Nachdem die von Oliver Döring vertonten "Gespenster-Krimis" nach nur sechs Folgen trotz hoher Qualität und beängstigender Akustik eingestellt wurden, kam lange Zeit nichts mehr - bis eines Tages in einem Hörspielbooklet Werbung für die neuen "Gespenster-Krimis" von Contendo Media und Audionarchie gemacht wurde. Zwei junge aber profilierte Hörspiellabel, die die Erwartungen durch bereits veröffentlichte Referenzprodukte nicht gerade niedrig hielten...
Markus Topf ist ja im Hörspielbereich mittlerweile schon bekannt wie ein bunter Hund. Und das ist nicht negativ gemeint, sondern durchaus mehr als positiv. Von "Leon Kramer" über "Freelancer" bis hin zu "Pollution Police" und "Mord in Serie" lieferte er bereits viele Hörspielskripte ab und konnte stets durch spannende Geschichten überzeugen. Die beiden produzierenden Label konnten ihn nun für das Comeback der "Gespenster-Krimis" verpflichten. Im vorliegenden Hörspiel verwandelte er den Roman "Mörderbäume" von Horror-Altmeister Earl Warren in ein lebendiges Buch. Die Beschreibungen und Dialoge wirken lebendig, einzig ein paar durch die Hauptperson übernommene Erzählparts schrauben in einer bestimmten Szene die Spannung herab. An einem Skelett knabbernde Ratten wirken einfach bedrohlicher, wenn diese Geschehnisse von einem Erzähler wie Jürgen Holdorf geschildert werden und dabei im Hintergrund die Geräusche zu vernehmen sind, als wenn dies die Hauptfigur wie in diesem Hörspiel übernimmt. Durch fantasievolle Beschreibungen und Begebenheiten wie z.B. das Aufeinandertreffen von Vera und Edward glaubt man sich zweitweise in einem Fantasy-Hörspiel.
"Horror-Hörspiele mit Starbesetzung". So wirbt man u.a. auf dem Backcover des Hörspiels. Zu sagen, man hätte diese Bewerbung "eingehalten", wäre untertrieben. Eine starke Performance legt Christine Pappert an den Tag. Sie ist in der Rolle der Vera Lorrimer und somit in der Titelrolle zu hören. Sie klingt genau, wie ihre Rolle beschrieben ist: eine toughe, ehrgeizige und emanzipierte junge Reporterin, die sich durch nichts so schnell aus der Ruhe bringen lässt. Vielen dürfte Christine Papperts Stimme wohl eher als die der "Carrie" in "King of Queens" bekannt sein. Dennoch steigt die Zahl ihrer Hörspielauftritte zunehmend rapide an. Als Erzähler fungiert Jürgen Holdorf. Eine vortreffliche Wahl, wie ich finde. Ich würde es begrüßen, ihn noch öfter in den kommenden Folgen als Erzähler zu hören, denn er scheint dafür wie geboren. Während das Urgestein Jürgen Thormann eine grandiose Darbietung als böser Achaz abliefert, stört Helmut Krauss etwas. Er spielt McDowell relativ gelangweilt, was mich etwas verwundert hat. Uve Teschner weiß in seiner Rolle als Edward Mackintosh sehr zu überzeugen. In weiteren Rollen sind Volker Brandt, Tobias Kluckert, Christian Rudolf, Daniel Faust, Peter Weis, Max von der Groeben, Nina Mölleken, Jannik Endemann, Ulrike Hübschmann, Elga Schütz und weitere zu hören. Wie man sieht und hört, ist die Auswahl gut getroffen und man kann alles in allem mit der Besetzung und auch mit der Regie mehr als zufrieden sein.
Marcel Schweder ist der Mann hinter dem akustischen Kleid des Hörspiels: Schottische Klänge und vor allem mysteriöse düstere Musik. Hier merkt man genau, dass ein Mann von Fach am Werke war.
Dass man sich designerisch am Layout der "damaligen" Generation der Gespenster-Krimis halten würde, war eine logische Schlussfolgerung. Hier hat man geringfügig angepasst, was aber kaum auffällt. Das absolut ansprechende Titelbild des Baumgeistes hat Kito Sandberg entworfen. Gefällt mir wirklich gut. Im Booklet findet sich ein Interview mit Earl Warren. Daneben gibts Werbung für die zwei Serien von Contendo Media (Mord in Serie, Team Undercover) und natürlich eine komplette Cast-Liste.
Einen extra Unterpunkt möchte ich hier der Laufzeit des Hörspiels und der damit verbundenen Technik widmen. Auf dieser Hörspiel-CD befindet sich ein "Maximal" an Hörspiel. Über die sehr gute Qualität des Hörspiels habe ich ja bereits in den vorhergehenden Absätzen geschrieben. Während auf normalen CDs Platz für maximal 80 Minuten ist, hat das Produktionsteam etwas mehr Geld in die Hand genommen und hochwertigere CD-Rohlinge bezahlt, um ganze 87 Minuten zu liefern - so lang wie ein Spielfilm! Weder mein PC-Laufwerk, meine Stereoanlage noch mein Autoradio hatten Probleme mit der CD. Scheint also überall normal zu laufen.
Fazit: Summa summarum ist dem Team um Contendo Media und Audionarchie ein ansprechendes Comeback der beliebten Gespenster-Krimi Hörspiele gelungen. Bis auf die ins Fantasygenre wurlzenden Beschreibungen und ein paar unnötige Selbstgespräche gibt es nichts zu bemängeln. So kann ich nur sagen: Danke, dass die richtigen Label Hand an ein Comeback gelegt haben! Dadurch ist meine Erwartungshaltung an weitere Folgen allerdings nicht gerade gesunken!