Die drei ??? Folge 67 - Das Geheimnis der Särge (1996) - Rezension

  • Blautopf, Geisterhöhle..ach allein damit hätte man die ganze Folge füllen können. Schon der unheimliche Einstieg des nüchternen Fernsehsprechers im Hintergrund über die toten Kletterer, Bobs Kommentar zu den Zinksärgen..dazu die technoid-bedrohliche Musikuntermalung, sinistres Mentalkino. Das passt alles wunderbar und die kreidehaltige Erkundigung der Echo-Höhle samt ersten Auftritts der laughing woman Eberle ist schön schaurig, auch 28 Jahre später noch. Diese Folge gehörte als Kind immer zu meinen "Angstepisoden" im DDF-Universum. Sie hat etwas seltsam bedrückendes, packendes, magisches. Die anziehende Machtfülle der nebelumschlungenen Höhlenlabyrinthe und ihrer düsteren Geheimnisse, Bobs Schrei ob der vermeintlichen Leichen, schon das Cover an sich. Hier bekommt man es mit einem Atmosphärenmonstrum zu tun, das nachts durch die engen Gangstrukturen der Höhlentempel schleicht.

    (Kurze Ausschweifung: Ich habe mich deshalb auch so auf die Folge "die schweigende Grotte" gefreut/war interessiert, weil ich mir eine 2021er-Fassung der Höhlenthematik gewünscht hatte, die für mich zwar anders, aber dennoch halbwegs zufriedenstellend präsentiert wurde, inklusive wunderbar nostalgisch gewählten Musikstücken aus den "Musikpiraten". "Der Kelch des Schicksals" konnte mit dem im Verlauf später einsetzenden Höhlensettings leider weniger überzeugen, viel zu unspektakulär und bar jeder mysthischen Atmosphäre)

    Diese bekommt man in den Särgen jedoch zuhauf, gerade in der ersten Hälfte in der reizvollen Kulisse der Schwäbischen Alb mit verträumt-versifften Gasthäusern, morschen Holztüren und malerischen Natur-Panoramen. Seien es die klaustrophobisch inszinierten Touren durch die stetig pluckernden Tropfsteinhöhlen mit verschlungenen Felssystemen, das akustisch fantastisch ausstaffierte Kloster Zwiefalten mit seiner auf Schienen wandelnden Bruderschaft, die sich in Ruhepausen mit lässigen Sonnenbrillen posend auf lauschigen Bänken zurückzieht, nur um amerikanischen Jungdetektiven irre verwickelte Familiennamenstrukturen zu verdeutlichen. Was das soll, weiß wohl nur die schöne Helena oder Pater Brown. Die apfelsaftgetränkten Speckbrotorgien im Wirtshaus mitsamt im Schmeißfliegenschwarm verschwindenden Aushilfsköchen, die sich selber Kommandos zubrüllen, bleiben genauso in wohliger Erinnerung, wie die sich in sekundenbruchteilen umziehende Miss Eberle. Louis de Funes in seinen Gendarmenfilmen stand da wohl Pate.

    Auch schön, die wohl kürzeste Führung aller Epochen durch die Wiener Unterwelt, die vorallem dem Geldbeutel der Besucher das Fürchten lehrt. Aber Hauptsache mit Obermotz Mylna ein bisschen um ein paar Glaskästen schleichen. Sidekick Alexandra, noch groß in den ähnlich atmosphärisch produzierten "Schattenmänner" eingeführt, verkommt hier zum Quotenschwaben und Stichwortgeber, so richtig Sinn macht ihre wiederkehrende Rolle (abseits der zeitlich logischen Fortsetzung der Europareise) nicht, aber Sinn wurde hier schon länger in die titelgebenden Särge gesteckt und irgendwo unter der Sontheimer Höhle verbuddelt. Das Finale im eindrucksvollen Stephansdom wird trotz immens langer Anfahrt und vorherigen Rätseleien im Eiltempo durchgepeitscht, kurzes knorriges Auftreten der allwissenden Polizeibrigaden, Justus' Gruselspruch, Lachsalven. Fertig. Der Hörer fragt sich zwar noch, wer hier was mit wem gemauschelt hat, wie das Schmuggelgut denn überhaupt transportiert wurde und wie die Heiligenfigurenentführungskommandos nun wirklich ihr Business machen, allein schon ob der verräterischen Augen von Brother Benedikt.. Müller, Mylna oder Mynah. Alles Klar? Nein? Dann bekommt man dennoch ein temporeiches, außerordentlich unterhaltsames Hörspiel mit Topsprechern und einer ganz eigenen Atmosphärendichte.

    3 Mal editiert, zuletzt von DySFunCtiON (12. April 2024 um 13:24)

  • Das war in meiner Erinnerung die erste Folge nach meiner mehrjährigen ???-Pause nach der Folge 57. Als Teenager in der Schule haben mich Hörspiele eine Zeit lang nicht mehr interessiert, das kam eigentlich erst wieder in der Ausbildung ab 1998/1999 und meinen täglichen 2-3h Fahrt zur Ausbildungsstelle. Da war dann (notgedrungen) wieder Zeit und Interesse für Hörspiele.

    Da ich damals auch schon über 20 Jahre alt war, hab ich die Folge als nicht so unheimlich empfunden. Aber grade eine auffällige Stimme wie die von Michael von Rospatt für die Rolle der Babette Eberle zu nehmen war schon wirklich kurios. Ist nun mal so!

    Im Großen und Ganzen war die Folge für mich damals ein Kulturschock, sie war mir "zu deutsch". Da merkte ich dann schnell, dass sich bei den ??? noch einmal etwas grundlegend geändert hatte, nachdem ja die 40+ bzw. Crimebusters ein paar Jahre davor schon ganz anders waren. Das Ende kam mir zu überhastet und passte für mich auch nur wenig zu der Höhlenthematik. Vielleicht weil ich das Schmuggler-Thema bei den 5 Freunden in meiner Kindheit erschöpfend oft mitbekommen hatte.


    Zur "Schweigenden Grotte" hatte ich mir auch viel mehr erhofft, aber eher noch beim Geisterbunker. Das hätte auch so eine unheimliche atmosphärische Höhlen-/Stollenfolge sein sollen.

  • Zur "Schweigenden Grotte" hatte ich mir auch viel mehr erhofft, aber eher noch beim Geisterbunker. Das hätte auch so eine unheimliche atmosphärische Höhlen-/Stollenfolge sein sollen.

    Der Geisterbunker polarisiert schon ob seiner langen Vorlaufzeit, bis die drei ??? überhaupt am titelgebenden Bunkerkomplex ankommen. Es wird viel Zeit mit der Vorstellung der Vertreterin Cottas, Kommissarin Merryweather, der taffe Großstadtcop in der Provinz, verbraucht, was zwar storymäßig übergreifend Sinn macht, aber zu sehr das Tempo drosselt, obwohl ich diesen neuen Charakter schon recht "cool" fand ("Ich komme aus Los Angeles. Da gehts um Entführungen, Mord und Todschlag. Das ist meine Welt"). Auch geraten die drei auch nur in die Geschehenisse, da sie direkt von Merryweather, die keine Lust auf diesen Fall hat, beauftragt werden, also komplett im Sinne der Polizei handeln :P

    Die Bunkersequenzen selbst fand ich dann aber schon atmosphärisch stark, zumindest die Anfangsszenen auf dem spätabendlichen, felsigen Weg zum Eingang, die bleierne Stille und das allesdurchdringende Dunkel im Inneren, welche durch die sonderbar blechern tönenden "Geisterstimmen" durchzuckt werden..hab ich beim ersten Mal zwar kaum gehört, weil irgendwie zu leise abgemischt, aber okay...;)


    D A S macht schon Lust auf mehr, geht aber dann zumeist unter in zu schneller Auflösung des mysteriösen Geschehens und vieler Laberrunden gepaart mit den obligatorischen Rätsel/seltsamer Gegenstand-Allüren.

    Hatte dennoch meine Freude an den kleinen, feinen Spukmomenten und dass sich ein recht eindimensionaler Ganove als alte Bunker-Frau ausgibt, hatte zumindest etwas leicht skuriles.

    Im Sog der Höhlenmystik fühlt man sich jedoch absolut nicht, da hast du recht

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