Weisse Krähe (Marcus Sedgwick / Maria Koschny, Anna Thalbach & Wolfgang Condrus)

  • Titel: Weisse Krähe
    Verlag: Der Audioverlag
    Spielzeit: ca. 205 min, 3 CDs
    Buch: Marcus Sedgwick
    gelesen von: Maria Koschny, Anna Thalbach & Wolfgang Condrus

    Inhalt: Als Rebecca in den Küstenort Winterfold kommt, ahnt sie nicht, was sich dort vor einem Jahrhundert abgespielt hat. Sie weiß nichts über die Experimente des damaligen Dorfpfarrers, die mehrere Menschen das Leben kosteten und nur der Beantwortung einer Frage dienten: Was erwartet uns im Jenseits? Erst durch die rätselhafte Ferelith erfährt Rebecca von der düsteren Vergangenheit des Ortes. Ob auch Ferelith insgeheim das Rätsel des Todes lösen möchte?

    Ich muss zugeben, während der ersten CD habe ich mich noch schwer getan mit diesem Hörbuch. Natürlich bedarf es bei jeder Geschichte erst einer Einführung, die Charaktere müssen vorgestellt werden, keine Frage. Und neben Rebecca hat man es hier durchaus mit einigen sehr seltsamen und gefährlich wirkenden Charakteren zu tun. Es war also schon von Anfang her zu spüren, dass da etwas Großes, etwas Gruseliges im Anmarsch ist. Allerdings gab es für mich keinen Ansatz, aus dem ich hätte schließen können, in welche Richtung es gehen würde. Wie die Handlung im Heute mit der um 1789 herum zusammenhängt. Dafür muss man also Geduld aufbringen. Aber speziell die Szenen im Früher sorgen auch hier schon für den einen oder anderen wohligen Gänsehautschauer, und insgesamt lohnt es sich auch, diese Geduld aufzubringen. Denn ab der zweiten CD wird sehr deutlich, was die beiden Herrschaften anno 17hundertund genau in ihrem Herrenhaus veranstalten. Und ab hier hegt man dann auch schließlich große Zweifel an Ferelith’ Ehrlichkeit und fragt sich, ob nicht auch sie auf irgendeine Art böse ist. Anzeichen gibt es dafür genug und da dabei Orte wie Gräber, verfallene Häuser, düstere Höhlen eine Rolle spielen, ist nun auch aus dem Heute heraus für Grusel und Spannung gesorgt.
    Was die Geschichte besonders macht, das ist die dreigleisige Erzählweise. Man hat hier zunächst eine ganz “normale” Erzählperspektive, die sich hauptsächlich auf Rebecca konzentriert und deren Leben und Erlebnisse beschreibt. Dann gibt es Ferelith’ Sicht auf die Dinge, die entsprechend in der Ich-Form erzählt wird, und zuletzt die Handlung um 1789, in der Dr. von seinen Experimenten mit dem Dorfpfarrer berichtet. Diese drei Sichtweisen trennt Marcus Sedgwick auch sehr sorgfältig. Obwohl man ja meinen könnte, bei drei Perspektiven müsste man sich leicht ein Bild vom Ganzen machen können, ist dies hier bis zum Ende hin nicht der Fall. Es erschließen sich zwar ab einem bestimmten Punkt stetig Zusammenhänge, aber es braucht wirklich bis zum Ende, ehe man ein komplettes Bild gewinnt. Das finde ich bemerkenswert, wie man so präzise trennen kann: schon immer ein wenig zu verraten, aber nie so viel, dass die Spannung zu früh raus sein könnte. Und das Ende hat mich dann noch mal zu richtig überrascht.

    Drei Sichtweisen, drei Sprecher. Eigentlich logisch, und hier auch ausgezeichnet umgesetzt. Maria Koschny fällt der Teil der Erzählerin zu, die Rebecca “im Blick” hat. Mit ihrer ruhigen und warmen Stimme hat sie mir sofort eine angenehme Hör-Stimmung bereitet und ein gutes Bild von Rebecca vermittelt, die es in ihrem Leben bisher nicht leicht hatte, und nun entsprechend eher mäßiger Laune, oft sogar traurig ist. Dank Maria Koschny kommt also auch Rebeccas Gefühlsleben gut rüber. Anna Thalbach übernimmt Ferelith’ Blickwinkel und mit ihrer markanten und ungewöhnlichen Stimme, passt sie auch gut zu diesem speziellen und ungewöhnlichen Charakter. Zudem schwingt bei ihr immer dieser gewisse Unterton mit, der einen zweifeln lässt, ob man Ferelith trauen kann. Mein Highlight waren ab Wolfgang Condrus’ Passagen. Wenn er mit düsterer und bedrohlicher Stimme die Erlebnisse mit dem Dorfpfarrer schildert, kommt man gar nicht drum herum sich ordentlich zu gruseln.

    Weite Teile der Lesung sind musikalisch unterlegt. Auch hier haben es besonders die Passagen um 1789 herum in sich. Leise, brodelnde und bedrohlich klingen Stücke sind hier zu hören, die einem Gruselfilm zur Ehre reichen würden. Sie tragen maßgeblich zu der schaurigen Atmosphäre bei. Hin und wieder sind auch Geräusche eingesetzt worden, was auflockert und manchmal -je nach Szene- auch aufschreckt…sehr schön in einer solch unheimlichen Geschichte!

    Mir gefällt speziell der untere Teil des Covers. Farblich und auch wegen der Szenerie mit den Krähen, die hier zu sehen ist und angesichts der schwarzen Vögel die Frage aufwirft, was es nun mit einer weissen Krähe auf sich hat. Der Teil des Mädchengesichts, nun ja, so etwas sieht man für meinen Geschmack momentan viel zu oft.

    Fazit: Nach einer gewissen Anlaufphase, in der ich ziemlich unschlüssig war, was aus den verschiedenen Handlungsfäden jemals für eine zusammenhängende Handlung werden würde, hat mir “Weisse Krähe” sehr gut gefallen. Eine spannende und gruselige Geschichte, die das Heute mit dem Früher gelungen vermischt. Vorgetragen von drei sehr guten Sprechern und begleitet von einer gruselfilmtauglichen Musik- und Geräuschkulisse.

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