Das Hörspiel verfügt über viele Vorzüge. Die größte ist wohl die eigene Phantasie. Sie bringt uns in eine andere weit entferne Welt. Sie lässt uns Helden, Bösewichte und andere Charaktere sein. Die Geschichte, die Musik, die Geräuschkulisse und der Ton spielen dabei eine sehr bedeutende Rolle.
Das Hörspiel hat in den letzten Jahren eine Wandlung durchgemacht. Das Medium hat sich verändert und sich dem Freizeitverhalten der Gesellschaft angepasst. Der Ort des Hörens hat sich verändert. Die musikalische Untermalung ist zeitgemäß und modern. Das Hörspiel wird nun nicht mehr nur im Kinderzimmer gehört. Die Geschichten haben sich verändert und erheben nun oftmals den Anspruch für ein erwachsenes Publikum produziert zu werden. Dies zeigt sich in Inhalten, in Themen und in der dramaturgischen Aufbereitung des Stoffes.
Eines hat sich über die vielen Jahre hinweg nicht gewandelt: das Tonformat. Man hat sich irgendwann einmal in den tiefen 70igern vom Mono-Format verabschiedet. Das Zauberwort hieß Stereo. Und es heißt auch bald 40 Jahre nach dem Wechsel immer noch Stereo. Während der Film (unter anderen) mit Stereo, Dolby Soround, Dolby Digital 5.1., DTS, DTS-HD, Dolby Digital 7.1, im Laufe der Jahrzehnte ein Tonformat nach dem anderen „verbraucht“ hat, blieb beim guten alten Hörspiel alles beim Alten. Zarte Gehversuche mit digitalem Mehrkanalton auf Hörspiel-DVDs scheiterten. Während im Filmbereich Cineasten ihre Lieblingsfilme zuhause in bester Kinoqualität genießen dürfen müssen Hörspielfans immer noch mit antiquierten Tonformaten vorlieb nehmen.
Warum ist das so? Einerseits liegt der Grund wohl darin, dass die Kosten für die Aufnahmen eines Hörspiels im digitalem Mehrkanalton deutlich höher sind als herkömmliche Aufnahmemethoden. In Zeiten, in denen Verlage und Labels den Sparstift ansetzen müssen um überleben zu können, bleibt für Ton-Experimente leider kein Platz mehr. Das Forcieren des downloads und der damit verbundenen Unabhängigkeit des Hörers immer und überall via MP3-Player hören zu können, trägt ebenfalls dazu bei, dass der Ton und das Tonformat nicht jene Rolle spielt, die es eigentlich spielen könnte. Einfache Kopfhörer sind noch nicht in der Lage digitalen Mehrkanalton wieder zu geben Die Schuld aber nur bei den Labels und Verlagen zu suchen wäre grob unfair. Es sind wir Hörer und Hörspielkäufer, die Einfluss auf die Branche nehmen. Unser Interesse an einem Tonerlebnis wie im Kino scheint nur sehr gering vorhanden zu sein. Entsprechend werden die Hörspiele auch produziert. Der Hauptaugenmerk liegt auf den anderen Faktoren des Hörspielerlebens. So lange dies der Fall ist, wird das Potential eines Hörspiels noch lange nicht voll ausgereizt sein. So lange darf man sich auch nicht wundern, wenn Hörspiele nicht jenen Stellenwert haben, wie dies bei Kinofilmen der Fall ist. Und so lange dürfen sich auch Labels und wir Hörspielfans nicht darüber beschweren, dass das Hörspiel von vielen als Kinderspielzeug angesehen wird. In Sachen Ton ist es dies leider noch immer der Fall ....
Mehr Diskussionen über den digitalen Mehrkanalton findet ihr in folgenden threads:
Phontastic: Haben Hörspiele auf DVD eine Zukunft?
Warum setzt sich der Mehrkanalton auf Hörspielen nicht durch?
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