Dann hätte man es, meiner Meinung nach, anders aufziehen müssen, denn Selbstjustiz (und das ist es ja nicht einmal) wird in keinem - zumindest in keinem normaldenkenden, System akzeptiert.
Das finde ich nicht. Nehmen wir einfach mal an, die Schuld Bergmanns stünde absolut fest. Und nehmen wir weiter an, die Behauptung von Erikas Vater, ein von Bergmann gekaufter Polizist habe entscheidende Beweismittel verschwinden lassen, entspräche der Wahrheit. Es stimmt natürlich, dass der Gesetzgeber Selbstjustiz nicht toleriert, doch gleichzeitig hätten wir es mit einem Systemversagen zu tun. Die interessante Frage, die aus dieser Konstellation erwächst, wäre dann: Lässt sich aus diesem Systemversagen eine moralische Rechtfertigung für Selbstjustiz ableiten?
Das Hörspiel selbst müsste darauf ja gar keine Antwort geben, sondern könnte sich schlicht darauf beschränken, Bergmanns Folter und anschließende Tötung durch Katja im Auftrag von Erikas Vater zu schildern. Es wäre dann am Hörer zu entscheiden, ob er dieses Vorgehen in vollem Umfang gut heißt, ob er Selbstjustiz prinzipiell ablehnt oder der Ansicht ist, Bergmann als Bestrafung Schmerzen zuzufügen, sei bis zu einem bestimmt Grad zwar vertretbar gewesen, seine Ermordung dann aber nicht mehr. Ich denke, für alle drei Positionen gäbe es Befürworter.