Heute möchte ich das Spotlight mal auf einen anderen Radiohörspielmeister richten, nämlich auf Robert Weber.
Ich mag mich in dieser Einschätzung täuschen, aber in meiner persönlichen Wahrnehmung verbindet sich mit dem Trend der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, sich bei den von ihnen produzierten Hörspielen Themen zuzuwenden, die nicht übermäßig kopflastig und bemüht künstlerisch anspruchsvoll daherkommen, sondern eingängig und flott inszeniert sind und sich Sujets bedienen, in die man mühelos schlüpfen kann, neben den Namen Stuart Kummer und Edgar Linscheid mit The Cruise eben auch sehr stark der Namen Robert Weber, der sich im Jahr 2010, noch vor Erscheinen einer der größten Blockbuster-Serien, nämlich The Walking Dead, in seinem Hörspiel Die Infektion dem Thema der Endzeitapokalypse, ausgelöst durch Zombies, widmete. Ich habe erst kürzlich auf diesen Dreiteiler, der bis zum Jahre 2016 erschien, hingewiesen.
Wer ist nun also Robert Weber?
Robert Weber ist ein deutscher Hörspielautor. Er wurde 1966 im bayrischen Ochsenfurt geboren, absolvierte erst eine Ausbildung zum Industriekaufmann und studierte dann Sozialpädagogik. Seit 1995 lebt er in Berlin, seit 2002 als feiberuflicher Autor. Seit diesem Jahr schreibt er auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sehr oft arbeitet er dabei mit Regisseurin Annette Kurth zusammen.
Seine erste Arbeit, die größere Aufmerksamkeit erfuhr, dürfte das dreiteilige Zombie-Spektakel Die Infektion gewesen sein, die 2010 veröffentlicht und in den Jahren 2014 und 2016 fortgesetzt wurde. In diesem Hör-Stück lässt eine Infektion die deutsche Bevölkerung, ausgehend von Köln, zu gefährlichen Zombies mutieren, die übereinander herfallen und die wenigen Überlebenden regelmäßig an die Grenzen ihrer moralischen Grundsätze bringen.
2016 und 2017 folgte, diesmal in Verbindung mit Regisseur Mark Ginzler, die vielbeachtete Serie Kilroy was here um einen global agierenden Superschurken, der doch immer nur ein Phantom zu sein scheint und von dem niemand so recht weiß, ob es ihn wirklich gibt. Wie schon zuvor zaghaft bei der Infektion angedeutet, verbindet Weber auch in diesem Hörspiel Fakten mit Fiktion, um ein spannendes und ungemein fesselndes Werk zu kreieren. Geschickt nutzt er die Bekanntheit des alten Graffitos Kilroy was here, der bereits seit dem zweiten Weltkriegf Verwendung findet, um eine genial-verrückte Geschichte darum herum zu spinnen. Prädikat: unbedingt hörenswert.
2018 dann, wieder zusammen mit Annette Kurth, briungt der WDR auf seinem Sender 1live ein weiteres spannungsgeladenes Hör-Stück heraus: Des Teufels langer Atem. Auch hier finden sich wieder originell-verrückte Variationen von bereits Bekanntem und völlig Neuem, Fakten und Fiktion: So darf eine Agentin namens Clarice Sterling einen Serienmörder jagen, und wer dabei an Das Schweigen der Lämmer denkt, liegt nicht völlig falsch, nur ist der Mörder, den sie jagt, wohl sogar noch eine Kategorie atemberaubender als der wohlerzogene Hannibal Lecter; zwei Erpresser verkalkulieren sich dramatisch; ein Broker versucht, einen Anleger namens Louis Cyphre zu betrügen - und dann hat auch noch der Größe Houdini seinen Auftritt. Doch bei allem lacht immer einer als Letzter. Und der Titel des Hörspiels gibt uns einen Hinweis darauf, wer das ist.
Wieder mit Mark Ginzler am Regiepuklt kommt dann 2021 Das Djatlow-Massaker heraus, eine neunteilige Hörspielserie, die sich des mysteriösen Todes von neun Männern und Frauen annimmt, die 1959 im Zuge einer mehrtägigen Wanderung im nördlichen Ural in Russland aus noch ungeklärten Gründen zu Tode gebracht und verstümmelt wurden. Ein Reporter der Prawda will den Vorfall dreißig Jahre später ergründen - und öffnet damit, wie es scheint, die Büchse der Pandora.
Ebenfalls 2021, dieses Mal erneut in Kombination mit Annette Kurth als Regisseurin, bringt der WDR Golgatha heraus, und wieder sehen wir den roten Faden Robert Webers: Wieder verknüft er geschickt wahre Motive mit Fiktionen und schafft es, ganz eigene, eindringliche Hörspielwelt zu erschaffen. Ein kurzer Auszug aus der Inhaltsbeschreibung genügt, um den Kern der Geschichte zu erfassen: Die Psychologin Dr. Adler hat schon viel erlebt, aber ihr neuer Patient schlägt wirklich alles: Marcus Longinus, wie er sich nennt, lebt in dem Wahn, dass er Jesus Christus getötet hat und seitdem mit dem Fluch der Unsterblichkeit belegt ist. Er glaubt, für den Einsturz des World Trade Centers und den Untergang der Titanic verantwortlich zu sein, dass er die Kennedys und Adolf Hitler getötet hat, mit Napoleon in den Krieg und mit Richard Löwenherz in den Kreuzzug gezogen ist. Was folgt, ist ein Parforce-Ritt durch die Jahrhunderte, berühmte Persönlichen kreuzen in Longinus' Berichten seinen Weg, und am Ende bleibt die Frage: Haben wir es tatsächlich nur mit einem Verrückten zu tun?
2022 ist bisher noch kein neues Hörspiel aus seiner Feder erschienen, aber überblickt man mal sein bisheriges Oeuvre, wird klar, warum sich viele ein solches neues Werk wünschen würden bzw. ihm mit großer Freude entgegenblicken.
Nun aber zu Euch?
Kanntet Ihr den Namen Robert Weber vor dem Blick in diesen Thread? Und falls nein: Konnte meine Darstellung ein wenig Interesse für seine Hörspiele wecken?
Falls Ihr ihn schon kanntet: Wie steht ihr zu diesem Skript-Autor? Was mögt Ihr besonders an seinem Schaffen? Habt Ihr vielleicht sogar ein Lieblingswerk?
Und warum sollten Hörerinnen und Hörer, die seine Hörspiele noch nicht kennen, unbedingt mal in eines seiner Stücke hineinhören?
Was also habt Ihr zu Robert Weber zu sagen?
Ich bin gespannt auf Eure Beiträge und werde einen Teil seiner Hörspiele noch gesondert vorstellen.