Werden Hörspielautor:innen eigentlich genug gewürdigt?
Das Fundament jeder Produktion
Vermutlich gab es dazu irgendwann schon einmal ein Thema – aber ich finde, es lohnt sich, das Ganze noch einmal bewusst in den Fokus zu rücken. Denn es betrifft einen Bereich, der oft übersehen wird, obwohl ohne ihn gar nichts entstehen würde.
Autor:innen sind das eigentliche Herz eines Hörspiels. Sie entwerfen Welten, in denen Regie und Ton überhaupt erst arbeiten können. Sie geben den Figuren ihre Tiefe, schaffen Struktur und Rhythmus, bauen Spannung auf und denken in Szenen, die allein durchs Hören funktionieren. Ein gutes Skript trägt alles – ein schwaches lässt selbst das beste Ensemble verblassen.
Man merkt das besonders deutlich, wenn man Serien hört, die im Kern dasselbe Team haben, aber bei wechselnden Autor:innen plötzlich ganz unterschiedlich wirken. Der Ton, der Witz, das Tempo – das alles kommt aus dem Text. Trotzdem reden wir viel zu selten über die Menschen, die diese Texte schreiben.
Die Unsichtbaren hinter den Kulissen
Vielleicht liegt es daran, dass man ihre Arbeit nicht direkt „hört“, sondern nur ihre Wirkung spürt. In den Credits tauchen sie oft ganz hinten auf, in Shops oder Playern manchmal gar nicht. Das Label, der Cast, die Regie – die stehen im Vordergrund. Autor:innen verschwinden irgendwo in den Metadaten.
Hinzu kommt: Viele Serien entstehen heute im Team, manchmal unter Pseudonymen, manchmal als Auftragsarbeiten. Wer was geschrieben hat, bleibt oft diffus. So gehen Handschriften verloren. Und doch erkennt man sie, wenn man genau hinhört – bestimmte Dialogrhythmen, Themen, wiederkehrende Motive. Nur dass man selten erfährt, wer dahintersteckt.
Wenn Wertschätzung fehlt, verliert die Branche an Mut
Wenn das Schreiben kaum sichtbare Anerkennung bekommt, leidet langfristig auch die Vielfalt. Gute Bücher brauchen Mut, Zeit und jemanden, der ihre Qualität wahrnimmt. Wenn Autor:innen aber kaum gewürdigt oder namentlich erwähnt werden, fehlt genau dieser Anreiz. Und damit bleibt die Branche ärmer, als sie sein müsste.
Über Geld spricht man (fast) nie – aber man sollte
Ein Punkt, über den kaum jemand offen redet, ist die Vergütung. Was verdient man eigentlich mit einem Hörspielskript? Wie wird der enorme Zeitaufwand – das Entwickeln von Figuren, das Feilen an Dialogen, die dramaturgische Struktur – am Ende honoriert?
Wer sich mit der Branche beschäftigt, bekommt den Eindruck, dass das Schreiben von Hörspielen selten ein finanziell tragfähiges Standbein ist. Die Honorare wirken oft eher wie Pauschalen, die den tatsächlichen Aufwand kaum abbilden. Wochen, manchmal Monate an Arbeit fließen in eine Produktion, die am Ende in einer Gage mündet, die kaum im Verhältnis steht. Und Tantiemen? Nur, wenn es überhaupt vertraglich geregelt ist – bei vielen Independent-Produktionen bleiben sie Wunschdenken.
Wenn man bedenkt, dass der Text die Grundlage für alles ist, wirkt dieses Ungleichgewicht fast absurd. Ohne das Skript existiert kein Dialog, keine Szene, kein Moment, den man vertonen könnte. Trotzdem verdienen in vielen Fällen alle nachfolgenden Produktionsschritte mehr als die Person, die das Fundament gelegt hat.
Das ist sicher ein heikles Thema – aber vielleicht auch eines, über das man sprechen muss, wenn man über echte Wertschätzung redet. Denn Respekt zeigt sich nicht nur in Nennung und Anerkennung, sondern auch in fairer Bezahlung.
Wege zu mehr Anerkennung
Ich glaube, Wertschätzung fängt mit Sichtbarkeit an. Autor:innen sollten selbstverständlich in Ankündigungen, Rezensionen und Booklets genannt werden – und zwar nicht als Fußnote. Warum nicht gleichberechtigt neben Regie und Sprecher:innen?
Auch in Streamingportalen und Shops müsste es Suchfunktionen nach Autor:innen geben. Ihre Namen sollten nicht irgendwo versteckt sein, sondern auf derselben Ebene wie Cast oder Label. Ebenso hilfreich wären Interviews, kleine Features, vielleicht sogar ein Blick ins Manuskript oder in den Schreibprozess – das würde ihre Arbeit greifbar machen.
Labels könnten Autor:innen stärker in den Vordergrund rücken, vielleicht mit Themenwochen oder Kurzporträts. Preise und Auszeichnungen sollten eigene Kategorien für das beste Originalskript oder die beste Adaption haben. Und ganz grundsätzlich: In Rezensionen darf der Text selbst wieder eine Rolle spielen – mit Zitaten, mit Hinweisen auf Stil und Handschrift.
Denn ein Hörspiel lebt vom geschriebenen Wort. Die schönsten Stimmen, die beste Regie und die klangvollste Musik können nur so gut sein wie das Buch, das ihnen zugrunde liegt.
Zeit, den Blick zu ändern
Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft auch mehr über die Menschen sprechen, die all das auf Papier bringen, bevor es im Studio Wirklichkeit wird. Ohne sie gäbe es viele unvergessliche Hörmomente schlicht nicht.
Also: Welche Autor:innen schätzt ihr besonders? Wo spürt ihr ihre Handschrift? Und glaubt ihr, dass sie in der Branche die Anerkennung bekommen, die sie verdienen – oder stehen sie immer noch zu sehr im Schatten ihrer eigenen Geschichten?