Titel: Hamburg Krimis - Für Sie um die Ecke gebracht (01) - Todesfalle Speicherstadt
Verlag: Vitaphon
Laufzeit: ca. 72 min, / 1 CD
Buch: Michael Koglin
Sprecher: Christian Stark, Robert Missler, Douglas Welbat, Annette Gunkel, Andreas Gärtner, Ansgar Döbertin, Rolf Schmieding
Inhalt: "Schwarzer Pfeffer aus Indonesien - jetzt bloß nicht niesen, sonst knallt mir der Typ ohne Vorwarnung das Kantholz auf die Birne. Keine rosigen Aussichten."
Che sitzt in der Klemme. Hinter ihm die Wand im Gewürzspeicher, vor ihm ein Typ, der es nicht gut mit ihm meint. Das hatte sich Che vor Monaten in der Südsee, bevor er auf dem Frachter anheuerte, ganz anders vorgestellt. In Hamburg wollte er ein neues Leben beginnen und nicht sein altes aushauchen. Einigen Leuten wird er zu gefährlich. Leuten, die miese Geschäfte betreiben. Da helfen nur Tricks. Und gute Freunde...
Eifel-Krimis, Allgäu-Krimis, Köln-Krimis, wieso also nicht eine Reihe von Hamburg-Krimis? Und Tatort Speicherstadt legt am Anfang auch direkt gut los in Sachen Krimi, denn Che sieht sich in einem Gebäude des Speicherstadt plötzlich einem bewaffneten Mann gegenüber, der es höchstwahrscheinlich auf ihn abgesehen hat. Dabei wird ihm klar, dass er sich einen neuen Start in Hamburg so sicher nicht vorgestellt hat. Und er beginnt zu erzählen, wie er nach Hamburg gekommen ist und wie er überhaupt in diese Misere hineingerutscht ist. Allerdings erzählt er das auf eine solch liebenswert augenzwinkernden und flapsige Art, dass ich die Bedrohung durch den bewaffneten Kerl ziemlich flott vergessen hatte und stattdessen manches Mal wirklich lachen musste. Und so ist es auch über den Rest des Hörbuchs hinweg geblieben. Der Fall um den ominösen Container, seinen grässlichen Inhalt und die Jagd auf Che, weil er etwas gesehen hat, was er niemals hätte sehen dürfen, war wohl interessant. Hauptsächlich aber, weil er Che in ein nur noch größeres Chaos stürzt als das, in dem er seit seiner Ankunft ohnehin schon lebt. Und eben diese sympathisch naive und humorvolle Art davon zu erzählen, einfach zu schön. Es mag vielleicht kein Aushängeschild für einen Krimi sein, wenn der Fall hinter der gewitzten Erzählweise zurücksteht, aber auf jeden Fall macht es richtig Spaß. Und genau das erwarte ich in erster Linie von einem Hörspiel / Hörbuch: dass es mich unterhält. Tatort Speicherstadt hat das geschafft, über die volle Spielzeit hinweg.
Che, der uns von seinem turbulenten Start in Hamburg erzählt, wird von Christian Stark gesprochen. Wie gesagt, ich hätte ihm noch Stunden zuhören können, so locker weg und überzeugend pfiffig meistert er diesen Part. Ich habe den mikronesischen Bengel wirklich vor mir gesehen. Gelegentlich aber, wenn Che das Geschehen im Hafen beschreibt oder voller Andacht vor dem Denkmal von Klaus Störtebeker steht, gibt Christian Stark ihm auch einen recht wehmütigen oder andachtsvollen Ton, der einen ab und zu wirklich zu Tränen rühren kann. Robert Missler übernimmt die Rolle von Ches bestem Freund Charles. Der hat nicht nur einen Goldzahn quasi als Sterbeversicherung im Mund, sondern redet auch in einem solch verqueren Mix aus Deutsch und Englisch, dass ich Robert Missler dafür nur meine Bewunderung aussprechen kann. Das muss man auch erst mal hinbekommen. Die dritte große Rolle geht an Douglas Welbat, der den Consorten spricht (der heißt nicht wirklich so, aber er sieht bei der Firma Mattheusen & Consorten nach dem Rechten und kommst so zu diesem Namen). Er ist eine Seele von Mensch und genau das hört man ihm vom ersten Moment auch an.
Ein dickes Lob verdienen auch Untermalung und Geräuschkulisse. An Musik ist von karibischem Klängen bis zu absolut krimitauglichen Stücken alles dabei und stets so passend eingesetzt, dass sie sofort für die jeweilige Atmosphäre sorgen. Was die Geräusche angeht, da hege ich den Verdacht, dass die Herrschaften von Vitaphon wirklich durch Hamburgs Straßen gezogen sind um sie vor Ort aufzunehmen. Das könnte wirklich sein, ich habe selten so eine authentische Geräuschkulisse gehört.
Die Aufmachung des Hörbuchs bzw der szenischen Lesung kann sich ebenfalls sehen lassen. Die düstere Coverfront mit dem Ausblick auf Hamburg, im Vordergrund der Rettungsring und die Vorratssäcke und dazu die kräftig gefärbte Schriftzug, das macht sich gut. Doch dabei bleibt es nicht, denn man kann dieses Cover auch noch auf zwei Arten entfalten. Aufgeschlagen wie ein Buch hält es Bilder und Infos zu den Sprechern und dem Autoren bereit, außerdem einen interessanten Text über Vitaphon und eine zusätzliche Zusammenfassung der Geschichte. Doch man kann das Cover auch wie einen Stadtplan entfalten und hat dann tatsächlich einen solchen Plan in Händen. Genau den Ausschnitt von Hamburg, in dem Tatort Speicherstadt spielt. Und wie einst bei dem berühmtem Spiel Scotland Yard kann man mit Spielfiguren von Che, Charles und Consorten in diesem Ausschnitt herumlaufen und die Geschichte "nachspielen". Bleibt zuletzt nur noch das Beutelchen Schwarzer Pfeffer zu erwähnen, der passenderweise vorne auf der Hülle klebt. Ein klasse Gag!
Fazit: Tatort Speicherstadt ist amüsant, spannend, rührend, irgendwie sogar süß und Unterhaltung pur!