„Berlin Mitte, Regierungsviertel. Die Bauten aus Glas und Stahlbeton sind nur glänzende Fassaden. Darin tummeln sich die mächtigen Politiker, reichen Wirtschaftsbosse und immer mehr einflussreiche Lobbyisten – wie der skrupellose Hagen von Grau. Gut, dass Berlin den CAIMAN CLUB hat. Denn hier treffen sich Lobbyisten mit Politikern in 'ungezwungener' Atmosphäre, um ihnen die wirklich wichtigen Entscheidungen zu diktieren. Hagen von Grau gehört fast schon zum Inventar von Berlins exklusivstem Club. Für ihn sind Menschen Marionetten. Wahrheiten sind Lügen, die man oft genug wiederholt hat. Und Moral ist ein Luxus, den er sich nur äußerst selten gönnt. Niemand scheint ihm gewachsen zu sein. Doch dann nimmt er einen Auftrag an, der unmöglich zu erfüllen ist. Und plötzlich findet sich Hagen von Grau selbst im Zentrum einer Intrige wieder, die ihn alles kosten kann.“
Das Hörspiel von Edgar Linscheid und Stuart Kummer peilt als Zielgruppe Fans von TV-Serien wie 'House of Cards' oder 'Bad Banks' an. Die handelnden Personen suchen allesamt nur ihren eigenen Vorteil, es wird Intrige um Intrige gesponnen und ein moralisches Zentrum existiert nicht. Wichtige Entscheidungen werden nicht von den gewählten Volksvertretern, sondern in den Hinterzimmern der Macht getroffen. Und am Ende siegt auf keinen Fall das 'Gute'. So weit, so bekannt: Das ist alles so, wie sich Klein-Fritzchen das vorstellt. Natürlich funktioniert das und ist in Verbindung mit einer eingeflochtenen Krimi-Handlung über die Laufzeit von 4 ½ Stunden recht unterhaltsam.
Auf der anderen Seite fehlt es dem Skript aber ein wenig an satirischer Schärfe. Dies liegt daran, dass die geschilderten Schweinereien nicht vorrangig als systemimmanent dargestellt werden, sondern eher in den Charakteren und ihrem individuellen Verhalten begründet liegen. Das trägt natürlich zum Unterhaltungswert des Hörspiels bei, nimmt ihm aber auch die Treffsicherheit. Zum zweiten ist wirklich ärgerlich, dass sich der WDR nicht getraut hat, die eigene Rolle kritisch zu hinterfragen. Um sich mit den Auswüchsen des Journalismus zu beschäftigen muss tatsächlich erst ein privater Fernsehsender erdacht werden, der die Gesichter der Öffentlich-Rechtlichen abgeworben hat und so zum führenden Sender für Berichterstattung wurde. Keine Ahnung, ob das vom WDR durchgedrückt wurde oder von den Autoren von Anfang an so geschrieben wurde: es wirkt schon ein wenig peinlich und hätte sehr viel besser gelöst werden können.
Das Hörspiel wird in fünf Folgen erzählt, an denen es produktionstechnisch nichts auszusetzen gibt. Die Soundeffekte sind erstklassig, die Musik ist treibend und passend, die Stimmen wirken mehrheitlich frisch und unverbraucht, wobei alle Rollen passend besetzt sind und die Sprecher einen guten Job machen. Hervorheben muss man, wie lebendig und 'echt' die Dialoge klingen, obwohl sie über weite Strecken sehr pointiert geschrieben wurden. Wie das erreicht wurde kann man nachvollziehen, wenn man sich das kurze Making Of-Video zum Hörspiel ansieht. Das sind natürlich Produktionsbedingungen, die außer den Öffentlich-Rechtlichen kaum einer bieten kann. Es zahlt sich bei 'Caiman Club' aber auch wirklich aus.
Das Video, weitere Infos sowie die Folgen zum Download findet man hier.
Gutes, spannendes und unterhaltsames Hörspiel, das zwar am Ende inhaltlich abgeschlossen ist, aber auch Raum für eine Fortsetzung bieten würde. Eine solche würde ich mir ohne Frage wieder anhören wollen.