

    Ganz einfach – ich hinterlasse etwas für meine Kinder und deren Kinder und … na ja, einmal schauen, wie lange sich die Erde noch dreht. Aber genau dieser Gedanke tanzte sich unaufgefordert in den Vordergrund. Alles fing mit der Mozart Folge an. Ich wollte meinen und allen anderen Kindern etwas mitteilen, was, wie ich finde, etwas verloren geht. Jedes Kind bekommt erzählt, dass die Welt auf sie wartet. Das alles immer funktioniert. Jeder kann alles werden. Am besten ohne Stress, Arbeit und blutige Knöchel. “Influencer? Ah, zweite Tür rechts bitte! Youtube Star? Ah, dritte Tür links. Sänger? Gerade aus, dort ist die Bühne. Das Licht brennt schon.“

    Ich habe auf meiner Arbeit so viele traurige Existenzen geschnitten, durch den Kakao gezogen und so hin geborgen, dass am Ende die größte Sc§E?e strahlte. Dabei ist das Leben nicht so einfach. Es gibt Rückschläge. Man fällt hin und es tut auch oft weh. Nur ein Bruchteil der Menschen schaffen, ohne Mühe, ihre Ziele. Da gab es also eine Erfahrung, die konträr zu dem Medienhype und Entertainmentprogramm der Heranwachsenden läuft. Und diesen Achsensprung wollte ich etwas geraderücken.
    Also schrieb ich eine neue Staffel. Mit einen jungen Einstein der mit dem Schulsystem nicht klar kam. Der erkennt, dass die Welt nicht auf ihn gewartet hat. Der sich durchbeißt, wenn es auch schwierig ist. Ich wollte meinen und allen anderen Kindern zeigen, dass man sich das Leben so machen kann, wie man möchte – aber dass dies durchaus Kraft und Ausdauer bedeutet. Der größte Antrieb war es also, den Kindern wirklich wichtige Dinge mit auf den Weg zu geben. Leo wurde also allein schon wegen der Themenauswahl älter. Noch hatte ich Angst, zu dick aufzutragen. Ich hielt mich also noch zurück. Die Mondlandung ist schon groß, aber noch weit von episch entfernt.

    Das lag vor allem daran, da ich noch nicht wusste, wie die nächste Mischung wird. Und so wären wir beim Thema. Wenn ich die Mischung weiter selbst gemacht hätte, wäre ich wohl zeitnah eingeliefert worden. Ich benötige nicht viel Schlaf, aber man sollte ihn schon in Stunden und nicht in Minuten bemessen können. Und warum Dinge nicht an Profis abgeben? Somit befragte ich Google, wer alles so Hörspiele mischen kann. Laut dieser kleinen, unbedeutenden Suchmaschine wäre das die Lauscherlounge – die Firma von Oliver Rohrbeck. Okay, ein Hemd anziehen und die Stimmbänder ölen, dass Kind schaukeln wir schon. Die kochen alle nur mit Wasser, also… äh, davon gehe ich einmal aus.

    Ich bin also einfach zu einem Termin erschienen. Oliver war nicht im Haus, dafür der zweite Chef Kai. Noch heute überlege ich, wie ich seinen Gesichtsausdruck, als er mich vortragen sah und hörte, deuten soll. Bedauern? 100%! Amüsiert? Selbstverständlich! Überrascht? Durchaus! Das Treffen lief eigentlich wie jedes andere, was ich in der letzten Zeit absolviert hatte:
    Die Tür geht auf, man bietet mir einen heißen Kaffee an, ich lehne freundlich ab (da mein Körper kennt kein Koffein), dann rede ich wie der schlechteste Vorwerk-Vertreter der Welt, man lächelt und am Ende lege ich die ersten drei CDs auf den Tisch und mache mich an den Abstieg.

    Danke, wir melden uns! Feuchter Händedruck während der Kaffee kalt wird. Tür zu und wieder nach Hause. Nichts Ungewöhnliches bis hierher. Neu war ein Anruf 14 Tage später. Kai muss die CDs ausversehen zu Hause liegen gelassen haben und seine Kinder haben sie, wohl auch ausversehen, gehört. Sie wären sehr angetan gewesen. „Und, was heißt das jetzt?“ „Wir möchten dich unterstützen, wir mischen Leo!“
    Na da viel mir aber der Hörer aus der Hand. Ich habe noch ein Telefon mit Wandanschluss, müsst ihr wissen. Was für ein Glück, ich kann endlich wieder lange schlafen (Fehlanzeige, aber das wusste ich damals noch nicht) und am Ende klingt das Ergebnis nicht, als hätte ein Laie an den Reglern seines Musikprogrammes herumgespielt. Ein zweites Crowdfunding lief dann auch etwas besser. Es kamen 1205 Euro zusammen. Zieht man die Provision ab, war das ein schönes Zubrot. Es kamen immer mehr Rückmeldungen und ich stellte mich sogar schon einmal hier und da mit meinem Leo Verkaufs-Stand hin.

    Also, ich ziehe meinen Hut vor allen Leuten, die sich freiwillig hinter solch einem Verkauf-Pult stellen und Leute, die mit Eis und Bier bewaffnet durch die Gegend rennen, ansprechen. Das grenzt schon an einer Mischung aus Extremsport und Zirkusbewerbungsgespräch. Da erlebt man Dinge. Ich habe mich eine Zeitlang jedes Wochenende in Tierparks, Vergnügungsparks, Kinder-Indoor-Spielplätzen, in Einkaufszentren und Comedytheatern aufgestellt. Dabei habe ich die Leute angegrinst, als würde mir ein Zäpfchen quer hängen. Ich habe mit einer CD gewedelt und versucht, die Leute von den Vorzügen meines Hörspieles zu überzeugen.

    Am besten finde ich die Eltern, die zwei Bier in der einen Hand und solch eine überteuerte bunte gefrorene Plürre in der anderen Hand halten. Auf dem Kopf noch drei Brezel balancieren und mir dann ins Gesicht sagen, dass das Hörspiel für 5 Euro ihnen zu teuer ist. Sich dabei noch schnell eine Zigarette anzünden und ihre Wege gehen. Ich habe in dieser Zeit viel über die fünf Wege des Verkaufens gelernt. Am Ende stand ich mit Helium-Ballons da. Jedes Kind, das ein Hörspiel bei mir kaufte, bekam einen Ballon vollaufgeblasen kostenlos dazu. Tja, so gewinnt man Kunden. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Wo war ich gerade? Ach ja, lustige Verkaufsgespräche in Indoorspielhallen. Da hilft eine Tombola. Pro CD ein Los, jedes Los gewinnt… „Ah, das ist vom Staat verboten? Das wusste ich nicht. Glückspiel sagen sie? Echt jetzt! Okay, ich baue ab.“

    „Bevor sie gehen, haben sie noch so einen tollen Ballon?“ „Nein, aber ein Kinderhörspiel für…“ „Nein danke, wir wollen nur den Ballon.“

    Harte Arbeit. Ich kann mich noch an einem Samstag erinnern, in einem Tierpark. Meinen ersten Eindruck hatte ich schon verbessert. Das lief ganz gut, das Zäpfchen hing jetzt gerade. Da stand eine Familie mit besagtem Bier, Brezel und Kaltgetränk vor mir und ich spulte routiniert meinen 5 Stufen Plan ab. Die Kinder und die Mama hatte ich schon soweit. Ich stand kurz vor einem erfolgreichen 5€ Verkaufsabschluss. Da kam der Papa. „Nee, lasst uns mal gehen. Ist zu teuer!“ Das Kind: “Aber ich möchte einen Ballon!“ Vater: „Was kostet ein Ballon?“ Ich: „Nichts, den gibt es zum Hörspiel dazu!“ Vater: „Nein danke. Loß, wir gehen!“

    In dem Moment sackte etwas in mir ein paar Stockwerke nach unten. Das Kind schaute noch einmal über die Schultern, als es weggeschleift wurde und ich nahm einen spitzen Gegenstand und zerstach vor allen Leuten alle Luftballon, packte ein und fuhr nach Hause zu meiner Familie. In Parks, das nahm ich mir vor, stelle ich mich nicht mehr.

    Ich kann die Leute aber auch verstehen. Überall und an allen Ecken wird einem in solchen Parks alles Mögliche aufs Auge gedrückt. Wie gesagt, ich habe viel gelernt, aber auch begriffen, dass das nicht der Weg ein kann.
    Und dann war es soweit. Die Lauscherlounge schickte mir die Folge 4 zur Abnahme. Es war so, ich musste vorher immer noch die Vormischung machen. Diese liegt auch heute noch in meinen zarten Eichhörnchenfingern. Ich setze die Dialoge und suche die Musik und baue sie schon ein. Danach gebe ich alles ab, gebe mein Wunschkonzert ab und dann kam es zurück. Kopfhörer auf und 54 Minuten später hatte ich feuchte Augen. Was, so etwas geht auch?
    Und dann die Mondlandung. Mich drückte es in den Sitz. In Mia und ihr Pferd verliebte ich mich sofort. Ich besuchte die Ureinwohner Amerikas und dann die Verfolgungsjagd durch Paris mit Jules Verne. Wenn Leo mit Verne im Ballon fliegt und sie sich über Bücher und die Möglichkeit einer Weltumrundung unterhalten, bekomme ich heute noch Gänsehaut. Ja, ich höre meine Hörspiele immer und immer wieder an.

    Ich ließ die Geschichte mit einem Cliffhanger enden. Leo kam nicht wieder nach Hause. Es sollte in der 8. Folge zu den Piraten gehen. Wie das ausgehen sollte, wusste ich da noch nicht. Aber etwas wusste ich ganz genau, ich wollte auf das nächste Level.
    Jetzt wusste ich doch, was man mit Sounddesign alles machen kann. Nämlich auf die Kacke hauen, bis es spritzt. Ein alter Spruch aus der Medienbranche, ihr entschuldigt. Ich wusste, ab jetzt kann ich richtig Gas geben, habe ich doch echte Profis gefunden, die Leo veredeln.

    Also reiften neue Ideen. Seeschlachten, historische Wagenrennen, hunderte Kung Fu Mönche und der Wunsch, Oliver Rohrbeck in meinem Hörspiel zu haben. Ich mische mein Hörspiel in seiner Firma? Da kann man doch einmal anfragen. Ich spoiler jetzt einmal: er sagte zu und für mich wurde es die peinlichste Vertonung aller Leo-Vertonungen.

    Noch nie war ein Regisseur aufgeregter, zappliger und peinlicher. Dazu später mehr.
    Feierabend. LG

  • Welch schöne und spannende Morgenlektüre! #danke#

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Ich bin auch schon gespannt wie es weitergeht - und warum du keine Hörspiele mehr hörst...

    Bewundernswert, wie du für Leo gekämpft hast.
    Mein Sohn dankt es dir auf jeden Fall :)

    Kurze Anekdote - nachdem er die Shaolin Folge gehört hatte, wollte er wissen was das für Mönche sind - also habe ich mal ein Youtube Video gesucht und es ihm gezeigt... unter anderem hat dann ein Mönch dem anderen einen Stock auf dem Kopf kaputt geschlagen... Als der grosse dann losrannte und seinen kleinen Bruder rief "Jonas, komm wir spielen Shaolin Mönche", musste ich das doch nochmal klarstellen :D

    Mein Name ist Dorian Hunter, und ich bin der Sohn des Teufels. Ich war der Sohn des Teufels, denn ich habe ihn getötet! :evil:

  • @Orko aus dem Zauberland

    Hahahahaha... oh man, das tut mir (fast) etwas leid, dass deine Söhne jetzt keine Shaolin Mönche mehr spielen. Oder in einer abgeschwächten Version, also nur Meditation? :)

    Aber eine coole Geschichte. Haben sie über den Chuck Norris Witz gelacht? Ich hatte ja die Idee, den orginal Sprecher Jürgen Kluckert zu fragen, aber man sagte mir, der mag diesen Norris gar nicht. Somit habe ich es gelassen. Auch war die Rolle viel zu klein.

    Ich schreibe wohl heute Abend weiter. Nur so viel. Ich war immer ein riesiger Hörspielfan und habe wirklich alles gehört. Als ich anfing Leo zu machen und sich das ganze Thema in einen Full-Time Job verwandelte, wurde das weniger. Es ist wohl so wie mit dem Maler, der den ganzen Tag malt und dann keine Lust mehr hat, sich am Feierabend Bilder anzusehen.

    Als Cutter ging es mir nicht anders. Ich habe den ganzen Tag Fernsehen gemacht und hatte dann am Abend keine Lust mehr darauf. Ich finde es wahnsnnig schade, dass mir diese "Fähigkeit" neutral an Hörspiele ran zu gehen und mir am Ende nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, verloren gegangen ist. Jetzt lese ich Abends wieder vermehrt Bücher. Hörspiele bekomme ich aber immer noch über meine Kinder genügend mit. Da ist schon viel Schönes dabei.

    LG

  • Das Phänomen kenne ich. Ich arbeite ja im Sportbereich und da sehr viel als Tischtennistrainer. Die Leute glauben dann immer wenn ich zuhause bin schaue ich rund um die Uhr TT-Videos. Aber wenn man 10 Stunden oder mehr sich beruflich damit beschäftigen muss, fehlt mir die Muße es privat dann weiter zu machen. Da brauche ich Abwechslung.

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Entschuldigt bitte die verspätete Rückmeldung. Ein paar wichtige Sachen duldeten keinen Aufschub. Zum einen habe ich noch einen Fehler in der Mischung der Folge 19 gefunden (ich habe ausversehen 2 Tage an einer älteren Version gearbeitet), dann bereite ich noch ein Gewinnspiel vor und am Ende musste ich gestern Abend das 52. X Terminator 2 – the Director Cut ansehen. Der Film ist soooo gut gealtert und ich kann sehr wohl verstehen, warum es diese bescheidenen Fortsetzungen gibt. Es gibt so viele T2 Fans, die gehen sicherlich so oft in die neuen Filme, nur in der Hoffnung, noch einmal die Gefühle wie bei T2 zu reaktivieren. Ich habe da ja eine Comic Empfehlung, die diesen ganzen Terminator-Wirrwarr logisch zu Ende erzählt und dabei den größten Abfall gekonnt ignoriert.

    „Ich merke, ich schweife schon wieder ab. Worum geht es hier noch einmal? Los Gehirnzelle, ich habe dich mit einer ganzen Milka gefüttert, nun nimm endlich die Arbeit auf!“
    Wir sind also in der Zeit nach Folge 7 (Edison und Verne) und vor der Folge 8 (die Piraten Anne Bonny und Jack Rackham).

    Da ich jetzt wusste, was die Lauscherlounge so auf einer Arschbacke kann, konnte ich endlich etwas mehr vom Feuerwerk zünden. Eine Seeschlacht? Cool! Aber wie verbinde ich den Cliffhanger der Folge 7 logisch mit der neuen Folge 8? Jetzt im Nachhinein ist alles ziemlich einleuchtend. Damals saß ich erst einmal Tage lang vor meiner Tastatur und fraß Milka.

    Schreiben von Cliffhangern ist aber gar nicht so schwer, man muss sich nur getrauen, los zu lassen. Getreu dem Motto von J.J.Abrams: „Mir doch egal wie es weitergeht, Hauptsache es endet fett!“ Also, so habe ich das mit meinem Schulenglisch immer übersetzt, was die mit „Alias“ und „Lost“ von Staffel zu Staffel gemacht haben. Und so war es auch, die haben immer den größten Hammer in den letzten 5 Minuten ausgepackt, ohne je zu wissen, wie es weitergehen soll. Bei „Lost“ gab es eine grobe Idee. Trotzdem war es erst einmal, wie mit Dynamit zu fischen. Wir erwischen viele, wie wir sie aber danach rausholen, überlegen wir uns, wenn sich der Rauch verzogen hat.

    Ich denke, ich habe das alles ganz logisch zusammen bekommen. Jetzt schaltet der rote Leo Faden (ich nenne ihn liebevoll mein Leo-Lost-Plagiat) auch erst richtig hoch. Die Geschichten hängen seitdem wirklich richtig aneinander. Alles hat mit allem zu tun und alles entwickelt sich. Nachdem ich wusste, ich möchte es richtig krachen lassen, war mir alles klar. Ab zur Bank und den ersten von zwei Krediten beantragt. Die Lebensversicherungen waren ja durch.

    Die Unterschrift war noch nicht trocken, da hatte ich schon zwei (!) Piratenabenteuer mit Seeschlachten und Indianer Jones Schatzkammer Einlage geschrieben. Weiter ging es ins alte Griechenland zu einem biblischen Pferderennen und wir enden in einer gigantischen Doppelfolge mit Bruce Lee, Shaolin Kämpfern und einem sympathischen Chuck Norris. Cool, das waren dann einmal 5 neue CD! Ein neuer Rekord. Allein die Kung Fu Folge hat 121 Minuten Laufzeit. Ich kann eben erst aufhören, wenn die Geschichte auserzählt ist. Eine Frau sagte mir einmal, sie fände es Geldschneiderei, dass die Piraten und Bruce Lee je zwei CDs haben. „Gnädige Frau…“, sagte ich. „Gnädige Frau, das Gegenteil ist der Fall. Je länger die CDs sind, umso länger benötige ich Sprecher, umso länger braucht das Sounddesign und so teuer wird die Folge. Jede weitere Hörspielminute in Oranienburg sorgt für klingelndes Geld in Berlin.“

    Und da ich nun endlich aus den vollen Trögen der Hörspielindustrie schöpfen konnte, dachte ich mir, ich frage einfach mal bei Oliver Rohrbeck an. Seine Firma sagte mir: „Kein Problem, der Olli macht das gern! Komm an dem Tag X hier zu uns!“

    Wer mich kennt, der weiß, dass ich von Pünktlichkeit nicht viel halte. Ich bin nie pünktlich! Ich bin immer mindestens 30 Minuten zu früh da. An diesem besagten Tag x, war ich wohl 1 Stunde zu früh dran. Komisch? Nein, Arnold halt. Ich hatte ein extra Deo, eine Familienpackung Beruhigungspillen und einen Knicke-Erstauflage mitgenommen und dann, vor lauter Aufregung, im Auto liegen lassen. „Nein, auch wenn du jetzt 1 Stunde zu früh bist, du gehst jetzt nicht mehr ins Auto. Olli könnte ja früher kommen.“

    Man muss wissen, bei der Lauscherlounge wird man freundlich in eine Ecke geschoben und dann steht man da ganz mit sich allein herum. Da gab es ein riesiges Bücherregal und nachdem ich 30 Minuten an die Decke gestarrt hatte, ging ich über, die Bibliothek zu durchstreifen.

    Interessant! Viele Reisebücher. England! Mmmmmm, oh, ein Gedichtband. Ich hatte ja noch Zeit und so verlor ich mich in irgendeinem Bildband über Australien. Die Zeit verging schnell, doch ich merkte es nicht. Ich beruhigte mich und alles an mir entspannte sich merklich. Meine Gehirnzelle nahm diesen bildlichen Abstecher zum Anlass und verabschiedete sich schon einmal in den Ruhemodus. Und plötzlich, ich war gerade tauchen im Great Barrier Reef, redete mich Ben Stiller von hinten an. Das Buch glitt mir aus der Hand, ich fuhr herum und versucht verzweifelt meine Gehirnzelle auf die Brücke zu rufen.

    „Hallo, ich bin Oliver Rohrbeck, wir haben einen Termin!“

    „Ähhhh… ja… also… tauchen … ähhh, ja. Wir! Also Sie und ich. *Kicher* Ich, ja, ich bin der … also der Typ *Kicher*.“

    „OOOOKKKKKAAYYYY , na los, fangen wir an.“

    Das war die peinlichste Vertonung meiner Laufbahn. Ich war froh, dass der Tonmeister und Oliver Rohrbeck des Lesens mächtig waren. Ich war es irgendwie nicht mehr. Ich benahm mich wie so ein pubertierender Cheerleader, der vor seinem Liebling-Quarterback stand. Habe ich eine La Ola-Welle gemacht? Ich weiß es nicht mehr, aber es ist im Rahmen der Möglichkeiten.
    Nach 45 Minuten und viel Bandsalat war alles vorbei. *Kicher*

    Ich war so aufgeregt, ich habe nicht einmal ein Foto gemacht.

    Dann bin ich die Treppe runter und unten, im Foyer, ging neben mir die Fahrstuhltür auf. Drin stand Herr Rohrbeck und sein Gesicht sagte laut und deutlich: „Oh Gott, der Verrückte! Wir laufen doch jetzt nicht zusammen zum Auto?“

    Er lächelte freundlich und nach einer Schrecksekunde setzte er sich in Bewegung. Ich lief ein paar Zentimeter hinter ihm und da wurde auch endlich meine Gehirnzelle wach. „Halt endlich die Klappe!“, sagte sie mit 120 dB in meinem Großhirn. Und das tat ich auch. Ich lief hinter Herrn Rohrbeck her, mit dem festen Plan, ihn nicht weiter zu belästigen.
    „Gute Nacht!“ „*Kicher*, ja, gute Nacht *Kicher*, und Danke!“

    Das war es dann. Ja, ich weiß, die gehen genauso wie ich aufs Klo, aber ich konnte es nicht verhindern, mich zum absoluten Vollhonk zu machen. Dies ist auch der Grund, warum ich mich wohl nie wieder getraue, Oliver Rohrbeck anzufragen. Ich möchte uns dreien (Oliver, mir und meiner Gehirnzelle) diese erneute Peinlichkeit ersparen.
    Die Folgen gingen super durch alle Abteilungen und waren dann am Ende perfekt. Wobei ich wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank haben muss. „Ich mache ein Hörspiel mit Kung Fu Mönchen? Ein Hörspiel mit … sag mal, hast du dir einmal nur für 5 Sekunden überlegt, wie das klingen soll? Häää…*Kicher*“

    Es ist viel besser geworden, als gedacht. Es sind wirklich fünf sehr schöne Folgen, die ich immer noch sehr gern selbst anhöre. Besonders die letzten 15 Minuten der Folge 11 – CD 2. Da passiert ein kleines Wunder. Ich habe schon oft gehört, dass Eltern, die mit angehört haben, danach ihre Kinder ganz fest an sich gedrückt haben.

    Das Karma-Konto klingelt…

    Hört selbst rein. Ihr müsst nicht das ganze Hörspiel miterleben. Die letzte 15 Minuten geben euch alles, was ihr an einem schlechten Tag benötigt. Versprochen!!!!
    Jetzt waren also fünf neue Folgen fertig. Und was mache ich um meine Batterien aufzuladen? Ab da ging ich in Schulen und hielt Vorträge über Hörspiele und Geschichte. Das ist soooo schön, mit den jungen Menschen zu reden und ihnen so bildlich und per Audioeinspielungen zu erklären, dass es durchaus eine Zeit vor IPad und Fortnite gab. Manche sind echt überrascht, wenn man ihnen erzählt, dass ihr Ur-Großvater unter Umständen noch einen Nachttopf, statt eine Joystick, unter dem Bett hatte.

    An der Verkaufsfront gab es leider auch einige Rückschläge. Ich sage immer, zwei Schritte vor und dann einen doppelten Rittberger zurück. Als es mit dem Großhandel so richtig anfing, ging plötzlich KNV insolvent und Leo CDs in dreistelligen Bereich gingen in die Insolvent-Masse über. Dann lotete ich aus, wieviel Geld Eltern für ein Kinderhörspiel ausgeben würden. „9,99€ wären toll.“ „Sag mal, von was träumst du nachts?!“

    Na ja, noch hatte ich einen festen Job und regelmäßige Einkünfte. Also alles im grünen Bereich. Die Verkaufszahlen stiegen und stiegen. Alles gut, wir sind auf den richtigen Weg. Ist KNV eben pleite. Dann machen wir eben jetzt alles selbst. Bluten wir den Großhandel aus und vertreiben es nur noch über Amazon und meinem Webshop.

    Ab da benötigt der Tag wirklich ein paar Stunden mehr. Aber dazu in nächsten Eintrag. Wer jetzt wissen möchte, wieviel Einträge noch kommen, bevor die Reise ein Ende findet? Geduldet euch Kinder! Noch zwei Folgen bis zum großen Endspiel.
    Ich wünsche allen eine gute Zeit.
    LG

  • Wieder ein toller Eintrag und eine wunderbare Morgenlektüre. So darf der Morgen im Hörspieltalk fortan sehr gerne immer beginnen #pckaffee# #sonne#
    Und Ja, Du scheinst tatsächlich ein Faible für Cliffhanger zu haben #huepf# Da könnte der gute Oli Döring noch was lernen ;D

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Na ja, noch hatte ich einen festen Job und regelmäßige Einkünfte. Also alles im grünen Bereich. Die Verkaufszahlen stiegen und stiegen. Alles gut, wir sind auf den richtigen Weg. Ist KNV eben pleite. Dann machen wir eben jetzt alles selbst. Bluten wir den Großhandel aus und vertreiben es nur noch über Amazon und meinem Webshop.

    Keine Ahnung wieso, aber irgendwie hab ich das Gefühl, das wird so nicht funktionieren :D

    Grandiose Lektüre wieder, schönster Satz natürlich: " Ich möchte uns dreien (Oliver, mir und meiner Gehirnzelle) diese erneute Peinlichkeit ersparen." ^^

    Ich hab ja damals 2002 in der Wiener U3 zwischen Volkstheater und Neubaugasse mit dem Motorala A920 von Drei und Leni Riefenstahl das erste Selfie der Geschichte geknipst” - Aus meiner Biografie, erschienen im Jahr 2039, geschrieben im Jahr zuvor am Pool einer Finca auf den Kanaren

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