Triga-Ton Hörspiel - das Phantom unter den Hörspielreihen?

  • Hallo liebe Hörspieltalker,

    eine Reihe (VÖ laut diverser Quellen in den 50ern) mit Erwachsenenstoffen von Krimi- über Spionage- bis hin zu Western- und Dramahörspielen.

    Vielleicht die erste Reihe kommerzieller Erwachsenenhörspiele?

    Wer steckte dahinter?

    Produziert wurden die 12 Hörspiele vom Triga-Verlag Flören & Co. in Rheydt im Rheinland.

    Habe mir aus gegebenem Anlass zunächst mal wieder die wahrscheinlich bekannteste Platte ( da später auch nochmal unter anderem Label als Auftakt einer nie fortgesetzten neuen Krimi-Serie veröffentlicht ) MORD IM TUNNEL hervorgeholt und stelle mir immer noch die gleichen Fragen wie vor Jahren, als ich das HSP erwarb.

    https://www.discogs.com/de/release/152…U6NDk5MzA1NTc=8

    Rätsel 1: der Regisseur

    "Der in Kriminalhörspielen routinierte Regisseur Edgar A. Wallis" soll laut Plattentasche dieses Hörspiel inszeniert haben, " das man immer wieder anhören kann". Wer ist Edgar A. Wallis? Hört sich doch sehr nach einem Pseudonym an, das an Edgar Wallace erinnern soll bzw. weniger vielleicht auch an Hal B. Wallis...

    Rätsel 2: der Autor

    Auch über den Autor ist wenig bis gar nichts zu erfahren. Auch das Pseudonym eines vielleicht bekannteren Schriftstellers?

    Rätsel 3: die Umstände der Enstehehung

    Dass hier nämlich Menschen am Werk waren, die tatsächlich routiniert und erfahren sind, darauf deutet einfach die Qualität der Hörspiele hin (natürlich mein subjektiver Eindruck). Zunächst vermutete ich Übernahmen aus dem Radio, aber da gäbe es letztlich keinen Grund, die Macher für die LP-VÖ hinter Pseudonymen zu verbergen. Vielleicht sind es doch Qualitätsgründe, aber bei Mord im Tunnel spricht zum Beispiel auch Helmut Griem mit (damals vielleicht aber noch nicht der spätere Star, ich glaube aber schon). Der hätte sich dann auch nicht zu nennen lassen brauchen... Auch weitere Rollen sind mit durchaus aus Hörspiel, Film oder Synchron bekannten Sprechern besetzt, mit Armin Berger und Heinrich Grünecke finden sich in Hauptrollen aber auch Schauspieler, die ich nichtmal in Theaterjahrbüchern finde...

    Was für eine rätselhafte Reihe, ich lasse es jetzt erstmal bei den ersten drei Fragen zu Mord im Tunnel, auch wenn es noch weitere Merkwürdigkeiten gibt... vielleicht können wir hier mit der Zeit etwas Licht ins Dunkel bringen...

    Vieleicht kennt auch jemand einen Link, der sich etwas ausführlicher mit diesen Hörspielen beschäftigt? Ich habe erstmal nichts gefunden, was sich hier lohnen würde zu teilen, außer den discogs-Label-Link:

    https://www.discogs.com/de/label/1825865-Triga-Ton

    Plattenspieler ausmotten: Es gibt wieder neue Hörspiele auf Vinyl! Juhu, die Hörspielwelt wird wieder eine Scheibe! 8o

    5 Mal editiert, zuletzt von Rudolf Platte (5. Februar 2023 um 13:38)

  • Wow, das liest sich in jeder Hinsicht sehr, sehr spannend! #juhu# , dass Du so eine Rarität Dein Eigen nennst. Das gefällt mir auch!!! Die Geschichte #top# Das Jahr der VÖ #top# Und natürlich die Rarität #top# So was würde ich sehr gerne hören!!! Ich wäre auch sehr daran interessiert mehr über die Reihe zu erfahren #jaja#

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Danke für diesen interessanten und informativen Beitrag. :)



    Vielleicht kennt auch jemand einen Link, der sich etwas ausführlicher mit diesen Hörspielen beschäftigt? Ich habe erstmal nichts gefunden, was sich hier lohnen würde zu teilen, ...

    Ich hatte kürzlich auch mal im Netz nach Infos über das Label und/oder die Hörspiele gesucht, aber auch nichts gefunden. #schulterzuck#
    Sehr rätselhaft das Ganze ...

    Gruß, Frank

    Wo Leidenschaft ist, da ist auch Hoffnung.

  • Sind das richtige Hörspiele im Studio aufgenommen, oder Film O-Ton Spuren in (womöglich) Studioqualität?

    O-Ton-Hörspiele könnte man auch denken, weil Filmfotos die Cover zieren. MORD IM TUNNEL zeigt zum Beispiel Hardy Krüger in EINER KAM DURCH. Es sind aber tatsächlich Studioaufnahmen und die Hörspiele haben rein gar nichts mit den Filmen, aus denen die Fotos stammen, zu tun und auch Hardy Krüger ist natürlich nicht zu hören.

    Plattenspieler ausmotten: Es gibt wieder neue Hörspiele auf Vinyl! Juhu, die Hörspielwelt wird wieder eine Scheibe! 8o

  • Hab jetzt noch rausgefunden, dass ein paar der genannten Autoren Pseudonyme für die Heftromanproduktion waren. Ob hier aber solche Autoren gezielt angesprochen wurden, Hörspiele zu verfassen wie die Formulierung "Ein Hörspiel von..." suggeriert oder ob es sich vielleicht auch um zum Hörspiel bearbeitete Heftromane handeln könnte? Zu Mord im Tunnel ist jedenfalls keine literarische Vorlage ergooglebar...

    Hinter dem Pseudonym des "in Kriminalhörspielen routinierten" Regisseurs Edgar A. Wallis müsste aber doch in jedem Fall ein irgendwie bekannter Name stecken. Sonst wäre seine Routine im Krimi-HSP ja eine echt dreiste Lüge, äh Werbebehauptung...

    Plattenspieler ausmotten: Es gibt wieder neue Hörspiele auf Vinyl! Juhu, die Hörspielwelt wird wieder eine Scheibe! 8o

    3 Mal editiert, zuletzt von Rudolf Platte (6. Februar 2023 um 16:13)

  • Ein weiteres Rätsel um die Reihe ist die eigentümliche Plattentasche mit Trageschlaufe wie bei einer Plastiktüte.

    Eine von mir woanders bereits geäußerte Theorie war, dass man das Cover nach dem Transport nach Hause dann auf normales LP-Maß zurechtstutzen sollte.

    Aber ich könnte mir bei weiterem Nachgrübeln noch etwas anderes vorstellen:

    Handelte es sich bei den Hörspielen vielleicht um speziell für gewerbliche Leihbüchereien produzierte Leihmedien? So etwas gab es zu der Zeit ja vielleicht noch. Der Griff und die Hülle sind sehr stabil und die Plattentasche wurde vielleicht deshalb so gefertigt, damit die Platten möglichst oft ausgeliehen werden konnten ohne beschädigt zu werden. Dafürsprechen könnte auch die anscheinend sehr geringe Verbreitung der Reihe - und ich habe glaube ich auch schon angebotene Platten mit Bibliotheksaufkleber gesehen.

    Ob der weitere Umstand, dass es in der Deutschen Nationalbibliothek keine Belegexemplare dieser Hörspiele gibt, vielleicht sogar darauf hinweisen könnte, dass diese Theorie richtig ist, weiß ich nicht. So genau kenne ich mich mit dem Thema spezieller Leihbücher und Leihmedien, die es nicht im regulären Handel gab, nicht aus. Aber so oder so ist auch dieses Nichtvorhandensein in der DNB für mich ungewöhnlich an dieser Reihe... normalerweise finde ich auch meine älteren Sprechplatten dort mit einem Datensatz.

    Plattenspieler ausmotten: Es gibt wieder neue Hörspiele auf Vinyl! Juhu, die Hörspielwelt wird wieder eine Scheibe! 8o

    Einmal editiert, zuletzt von Rudolf Platte (6. Februar 2023 um 17:56)

  • Noch was entdeckt: Dieses Buch über ein vernachlässigtes Kapitel in der Entwicklung der Unterhaltungsliteratur, dem nicht im Handel erhältlichen Leihbuch (bevor das Taschenbuch zum gängigen Format für diese Art von Literatur wurde) beschäftigt sich mindestens in ein paar Sätzen auch mit einem der Autoren mehrerer Hörspiele der Triga-Ton Reihe:

    https://www.amazon.de/Tr%C3%A4ume-au…e/dp/3848748932

    Robert Gall (in Wirklichkeit Hans Ruch, geboren 1916) schrieb (allerdings nur 3 Jahre lang) auch Romane für den Triga-Verlag bzw. weiß man nicht recht, unter welchen Pseudonymen er noch geschrieben hat. In einem Vorwort des Triga-Verlags zu einem seiner damaligen Romane ist dann auch von begeisterten Kritiken zu seinen bisherigen Romanen zu lesen, Gall sei regelrecht berühmt dafür, Kriminalromane ohne Polizei zu schreiben (oder so). Auch der vorliegende neue Roman sei wieder ein "echter Gall" (scheinbar ein besonderes Qualitätssiegel). Außerhalb der während der nur kurzen Zeitspanne im Triga-Verlag veröffentlichten Werke scheint es allerdings keine weiteren "echten Galls" zu geben.

    2 Theorien: Robert Gall war ein einst gefeierter und vielgelesener Unterhaltungsschriftsteller hochgelobter Romane, dessen Hörspiele zudem sogar auf Schallplatten veröffentlicht wurden und der von der Geschichte einfach vergessen wurde oder aber (da sich zumindest im Netz außerhalb von Triga-Veröffentlichungen nichts davon belegen läßt und der antiquarische Buchmarkt auch nicht gerade von seinen Werken überschwemmt zu sein scheint )...

    ...das Konzept des Triga-Verlages war das Vorgaukeln von Berühmtheit durch interessant klingende Namen unterstützt durch Werbetexte in Vorworten und Klappentexten, die auf mehr oder minder dreiste Weise eine gar nicht vorhandene Rezeption durch Kritiker und Erfolg beim Lesepublikum nur suggerierten.

    Werde bei Gelegenheit mal eingehender zum Thema Unterhaltungsliteratur der 1950er recherchieren, um den Sachverhalt möglichst aufzuklären...

    Plattenspieler ausmotten: Es gibt wieder neue Hörspiele auf Vinyl! Juhu, die Hörspielwelt wird wieder eine Scheibe! 8o

    6 Mal editiert, zuletzt von Rudolf Platte (15. Februar 2023 um 19:52)

  • Dem möchte ich mich anschließen. Ist ja fast wie ein „Krimi“ :thumbup:

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Dem möchte ich mich anschließen. Ist ja fast wie ein „Krimi“ <img src="https://www.hoerspieltalk.de/wcf/images/smilies/thumbsup.png" alt=":thumbup:" />

    Ich finde es auch mordsmäßig spannend...

    Von Robert Gall alias Hans Ruch habe ich inzwischen auf Leihbuch- und Romaheftsammlerseiten noch ein paar Leihbücher gefunden die in der Nationalbibliothek nicht gelistet sind (zu diesem Thema gibt oder gab es offenbar eine genauso leidenschaftliche Community wie unsere zum Thema Hörspiel). Später gab es dann auch Veröffentlichungen im Hans Ruch Verlag.

    Die Western-Krimihörspiele bei Triga-Ton wurden von Glenn Stirling geschrieben (alias Werner Dietzsch?), unter dem Namen erschienen nach dem Ende des Leihbuchs später auch noch jede Menge Heftromane.

    Von einer anderen Triga-Ton-Hörspielautorin ist nur herauszufinden, dass sich ein Brief von ihr im Nachlass von Hedwig Courths-Mahler befindet und eine weitere hat ebenfalls Leihbücher im Triga-Verlag veröffentlicht.

    Alles in allem scheinen also die Autoren der Hörspiele tatsächlich aus der Leihbuchszene zu stammen, aus der später die Heftromane hervorgegangen sind. Bzw. wurden Pseudonyme aus diesem Kontext benutzt. Ich habe inzwischen gelernt, dass die Pseudonyme keinesfalls immer einem bestimmten Autor zugeordnet werden können, sondern oft von mehreren Autoren benutzt wurden, möglicherweise auch beliebig je nach Genre?

    Man müsste vielleicht mal die Forenszene zum Thema Leihbuch und Heftroman auf dieses Thema ansetzen, ich fühle mich da fachlich inzwischen nicht kompetent genug, ist ein zu weites, kompliziertes Feld... ich habe das Gefühl, dass ich hier und da sicherlich etwas missinterpretiere. Es handelt sich um ein zum einen wenig erforschtes Gebiet, das zum anderen auch nur zu einem kleinen Teile im Netz nachrecherchierbar zu sein scheint.

    Einmal noch zurück zum Ausgangstitel Mord im Tunnel, den ich mir inzwischen nach langer Zeit mal wieder angehört habe: also trivial hin und trivial her, das Hörspiel finde ich immer noch sehr spannend, ungewöhnlich erzählt, toll inszeniert und gesprochen... für mich ein absoluter Hörspieltraum! Doch gerade über den Autor lässt sich leider immer noch nicht auch nur irgendetwas herausfinden. Freunde des englischen Kriminalhörspiels werden bei John B. Walter auf ihre Kosten kommen heißt es im Covertext. Aber das heißt natürlich nicht zwingend, dass es sich bei MORD IM TUNNEL um ein englisches Hörspiel in deutscher Übersetzung handelt... Aber hier scheint tatsächlich alles möglich, denn rein gar nichts ist bekannt.

    Plattenspieler ausmotten: Es gibt wieder neue Hörspiele auf Vinyl! Juhu, die Hörspielwelt wird wieder eine Scheibe! 8o

    Einmal editiert, zuletzt von Rudolf Platte (16. Februar 2023 um 11:49)

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