Blick zurück (Teil 17) - DIE NIBELUNGEN EINE HELDENSAGE von KIOSK

  • Die Veröffentlichung von „Der Thron der Nibelungen“ hat mich dazu motiviert auch mal wieder in eine ältere Version dieses Stoffes zu hören. Geworden ist es die 8-teilige KIOSK Produktion „Die Nibelungen - Eine Heldensage“. Ich hatte diese Fassung vor Jahrzehnten zum ersten Mal auf Kassette gehört. Später habe ich dann auf CD die Box erstanden. Heute gibt es das Hörspiel sogar im Stream. Mein damaliger Eindruck war eher durchwachsen. Wie wird es mir heute gefallen?


    Siegfried, der Drachentöter (1) BEFRIEDIGEND
    Siegfried, der junge Held aus Xanten, zieht in die Welt, um seine neue Ritterwürde zu beweisen. Er gewinnt den streitbaren ehemaligen Mönch Aegidius zum Freund und Knappen. Jetzt fehlt nur noch das große Abenteuer. Da hören beide vom sagenumwobenen Nibelungenland. Dort wollen sie hin. Weder der listige und starke Zwerg Alberich, noch der Drache Schilbung können sie abhalten.

    Da ist sie nun. Die erste Episode rund um Siegfried, dem Drachentöter. Im Schnelldurchlauf erfährt man seinen Werdegang vom Kind zum jungen tatenkräftigen Mann. Er macht sich auf Abenteuer zu erleben. Und diese bekommt er zuhauf. Im Nibelungenland hat er alle Möglichkeiten sich als Kämpfer zu beweisen. Die Handlung kommt ähnlich wie bei der von mir sehr geschätzten KIOSK-Serie rund um Odysseus mit einer Reihe von humorvollen Szenen und Situationen daher. Diesmal legt man für meinen Geschmack einen Ticken drauf. Fast möchte man von Klamauk sprechen.
    Ich selbst fand die Auftaktfolge eine Spur zu gehetzt. Dazu waren mir manche Gags zu übertrieben. Die Geräuschkulisse ist in manchen Szenen gewöhnungsbedürftig. So klang der Drache alles andere als ein Drache sondern eher wie ein kaputtes Musikinstrument. Die Sprecher hingegen sind über jeden Tadel erhaben. Siegfried wird von niemand Geringerem als Lutz Riedel gesprochen. Ihm zur Seite wird mit Andreas Mannkopff als treuer Knappe Aegidius eine tolle und bekannte Stimme gestellt. Doch damit nicht genug. Harry Wüstenhagen, Heinz Rabe und viele weitere bekannte Namen und Kino- und TV-Filmen sind zu hören. Der Auftakt macht der großartigen Interpreten durchaus Spaß, die Inszenierung selbst gefiel mir nur bedingt.


    Zwerge und Könige (2) GUT
    Siegfried hat im sagenumwobenen Nibelungenland die ersten großen Heldentaten vollbracht. Mit dem Schwert Balmung tötete er den fünfköpfigen Drachen und badete in dessen Blut, um unverwundbar zu werden. Auch den tückischen Riesen Nibelung konnte er bezwingen. Nun hat er den härtesten Gegner vor sich: Zwerg Alberich, den Hüter des Nibelungenschatzes.

    In der zweiten Episode geht es schon ordentlich zur Sache. Siegfried hat einen Kampf nach dem anderen zu absolvieren. Handlung und Wortwitz sagen mir diesmal deutlich mehr zu. Der Klamauk hält sich für mein Dafürhalten in Grenzen. Wie der Name sagt lernt Siegfried in der ersten Hälfte des Hörspiels die bösartigen Zwerge kennen. Danach bekommt er es mit König Gunther, gesprochen vom großartigen Peter Schiff und Hagen von Tronje, gesprochen vom nicht minder großartigen Joachim Kerzel zu tun. Der Hörer lernt nun auch Kriemhild kennen, die im weiteren Verlauf der Nibelungen-Sage eine nicht unbedeutende Rolle spielen sollte. Sie wird von der in meinen Ohren etwas „blassen“ Maren Kroymann gesprochen. Natürlich darf man den Erzähler nicht vergessen. Es ist ein KIOSK-Urgestein mit Namen Joachim Nottke. Ich höre ihn sehr gerne. Folge 2 gefiel mir schon besser als die 1. Jedoch sei hier nicht unerwähnt gelassen, dass am Beginn immer eine Art Zusammenfassung und am Ende des Hörspiels ein Vorausblick zu hören ist. Wenn man sich die Kommentare zur Serie durchliest, dann wird bemängelt, dass eine Episode durch „Vor- und Abspann“ zu kurz wäre. Und dass jeweils noch auf einer CD. Diese Kritik kann ich durchaus nachvollziehen. Davon ab war ich von Episode 2 angetan.


    König Gunther wird munter (3) BEFRIEDIGEND
    Im Nibelungenland hat Siegfried gefährliche Abenteuer erlebt. Er tötete den Drachen Schilbung, bezwang den Riesen Nibelung und besiegte den mächtigen Zwerg Alberich. Aber seit er die schöne Kriemhild gesehen hat, kennt er nur ein Ziel: Er möchte die Schwester des Königs zur Frau. Doch Gunther ist damit nicht einverstanden. Er will erst Königin Brünhild von Island gewinnen.

    Siegfried war bis dato als Abenteurer, Kämpfer und Held charakterisiert. In dieser Episode kommt eine weitere Eigenschaft hinzu. Siegfried als einfacher, verliebter Mensch. Er möchte Kriemhild zur Frau. Gunther möchte ihm Kriemhild jedoch erst zur Frau geben, wenn er selbst verheiratet ist. Die Geschichte plätschert so dahin. Es wird gesungen, es wird mit „alter höfischer Zunge“ gesprochen und viel geflaxt. Noch sieht es danach aus, als ob Siegfried zwar jede Menge Hindernisse zu seinem Glück überwinden muss, aber er letztlich als großer strahlender Sieger aus der Hörspielserie hervorgehen wird. Das Sprecher-Ensemble ist weiterhin beeindruckend und spielt sich gekonnt die „Dialog-Bälle“ zu. Trotzdem empfand ich das eine oder andere als zu klamaukig und manchmal auch anstrengend. Eine klassische Zwischenfolge, die man für die große Rahmenhandlung braucht, die einem selbst aber nicht großartig begeistern kann.


    Der Kampf der Könige (4) GUT
    Siegfried, der Drachentöter, wurde durch seinen Sieg über den mächtigen Zwerg Alberich Besitzer der Tarnkappe. Um die schöne Kriemhild zur Frau zu bekommen, segelt er nun mit König Gunther von Burgund nach Island. Gunther will sich die starke, männermordende Königin Brünhild erkämpfen. Doch allein kann er es nicht schaffen. Siegfried muss ihm helfen.

    Brünhild erweist sich als starke und emanzipierte Frau. Gunther ist ihr in jeder Hinsicht unterlegen. Doch er muss 3 Prüfungen schaffen, um sie ehelichen zu dürfen. Siegfried wendet eine List an, greift zur Tarnkappe. Eine Episode, die abwechslungsreich und spannend verläuft. Auch wenn man als Kenner der Geschichte weiß, wie alles endet, machte es mir Spaß hier zu lauschen. Die kurze Laufzeit verging wie im Flug. Evelyn Meyka spricht die Brünhilde. Man nimmt ihr als Zuhörer die Stärke und ihre Kraft vollends ab.


    Die Königin spielt falsch (5) SEHR GUT
    Siegfried, Sieger in sagenhaften Kämpfen und Herr der Nibelungen, hat für König Gunther im Wettstreit die schöne Brünhild von Island bezwungen. Zur Belohnung soll er Kriemhild, die Schwester Gunthers, zur Frau erhalten. Doch noch ist es nicht so weit. Neue Gefahren drohen: Königin Brünhild will die Hochzeitsfeier mit Gunther zur Totenfeier für die Helden aus Burgund werden lassen.

    Trotz des vermeintlichen Sieges des Duos Gunther und Siegfried ist nicht alles eitel Sonnenschein. Während Gunther an der Redlichkeit der Königin nicht zweifelt, haben Hagen und Siegfried recht rasch erkannt welche Intentionen hinter der von Brünhild verordneten 10 Tages-Pause bis zur Bekanntgabe der Hochzeit tatsächlich steckt. Doch wie immer weiß Siegfried Rat. Er flüchtet gemeinsam mit Ägidius heimlich mit Hilfe der Tarnkappe von Island fort und holt sich Verstärkung aus dem Nibelungenland. Doch Alberich will vorerst nicht helfen. Auch diese Episode kann mich voll auf begeistern. Die Spannungen zwischen Brünhild und der Burgunder Gesellschaft motivieren zum Hören. Diese Unsicherheit was passieren wird, steigert sich bis zum großen Folgen-Finale. Dabei gibt es ein Wiederhören mit Journalist und Schreiber aus der ODYSSEUS-Reihe. Wieder werden sie von Erwin Schastok und dem allseits bekannten Wilfried Herbst gesprochen. Sie unterstützen den Erzähler und berichten von den Geschehnissen auf witzige Art und Weise.


    Die Doppelhochzeit (6) SEHR GUT
    Siegfried hat sein großes Ziel noch nicht erreicht. Noch immer hat König Gunther sein Versprechen nicht erfüllt und ihm seine Schwester Kriemhild zur Frau gegeben. Der schwache König weiß nicht, wie er seiner stolzen Gattin Brünhild erklären soll, dass Kriemhild durch die Hochzeit mit Siegfried ihr ebenbürtig wird. Der Keim einer unheilvollen Feindschaft ist gesät.

    Schwierigkeiten auf allen Ebenen kennzeichnen diese Folge. Siegfried wartet immer noch auf die endgültige Zusage von König Gunther Kriemhild heiraten zu dürfen. Gunther wiederum kann sich in seinen eigenen 4 Wänden nicht gegen die starke Brünhild durchsetzen und wird von ihr gedemütigt. Brünhild wiederum kommt so manches seltsam vor und beginnt misstrauisch zu werden. Eine weitere sehr interessante und intensive Folge. Trotz dem man sich der diversen Szenen humorvoll nähert, kann man das drohende Unheil spüren. Siegfried wird durch seine Liebe zu Kriemhild immer tiefer in einen Sog von Intrigen und Schwierigkeiten hineingezogen. Mit jeder geleisteten Hilfestellung zieht sich die unsichtbare Schlinge immer mehr um seinen Kopf. Der Hörer erkennt, selbst wenn er über kein Hintergrundwissen über die Nibelungensage verfügt, dass das „Lügengebäude“ nicht mehr lange bestehen bleiben kann. Auch diese Episode knistert nur so von Spannung und gelebten Feindseligkeiten. Man schafft es wunderbar den Spagat zwischen Humor und Ernsthaftigkeit zu transportieren. Die tollen Sprecher nähern sich langsam ihrer Höchstleistung.


    Der Streit der Königinnen (7) SEHR GUT
    Siegfried hat nach heldenhaften Kämpfen, trotz aller Intrigen, endlich sein größtes Ziel erreicht: Kriemhild, die schöne Schwester König Gunthers, ist nun seine Frau. Doch neues Unheil kündigt sich an. Kriemhild erzählt Königin Brünhild, dass sie im Kampf mit Gunther betrogen wurde. Brünhilds Stolz ist zutiefst verletzt. Sie sinnt auf Rache. Hagen von Tronje wird ihr Verbündeter.

    Es kommt, wie es kommen musste. Das von Siegfried gesponnene Lügengebäude bricht in sich zusammen. Kriemhild weiß Bescheid. Brünhild erfährt von wem sie tatsächlich in Island besiegt worden ist. Zudem brüskiert sie Kriemhilde mit einem Gürtel, den Siegfried Brünhild unsichtbar im Kampf im Schlafgemach entrissen hatte und später Kriemhild geschenkt hat. Das Drama ist nun nicht mehr aufzuhalten. Brünhild wendet sich an Hagen. Dieser soll das Problem „Siegfried“ lösen. Dabei wendet er seinerseits eine List an und entlockt der sorgenden Kriemhild das Geheimnis an welcher Stelle Siegfried nun doch verwundbar ist. Eine großartige Folge, die alles bietet ,was ein kurzweiliges Hörspiel bieten sollte. Liebe, Intrigen und Drama. Schade fand ich jedoch, dass man den eigentlichen Tötungsakt nur andeutete. Möglicherweise dachte man, dass man damit die Grenzen des Humorvollen vollends verlassen würde. Andererseits ist es gerade diese Mischung zwischen Drama und Komödie, die diese Serie letztlich zu einem Hörvergnügen gemacht hat.


    Kriemhilds Rache (8) SEHR GUT
    Meuchlings ermordet, liegt Siegfried von Xanten im Dom zu Worms. An der Bahre fordert seine Witwe Kriemhild das Gottesurteil. In Hagen von Tronje erkennt sie den Mörder und schwört blutige Rache. Durch ihre Heirat mit Etzel Königin der Hunnen geworden, kommt sie ihrem Ziel näher. Kein Burgunder wird den Besuch im Hunnenland überleben. Aus der sanften, lieblichen Kriemhild ist eine tötende Furie geworden.

    Die letzte Folge endet so wie wir es aus der Nibelungen-Sage kennen. Kriemhild rächt sich auf fürchterliche und eindrucksvolle Art und Weise, ohne sich selbst dabei zu schonen. Trotz des „Komödien-Status“ der Serie hat Regisseur Ulli Herzog auch dieses sehr brutale Finale auf gelungene Art und Weise inszeniert. Dabei muss man die zu Beginn von mir als „blass“ gescholtene Sprecherin Maren Kroyman wirklich über den grünen Klee loben. Sie gibt eine wunderbare Furie ab und ist auch stimmlich kaum mehr wieder zu erkennen. Großes Sprecherkino. Apropos. Ihr zur Seite steht der noch jung klingende Helmut Kraus als König Etzel. Joachim Nottke, Peter Schiff, Joachim Kerzel, Evelyn Meyka, Andreas Mannkopf und der Rest der Sprecher-Crew geben noch einmal Gas und sorgen für einen krönenden Abschluss.

    Fazit: Was für ein schöner Hörspaß! Ich habe die 8 Folgen sehr genossen, trotzdem mir das eine oder andere nicht so zusagte. Manchmal übertrieb man es mit dem Klamauk und mit den Gesängen! Im direkten Vergleich zu Odysseus zieht man den Kürzeren. Letzteres war allerdings ein wirklicher Meilenstein in der Hörspielkunst für mich! Die Nibelungen-Reihe hingegen war „nur“ eine sehr gelungener Hörspielausflug. Humorvoll und traurig, lustig und tragisch! Ulli Herzog hat diese scheinbaren Gegensätze sehr gut miteinander in Einklang bringen können. Ich muss zugeben, dass diese Geschichte sehr lange in mir nachhallte. Alleine die Tatsache, dass Siegfried, Kriemhild und Hagen immer nur Gutes und Richtiges tuen wollten und dies letztlich genau das Falsche war. Fehler, die sich als tödlich erwiesen haben. Was hätte man anders machen können? Hätte Siegfried anders gehandelt, dann hätte er niemals seine große Liebe bekommen. Aber gerade mit seinen Handlungen hat er sich den Zorn und Wut anderer auf sich geladen. Kriemhild wollte immer nur Siegfried helfen und schützen. Und Hagen hatte immer selbstlos seinem König und seiner Königin gedient. Hier steckt schon jede Menge Drama drin.
    Eine große Freude waren die eingesetzten Sprecher. Das Ensemble kann sich sehen lassen. Musik und Geräuschkulisse hingegen gefielen mir weniger. Die Musik wurde mit der Zeit etwas penetrant und die Geräusche hörten sich manchmal nicht danach an, was sie sein sollten. Stichwort „Drache“. Aber dies sind letztlich nur kleine Kritikpunkte, die mir den Hörspaß nicht mindern konnten. Es war wieder einmal ein sehr schöner Blick zurück in die Hörspielkassettenkinderzeit!

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

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