HÖRSPIELKOLUMNE "GEDANKEN EINES HÖRSPIELFANS 3/2012" – Das Krimi-Phänomen ;-)

  • Habt ihr euch schon einmal gefragt warum eigentlich die 5 Freunde von einem Kriminalfall in den nächsten schlittern? Die 4 Jungs samt Hund haben es jetzt schon auf mehr als 75 Fälle gebracht. ich frage mich ob sie sich nicht auch schön langsam wundern warum gerade immer ihnen diese Verbrecher über den Weg laufen. Auf gar keinen Fall sollte man Freunde von Tim, Karl, Klöschen und Gabi sein. Denn als solcher wird man sofort in Entführungsfälle, Diebstähle, Schmugglereien und ähnliches mit hinein gezogen. Den 4 deutschen Kindern scheint ja richtig das Pech auf den Fersen zu kleben. Aber dieses, ich nenne es jetzt einfach mal so, Krimi-Phänomen, kommt nicht nur bei halbwüchsigen Jugendlichen vor.

    Auch schrullige alten Damen, wie Mimi Rutherford und Lady Bedfort scheinen gefühlte jeden Tag über eine Leiche zu stolpern. Trotzdem sie zumeist einen Inspektor im Schlepptau haben, lösen sie den Fall gleich alleine. Sogar Nonnen gibt es, die nicht nur mit Gott kommunizieren, sondern auch mal dem Täter auf der Spur sind. Aber stellen sie sich DIE Frage - nämlich "Warum immer ich"? Nein, sie suchen auch gar nicht erst nach einer Erklärung sondern nehmen das einfach so hin. Ich an Stelle der Jugendlichen oder der alten Omas würde langsam schon paranoid werden, wenn mich ständig Mordfälle und Kriminalfälle begleiten würden.

    Interessanter Weise scheint dieses Phänomen auch den Hörer nicht zu stören. Er hört "Ausflug mit den 5 Freunden" und weiß schon, dass er es bald mit Schmugglern, Zigeunern oder Zirkusleuten zu tun haben wird. Egal ob Campingplatz, Kirche, Golfplatz oder Schloss. Keine Location ist zu absurd um nicht als Tatort zu dienen. Der Hörer hört gebannt, hat seine Freude am Kriminalhörspiel und wundert sich vielleicht warum der Sprecher X durch den Sprecher Y ausgetauscht worden ist. Aber warum eigentlich immer und immer wieder dem armen Helden oder der armen Heldin eine Leiche über den Weg läuft, wird nicht hinterfragt, denn das ist normal. Ist es das? Habt ihr euch das auch schon einmal gefragt oder sind solche Fragen in einem Krimi fehl am Platz? #hutheb#

    Über Kommentare in Form von Postings, PMs oder Emails würde ich mich freuen! #winkewinke#

  • Tja,

    das ist das Gesetz der Serie. Wer hätte denn auch gedacht, dass die Kids von TKKG nach 30 Jahren immer noch in der neunten Klasse hocken und die Fünf Freunde immer noch jedesmal in Ferien fahren. Ich glaube es bringt nichts, sowas irgendwie rational zu hinterfragen.
    Die Kuh wird eben so lange gemolken, bis sie platzt, oder wie das heißt. :D

  • Das wird auf der gleichen Logik gesehen wie Calvin, der mit seinem Tiger Hobbes auch zehn Jahre in die erste Klasse ging und x Mal Weihnachten erlebte.

    Am Ende jeder Folge wird sozusagen zurückgespult und alles vergessen, was gerade passiert war. Sowas wie Charakterentwicklung jenseits von "Sprechertausch, jetzt muss ein neuer Butler/Inspektor/Hundepfleger her" ist da logischerweise auch Fehlanzeige. Jeder normale Charakter wäre entweder jetzt weltberühmt und würde hohe Honorare für die geleistete Polizeiarbeit verlangen, oder längst in der Einsamkeit im Himalaya ("bleibt mir weg, Ihr Spacken!")

    Aber bei Krimihelden, die nicht im kalten Schweden ermitteln, erwartet auch der Hörer keine Langzeitlogik. Ebensowenig wie bei Al Bundy oder Sheldon Cooper.

  • Bei einem skandinavischen Kommissar oder bei drei jugendlichen amerikanischen Detektiven ist es ja noch nachvollziehbar, weil sie ja "aus Berufung" das Verbrechen suchen. Aber bei den gängigen anderen "Krimi-Serien" ist es doch witzig, dass nicht einmal im Ansatz versucht wird, zu erklären, warum die/der Held/in ständig Zeuge und/oder Opfer eines Verbrechens wird. ;D ;)

  • Ich sehe es eher so, da ja jede Folge eine abgeschlossene Geschichte ist sollte man einmal die Serie nicht im ganzen sehen, sondern nur jeweils die einzelnen Folgen.

    Somit hat man die Wahl aus den ganzen Folgen die herauszusuchen, die einem am ehesten anspricht. Wenn man dann also 2-3 Folgen betrachtet währen ja dann diese Vorkommnisse nicht mehr so extreme oder dann verständlicher das sie eben noch in der Schule sind.

    Die Realzeit in der jeder Hörer ja lebt mag dann zwar 1-20 Jahre sein, aber im Hörspiel gilt ja diese Realzeit nicht.
    Aber in der Hörspielzeit 1 Jahr wennn man das Beispiel mit der 9. Klasse mal nimmt, kann es dann so angesehen werden, das in diesem einen Jahr in Hörspielzeit dann alle 75 Fälle geschehen und mann dann in der Tat denkt, das diese 5 Freunde von einem Kriminalfall in den nächsten schlittern.

    Wenn man nun die Realzeit mit einbindet also 75 Fälle durch 20 Jahre rechnet kommt man auf 3,75 Fälle in einem Jahr was dann ja auch nicht viel ist. Wenn ein Hörer einer Hörspielgeneration (also die wo im moment des erscheines eines Hörspiels gerade 10 Jahre alt währe und nun 1 Jahre lang die Serie kauft, hätte er 3,75 Kassetten also Fälle.Nach diesem jahr würe er 11 Jahre werden und hat dann vieleicht andere Interessen. Warum 1 Jahr, weil ein Schuljahrder im Hörspiel 1 Jahr geht ;) Nach diesem Jahr kommt nun eine neue Generation und das Spiel beginnt von neuem).

    Für Sammler der ganzen Fälle ist es dann natürlich anderst, der 20 Jahre lang die 5 Freunde begleitet. Der Sammler hingegen älter wird (Realzeit) während die 5 Freunde immer nur im 1. Jahr (Hörspielzeit) sich bewegen.

    Sei wer du bist, und sag was du fühlst.
    Denn wer dies stört, zählt nicht.
    Und der zählt, stört es nicht.

  • Wobei sich natürlich gerade durch den Sprecherwechsel bei den 5 Freunden zumindest rein akustisch ein Wechsel getan hat. Im Grunde ist es eine Gedankenspielerei, nicht mehr, aber ich finde es doch erstaunlich, dass egal ob im Hörspiel oder auch im TV niemals diese Anhäufung von Kriminalfällen für Normalbürger angesprochen sondern einfach so hingenommen wird. Es wäre doch durchaus einmal witzig gerade dies zum Thema für eine Folge zu machen.

  • Habt ihr euch das auch schon einmal gefragt oder sind solche Fragen in einem Krimi fehl am Platz? #hutheb#

    Ja, diese Frage ist völlig unangebracht. Diese selbstreflexive Perspektive läuft dem Konzept einer Krimi-Serie, deren Protagonisten Kinder, alte Damen oder anderes Gesochs ist, das nicht im Polizeidienst sein täglich Brot verdient, vollkommen zuwider. Wie wollte man das auch thematisieren? In dem Moment, in dem sich z. B. die von dir angeführten 5 Freunde tatsächlich ernsthaft diese Frage stellen würden, könnten sie gleich in einem Logikwölkchen verpuffen.

    In einer funktionierenden Serie stellt sich diese Frage einfach nicht - heißt: solange es nicht zu abstrus wird, greift hier das Prinzip der "suspension of disbelief" - der Zweifel am Realismus des Gehörten wird einfach ausgeschaltet. In dem Moment, in dem sich diese Frage wirklich in den Vordergrund spielt, dürfte das Interesse an der Serie (oder zumindest an der gehörten Folge) erloschen sein.

    Das heißt natürlich nicht, dass man mit dieser Frage nicht ab und an etwas kokettieren darf (ich habe selbst nicht an mich halten können und seinerzeit in der Bedfort-Folge 26 "Die Täuschung im Zug" zwischen Inspektor Miller, Sergeant McBrian und Max diskutieren lassen, ob nun eigentlich Lady Bedfort dem Verbrechen folgt, das Verbrechen Lady Bedfort folgt oder das Verbrechen nicht anders kann, als sich in Gegenwart der alten Dame aus dem Nichts zu manifestieren), aber ernsthaft beantworten wollen darf man diese Frage nicht. Dann macht man ja alles kaputt ... ;D

  • Schöner Beitrag aus profundem Mund #daumenhoch# Wobei scheinbar diese Frage ja doch berechtigt zu sein scheint, wenn Du sie Dir bzw Deinen Protagonisten auch schon einmal stellen hast lassen #jaja# Ich kann mich sogar an diese Folge erinnern und fand die Frage an sich recht spannend und interessant. Auch Mimi Rutherford hat versucht diese Frage via Hörspiel in einer der letzten Folgen zu beantworten. Sie hat diese übernatürliche Häufigkeit damit erklärt, dass sie einfach eine Nase, ein Gespür für solche Dinge hat. Vielleicht ist es ähnlich einem Medium, dass übernatürliches magisch anzieht, so ziehen auch Krimi-Helden Verbrechen und kriminelles Verhalten an. Aus dieser Sicht sind die wahren Täter eigentlich gar nicht die Täter selbst sondern die Krimihelden, die erst das solche Verbrechen verursachen ;) Das lässt viel Raum zum philosophieren.

    Zitat

    In dem Moment, in dem sich z. B. die von dir angeführten 5 Freunde tatsächlich ernsthaft diese Frage stellen würden, könnten sie gleich in einem Logikwölkchen verpuffen.

    Dem schließe ich mich mal an. Logisch im Hörspiel selbst kann man dies wohl nicht thematisieren. Aber man kann zumindest im einem Hörspielforum ein bisserl darüber philosophieren #jaja# #winkewinke#

  • Da Markus G. so nett war, dieses Thema im Lady-Bedfort-Thread zu verlinken, will ich hier doch mal ebenfalls einen Kommentar abgeben.

    Ich sehe als Problem oder Wurzel des "Übels" weniger den jeweiligen Serienkosmos an sich, sondern den Hörer. Aus rein pragmatischer Kriminalautorensicht ist es - salopp gesagt - schnuppe, ob Lady Bedfort den Fall löst oder alle paar Folgen ein Wechsel des Ermittlers stattfindet. Es ist der Hörer, der durch seinen Wunsch nach Kontinuität, nach Beibehaltung des Altbekannten, des Liebgewonnen die Logik solch einer Serie irgendwann ins Absurde führt.

    Deshalb denke ich darüber auch - bis auf hier und da mal eine kleine Anspielung (z. B. Detektivgen in Folge 69) - gar nicht weiter darüber nach. Für mich muss in erster Linie die Logik innerhalb einer Folge stimmig sein. Und da habe ich an mich selbst den Anspruch, dass Lady Bedfort nicht einfach nur ermittelt, weil sie die Titelfigur ist, sondern auch durch nachvollziehbare Gründe und Ereignisse in den Kriminalfall hinein gerät. In den Folgen 49 und 80 zum Beispiel durch Tim. Oder indem sie wie in Folge 77 vor Ort ist. Dabei macht es natürlich nicht immer Sinn, dass sie immer zufällig dann vor Ort ist, wenn etwas passiert. Aber sie könnte in dem Fall immerhin zufällig vor Ort sein, da es Sinn macht, dass sie sich karitativ engagiert.

    So viel erst mal von mir zu dem Thema.

    "Was sagt man darüber, wie man Bücher schreibt? Man denkt sich etwas aus und zwingt sich, es aufzuschreiben."

    Ariadne Oliver, Poirot: Wiedersehen mit Mrs. Oliver

  • Ich sehe als Problem oder Wurzel des "Übels" weniger den jeweiligen Serienkosmos an sich, sondern den Hörer. [..] Es ist der Hörer, der durch seinen Wunsch nach Kontinuität, nach Beibehaltung des Altbekannten, des Liebgewonnen die Logik solch einer Serie irgendwann ins Absurde führt.


    Wir Endkunden sind also schuld? Hmm... na gut, damit kann ich leben. :D
    Da ich auch zu denen gehöre, die schon bekannte Ermittler - egal ob TV oder Audio - mögen, stört mich die Unwahrscheinlichkeit solcher Dauerbegegnungen mit dem Verbrechen gar nicht. An diesem "Übel" kranken ja nicht nur manche Hörspielserien, sondern auch einige TV-Krimiserien - selbst wenn der betreffende Ermittler bei der Polizei ist (z.B. bei Inspektor Barnaby müsste die Region, in der er ermittelt, an drastischem Einwohnerschwund leiden, weil die wenigen, die noch nicht ermordet oder wegen Mordes verhaftet wurden, vorsichtshalber längst woanders hingezogen wären...).

    Zitat

    Aus rein pragmatischer Kriminalautorensicht ist es - salopp gesagt - schnuppe, ob Lady Bedfort den Fall löst oder alle paar Folgen ein Wechsel des Ermittlers stattfindet.


    Macht ein vorgegebener Personenrahmen es nicht auch manchmal einfacher? Man darf dann zwar nicht einfach jede Hauptfigur charakterlich so anlegen, wie man möchte, aber man muss die Figuren auch nicht erst selbst entwickeln, sondern kann sich auf ein bestehendes Universum beziehen, Running Gags einbauen, Fäden wieder aufnehmen, vielleicht auch ein gewisses Grundwissen beim Hörer voraussetzen. (Nachteilig dürfte dann sein, dass man die anderen Folgen wenigstens grob kennen sollte...)

    Für mich muss in erster Linie die Logik innerhalb einer Folge stimmig sein. Und da habe ich an mich selbst den Anspruch, dass Lady Bedfort nicht einfach nur ermittelt, weil sie die Titelfigur ist, sondern auch durch nachvollziehbare Gründe und Ereignisse in den Kriminalfall hinein gerät.


    Das finde ich sehr wichtig und damit äußerst lobenswert. :thumbup:

    Wenn ich da an eine der letzten Mimi-Rutherfurt-Folgen denke, wo sie plötzlich von der sich "nur" einmischenden Oma zur Privatdetektivin befördert wurde - so etwas geht gar nicht. X(
    Das eine Serienfigur unwahrscheinlich oft in Kriminalfälle verwickelt wird, lässt sich ja kaum vermeiden, wenn man die Serie nicht vorher ganz einstellen will. Und sofern jede Einzelfolge für sich plausibel begründet, warum die Hauptperson in diesen einen Fall verwickelt wird, und diese dann auch noch als jemand dargestellt wird, der an verdächtigen Vorkommnissen gar nicht unbeteiligt vorbeigehen kann, weil er einen enormen Neugier- und Einmischungstrieb hat, dann passt das schon.

    Schliesslich - wie schon von einigen großen Kriminalisten der Hörspielgeschichte festgestellt wurde - ist Unwahrscheinliches ja nicht automatisch unmöglich... :D

  • Beim hören von der guten alten Mimi Rutherfurd musste ich einmal mehr an meine Gedanken, die ich hier vor einigen Jahren niederschrieb, denken. Es ist gar nicht so einfach dem Hörer die 100ste Verstrickung einer alten Dame in einen Mordfall glaubhaft näher zu bringen. :D

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Interessant was ich damals zu dem Thema geschrieben habe. Und wie lange ich auch schon hier bin.

    Aber die 100. Verstrickung ist es bei Mimi noch nicht. ;)

    Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, worauf er am ehesten verzichten kann: Die absolute Logik oder Amateurermittler jenseits von Polizei und Privatdetektiven. Ich verzichte da gern auf das Erstere. Allein schon der Vielfalt willen. :)

    "Was sagt man darüber, wie man Bücher schreibt? Man denkt sich etwas aus und zwingt sich, es aufzuschreiben."

    Ariadne Oliver, Poirot: Wiedersehen mit Mrs. Oliver

  • Heute habe ich hier im Hörspieltalk Folgendes gelesen:

    Zitat

    Bei der Auflösung des Falls musste ich aber mit dem Kopf schütteln, das war viel, viel zu kompliziert und unglaubwürdig um zu funktionieren. Vielleicht ist auch mein Hirn zu klein und ich habe die Genialität dieses Planes nicht kapiert.

    Auch ich erlebe dieses „Phänomen“ in Krimis durchaus häufig. Während es die Autoren sehr häufig schaffen unglaublich charismatische Ermittler und charmante Paare zu entwickeln, denen man alleine wegen ihrem Miteinander sehr, sehr gerne zuhört, bleibt für meinen Geschmack öfters der eigentliche Fall auf der Strecke. Entweder zu banal und einfach gestrickt oder viel zu konstruiert und kompliziert. Mir ist das bei den 3 Senioren, Mord ist ihr Leben und bei einigen weiteren Krimis aufgefallen. Es scheint mir fast, dass alle Energie in die wirklich gelungenen Dialoge fließen, während beim eigentlichen Kriminalfall der Saft ausgeht. Hier fehlt mir doch das eine oder andere Mal eine Kombination zu einem wirklich gelungenen und unterhaltsamen Fall. Wie seht ihr das? Auch ein Phänomen oder nur mein persönlicher Eindruck?

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Also ich habe den Eindruck, dass das bei Originalhörspielen nach Ideen deutscher Krimi/Thriller-Skriptautoren, zumal auf dem klassischen kommerziellen Sektor, ganz einfach die Regel ist, nicht die Ausnahme.

    Man merkt, dass viele Autoren ihre Plots rund um eine mehr oder weniger originelle, spannende und/oder knifflige Idee herum stricken, das Hörspiel aber dann nicht vom Ende her denken, ehe geschrieben wird. Und dann gelingt es eben oft nicht, alles, was man ausgestreut hat, befriedigend wieder einzufangen. Nach meinem Eindruck hält das sogar bei AUDIBLE zunehmend Einzug.

    Vielleicht denken viele Autoren, es kommt nicht so sehr darauf an - Hauptsache, Exposition und Hauptteil sind ausreichend spannend geraten, vielleicht sind aber auch viele von ihnen, wie ihre Hörer, selbst geprägt von Geschichten, die nach diesem Muster funktionierten und haben darum gar nicht den Fokus auf so etwas wie Nachvollziehbarkeit oder Glaubwürdigkeit im Hinblick auf erwartbare menschliche Verhaltensweisen. Vielleicht sehen sie das alles ein wenig als Spiel, nehmen es nicht so ernst. Ich weiß nicht.

    Für mich ist aber genau das die Krankheit des kommerziellen Hörspiels, und für mich trennt sich an diesem Punkt ganz klar die Spreu vom Weizen, was die Autorenqualität angeht.

    Man konnte das auch gut bei Reihen wie Mord in Serie oder MindNapping beobachten, finde ich. Da waren Grundidee und Setting oft auch durchaus interessant, aber was dann folgte, meist recht konventionell und gerade nach hinten raus völlig unglaubwürdig, jedenfalls in meinen Augen.

    Heute versuche ich, solche Hörspiele bewusst zu meiden, aber auch in Reihen wie den Midnight Tales trifft man dieses Problem recht häufig an.

    Ich weiß nicht, ob das immer auf Unvermögen zurückzuführen ist oder ob es nicht auch an den Bedingungen liegt. Heute wird nach meinem Empfinden mehr denn je auf Masse produziert, die meisten Hörspielschmieden haben noch dazu chronisch klamme Budgets und die Skriptautoren fristen nach meinem Eindruck ein sehr stiefmütterliches Dasein, bei großen Labeln wie maritim finden sie ja oft nicht mal Erwähnung, was ich schon sehr vielsagend, um nicht zu sagen: skandalös finde, denn eine gute Geschichte ist das Rückgrat eines gelungenen Hörspiels, kaum etwas ist so wichtig wie das Skript, auf dem alles andere aufbaut.

    Qualität hat aber seinen Preis, sowohl finanziell als auch was die investierte Zeit angeht. Vielleicht ist es in diesem Sinne kein Wunder, wenn Label nun vermehrt auf Hobby-Autorinnen und -Autoren zurückgreifen, die aus der Fansparte kommen und nebenberuflich schreiben. Nicht dass diese automatisch schlechter sein müssen - natürlich nicht!, aber man steigt als Label mit ihnen natürlich auf einem ganz anderen Verhandlungsniveau ein, als würde man für laufende Produktionen etablierte Autoren wie Kummer/ Linscheid, Bertling/Hagitte, I.L. Menger oder Balthasar von Weymarn usw. anfragen. Viele nebenberufliche Autoren aus dem Fan-Bereich dürften allein schon als Erfolg werten, überhaupt veröffentlicht zu werden, ihren Lebensunterhalt verdienen sie anders, das ist natürlich eine komplett andere Situation als bei einem Autoren, der den Job hauptberuflich macht und vielleicht eine Familie (mit) zu ernähren hat. Der muss sich entweder an die Großen halten, die halbwegs vernünftig bezahlen werden, Audible und Europa vielleicht, vor allem aber der ÖRR, oder er muss, wie (zeitweise) etwa Marc Freund oder Markus Topf, wie am Fließband Skripte raushauen, um halbwegs auskömmlich leben zu können. Wer wollte es da einem Autoren verdenken, wenn die Geschichten dann keine Meisterwerke in Serie sind?!

    Es muss jedoch auch deprimierend sein, unter solchen Bedingungen arbeiten zu müssen, zumindest wenn die Ambitionen höher angesiedelt sind.

    War es nicht @Martin Seebeck, der mal irgendwo so treffend auf den Dreiklang aus Kosten, Geschwindigkeit und Qualität verwies? Gut, schnell, billig - immer nur zwei der drei Ziele können erreicht werden.

    Soll das Skript schnell geschrieben werden und dabei billig sein, wird's halt meist nicht gut.

    Soll es gut sein, aber billig, kostet es eben viel Zeit. (Weil unter Umständen andere (lukrativere) Arbeiten vorgezogen werden müssen.)

    Und soll es richtig gut sein und dabei schnell gehen, muss eben ein entsprechender Preis dafür veranschlagt werden. (Damit der Autor sich voll und ganz darauf konzentrieren kann und vor allem auch Raum für notwendige Recherche hat.)

    Das dürfte so zumindest für hauptberufliche Autoren zutreffen.

    Herrje, ich denke, das Thema Skriptautorenschaft ist tatsächlich ein weites Feld und böte viel Raum für eine differenzierte Erörterung. :)

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