Rezension "114 Etagen" von WOLFY-OFFICE

  • 114 Etagen


    Inhalt: Präsentationstag in der Firma „Wolfy-Office“. Zwei Teams, zwei mögliche Projekte. Nur ein Team bekommt die Zusage vom CEO und beide Teams sind bestens vorbereitet um ihr Projekt durchzuboxen.

    Der Aufzug zur Chefetage in der 114. Etage wird betreten und alles ist vorbereitet. Es kann nichts mehr schiefgehen... oder?

    Regie: Thomas Plum und Kim Jens Witzenleiter
    Schnitt/Sound Design: Christoph Walter
    Improvisation Coaching: Henrike Tönnes
    Sprecher: Kim Jens Witzenleiter, Chiara Haurand, Kevin Kasper, Thomas Plum, Henrike Tönnes, Mariano Skroce, Philip Bösand, Sara Wegner, Pia-Rhona Saxe, Saskia Haisch, Christoph Walter, Ron Kliehm, Marc Chardon, Jonas Wiedehage, Nina-Carissima Schönrock, Thomas Hünerfeld, Lisa Cardinale

    Persönliche Meinung: In fast jeder Rezension über eine Produktion aus dem Hause WOLFY-OFFICE starte ich damit, dass die Macher mit einer Überraschung aufwarten. Auch bei 114 Etagen muss ich diese Phrase zu Beginn los werden. 2021 hatte man mit dem Hörspiel 113 bzw. 113 WOLFYAPP einen überraschenden Erfolg bei der Hörerschaft und konnte dabei den Hörspieltalk-Publikumspreis einheimsen. 114 Etagen schließt auf gewisser Art und Weise daran an und möchte hier sogar noch eins drauf setzen. Im September 2022 traf sich das eingespielte WOLFY-OFFICE Team im schönen Gangelt. Genauer gesagt gab es unter dem Coaching von Henrike Tönnes einen Improvisation-Workshop im Garten der Familie Plum. Doch damit nicht genug. Christoph Walter baute die "plumsche Garage" kurzer Hand zu einem Impro-Studio um. Somit durften sich die Sprecher in 2 Gruppen mit einigen wenigen Vor- und Angaben ausgestattet in einem Art "Stegreifspiel" probieren. WOLFY-OFFICE nennt es ein Impro-Hörspiel. Die Bezeichnung passt, denn alles wurde in einem einzigen Take aufgenommen. Mit diesen Informationen habe ich mich nun aufgemacht gemeinsam mit den Sprechern und Sprecherinnen in den Fahrstuhl zu steigen und in die 114 Etage zu fahren. Vorweg es war alles andere als ein alltägliches Hörspiel.

    Story: GUT – Diese Geschichte wird polarisieren. Hat sie eine Handlung? Oder hantelt man sich einfach von einer Situation zur nächsten Situation. Ist die Story auf Grund der vielen kleinen und größeren Geschehnisse abwechslungsreich und unterhaltsam oder tut sich im Grunde 55 Minuten lang praktisch gar nichts und muss man sich langweilen?
    Ich denke hier wird es nicht nur eine Meinung geben. Dies war ja bereits bei 113 WOLFYAPP der Fall. Nur werden hier manche Hörer zu Recht sagen, dass man es hier mit der Improvisation übertreibt. Weder Hörer noch die Sprecher wissen zu Beginn wohin die Reise gehen wird und wie es ausgeht. Wir haben einen Stecken gebliebenen Fahrstuhl, ein geheimnisvolles Klopfen, ein Licht, das mal aus und dann wieder angeht, eine seltsame Notrufstimme, sogar Wasser, das von der Decke tropft. Unsere Protagonisten versuchen trotz des Stressfaktors, man ist schließlich eingeschlossen und weiß nicht wie, wann und ob man jemals wieder rauskommen kann, weiterhin am Projekt festzuhalten. Es wird trotz der Schwierigkeiten mit dem Fahrstuhl daran festgehalten über das Projekt zu diskutieren und sich auf die geplante Präsentation vorzubereiten. Dabei zeigen die eingeschlossenen Teammitglieder verschiedenste Reaktionen. Man erlebt Angst, Zwistigkeiten, körperliches Unwohlsein, Unsicherheit, sogar Angst und eine Liebeserklärung. Trotz der relativ kurzen Laufzeit bekam man Milieustudie, Sozialdrama, Komödie und sogar Mystery geboten. Diese Melange gepaart mit reiner Improvisation mag nicht jedem gefallen. Ich selbst fand es durchwegs spannend und habe bis zum Schluß gelauscht wie und was am Ende passieren wird. Doch gerade das Ende hat mich nicht vollends überzeugt. Hier hätte ich mir eine größere Überraschung und Wende für uns Lauschende gewünscht. Damit konnte man jedoch nicht dienen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte ich für mich begeistert aufgeschrieen und von einer ähnlichen Knallergeschichte wie der Vorgänger 113 gesprochen. So war es dann letztlich nur eine gute improvisierte Geschichte.



    Sprecher: SEHR GUT – Die Sprecher geben sichtlich ihr Bestes. Jede und jeder versucht seiner Figur das gewisse Etwas zu verpassen. In knapp 50 Minuten erleben wir Menschen mit Ecken und Kanten, die mal ängstlich, mal hysterisch, mal witzig und mal provokant auftreten und gekonnt aufeinander reagieren. Dies ist nämlich in einem solchen Stegreifspiel alles andere als einfach. Niemand macht nur einfach sein Ding. Im Gegenteil, es ist ein klassisches Dialog-Pingpong, in dem man sich Bälle zuspielt und niemand weiß wie das Gegenüber und die Gruppe reagieren wird. Dazu braucht es ein hohes Maß an Kreativität und Einfühlungsvermögen. Und unsere Sprechercrew bringt diese geforderten Attribute auf eindrucksvolle Art und Weise zu Tage.

    Musik: Ohne Wertung – Man verzichtet hier gänzlich auf Musik. Diese hätte wohl den Fluß der Geschichte gestört, da man ja alles in einem Take aufgenommen hat.



    Technik/Ton Gut – Es war sicherlich alles andere als einfach aus einer Garage einen Fahrstuhl zu zimmern und diesen auch danach klingen zu lassen. Es spielt sich vieles in der Phantasie des Zuhörers ab, toll, bei mir hat es funktioniert. Geräusche wie Klopfen oder tröpfelndes Wasser bekommen durch die spärliche Geräuschkulisse eine viel stärkere Bedeutung. Einzig die Notrufstimme gefiel mir vom "Klang" her nicht. Diese hätte man aus meiner Sicht technisch besser verfremden müssen. Dies war aber wahrscheinlich auf Grund der "Liveaufnahme" in der Garage nicht möglich.

    Ausstattung: GUT – Das Hörspiel liegt in 2 Versionen vor. Es gibt die Deluxe Version für digitale Käufer, die zwei Wochen vor der Streamingversion erscheint. Sie beinhaltet neben dem Hörspiel ein schön gestaltetes PDF-Booklet mit einigen Fotos und Hintergrundinformationen sowie zwei Aufnahme Spuren in voller Länge. Dafür Daumen hoch! Die später erscheinende Streamingversion beinhaltet das Hörspiel.

    Gesamt: GUT – Das WOLFY-OFFICE Team hat wieder alle Register seiner Kreativität und seines Einfallsreichtums gezogen. Der Hörspielliebhaber beschreitet absolutes Neuland. Weder die Hörerschaft noch die Sprechercrew weiß mit dem Drücken der Play-Taste wie das Hörspiel zu Ende gehen wird. Eine mutige Produktion, die sich in meinen Augen und Ohren auf jeden Fall gelohnt hat und nur am Schluss einen Ticken mehr Kreativität und Courage verdient hätte!

    Fazit: Die Hörspielszene bekommt mit 114 Etagem nicht mehr und nicht weniger als das erste kommerzielle Improvisationshörspiel, das ich kenne geboten. Applaus für Idee, Mut und Sprecherleistungen!

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

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