Nach einer kurzen Schaffenspause während des Sommermonats August möchte ich mich im September mit einer neuen Ausgabe meiner Hörspielkolumne "Gedanke eines Hörspielfans" zurück melden. Ich möchte diesmal über den Mut der Hörspielbranche, aber auch die Skepsis der Szene im Allgemeinen plaudern. Wir haben hier im Hörspieltalk eine Reihe von interessanten threads in denen wir sehr oft mit Ideen konfrontiert werden, die "neu" sind oder die sich zumindest von dem normalen und typischen Hörspielallerlei unterscheiden. Die Reaktionen darauf sind zumeist negativer Natur. Wir reagieren skeptisch und glauben nicht daran. Warum eigentlich geben wir "Neuem" keine Chance? Sind wir alle schon so in unserem gewohnten Fahrwasser unterwegs, dass wir vielleicht gar keine neuen Wege versuchen bzw. begehen wollen? Wo sind eigentlich Bill Gates, Steve Jobs oder Dietrich Mateschitz unserer Szene zu finden? Gibt es sie nicht, kann man in der Hörspielbranche keine "Revolution" hervorrufen und mit einer neuartigen Technik, Modeerscheinung, Werbung oder Finanzierungsmöglichkeiten alles bisher Dagewesene verändern und in den Schatten stellen?
In den letzten Monaten wurde hier besonders in den threads Ankündigung Hörspielbuch "Die Verhöre der Gesche Gottfried" mit Ariane Seeger, David Nathan, Roland Hemmo u.v.a. und Neue Gruselserie von Studio Hörsturz über Finanzierungsmöglichkeiten diskutiert. Das Zauberwort heißt crowdfunding. In vielen anderen Freizeitbereichen wie Film und Computerspiele hat diese Form der Finanzierung bereits erfolgreich Einzug gehalten und Produktionen ermöglicht, die sonst nie zu realisieren gewesen wären. Auch im Hörspielbereich gibt es bereits die eine oder andere erfolgreiche Aktion. Trotzdem wird fast jede dieser vorgestellten Finanzierungsmodelle mit sehr viel Skepsis begegnet. Wäre nicht Zuversicht und Freude über ein mögliches tolles Hörerlebnis, das wir anders nicht erlebt hätten, ebenso angebracht? Hörsturz hat es allen Unkenrufen zum Trotz geschafft seine Serie zu starten. Im nach hinein betrachtet "schade" dass man es dem Label bereits im Vorfeld so schwer gemacht hat und nicht ein klein wenig positiver darauf reagiert hat.
Auch den neuen Medien und deren Verbreitung wird sehr viel Skepsis entgegen gebracht. Gerade von "Kassetten-Dinosaurier" wie ich einer bin. Von daher muss gerade ich mich an meiner eigenen Nase nehmen und versuchen für neue Medien und mediale Verbreitungsmöglichkeiten offener zu sein. Wir haben auch hierzu einen interessanten thread im Talk Tritt MP3 die Nachfolge der CD als Medium für Hörspiele an? in dem neben den jungen, modernen Hörer/innen auch viele ältere Talker, wie ich einer bin, zu Wort kommen, die mit den neuen Errungenschaften im Hörspielbereich nur wenig anfangen können. Gerade in dieser Beziehung bewege ich mich nur sehr träge und langsam, aber auch ich versuche mich nach und nach mit download und MP3 anzufreunden. Ein sehr schwerer Gang, der noch seine Zeit braucht. Trotzdem wünsche ich mir persönlich, dass ich und auch viele andere Alt-Hörer versuchen dem ganzen etwas offener zu begegnen.
Als letztes großes Beispiel für unsere gemeinsame Skepsis allem Neuen gegenüber möchte ich auf unsere threads verweisen, bei denen es um Werbung und Werbemöglichkeiten geht. Fast jeder Vorschlag wurde in der Vergangenheit mit einem "das geht nicht" abgeschmettert. Manchmal wäre eine "Probieren geht über Studieren" - Mentalität doch angebrachter, oder? Dabei haben wir gerade hier im Hörspieltalk bereits eine Fülle von sehr guten Ideen, die eigentlich nur darauf warten einmal ausprobiert und versucht zu werden. Es wäre schade, wenn sie nur als Ideen in einem Forumsthread versauern würden und niemand den Mut hat, diese auch einmal in der Praxis auszuprobieren. Nachzulesen gibt es diese unter anderen hier: Helft mit beim Projekt Zero....Hörspiel-Stream kostenlos auf YouTube oder Was sind/waren die bemerkenswertesten PR-Aktionen von Hörspiellabels? oder Gute und schlechte Werbung
Zum Abschluss möchte ich noch einmal auf die Anfangs gestellte Frage zurückkehren. JA - sowohl der Branche als auch der Szene fehlt in vielen Situationen der Mut etwas neues zu probieren. Trotzdem gibt es die Mutigen, da draußen, die sich wie Don Quichote gegen die skeptischen Windmühlen stemmen und versuchen etwas Neues zu starten. Es wäre schön wenn wir diesen in der Zukunft das Leben nicht nur schwer machen würden, sondern ein wenig offener und zugänglicher begegnen könnten. Wer weiß vielleicht wäre dies die Geburtsstunde eines Bill Gates, eines Steve Jobs oder eines Dietrich Mateschitz der Hörspielbranche. Und in einem sind wir uns sicher einig: Die Hörspielbranche könnte auf alle Fälle mehr Aufmerksamkeit gebrauchen, als sie es aktuell hat. Diese werden wir nicht bekommen wenn wir nur auf alten und ausgetretenen Pfaden wandeln. Dazu müssen neue und innovative Wege gegangen werden und zwar Branche und Szene Hand in Hand. Wäre das nicht schön?!
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