Per Anhalter durch die Galaxis 1
An einem völlig gewöhnlichen Donnerstag beginnt für Arthur Dent der absurdeste Trip seines Lebens: Erst wird sein Haus abgerissen, dann die ganze Erde – alles im Namen einer interstellaren Hyperraum-Umgehungsstraße. Nur mit Mühe rettet ihn sein langjähriger Freund Ford Prefect, der sich nun als außerirdischer Forscher für den galaktischen Reiseführer Per Anhalter durch die Galaxis entpuppt. Gemeinsam fliehen sie auf ein vogonisches Raumschiff – und geraten damit in eine Kette von Eskapaden, die so irrwitzig sind, dass man sich wünscht, der eigene Anrufbeantworter könnte sie kommentieren. Im Verlauf dieser sechs Hörspielteile begegnen sie dem zweiköpfigen, narzisstischen Präsidenten Zaphod Beeblebrox, der intelligenten Trillian, dem depressiven Roboter Marvin und einer Handvoll Wesen, die dem Irrsinn des Universums mit erstaunlicher Gleichgültigkeit begegnen. Zusammen stürzen sie sich ins Chaos, in philosophische Abgründe, in urkomische Sackgassen – und reisen bis zum Restaurant am Ende des Universums.
Dieses Hörspiel ist mehr als nur eine Adaption – es ist ein akustisches Kaleidoskop des wohl berühmtesten britischen Sci-Fi-Kults aller Zeiten. Douglas Adams schuf mit Per Anhalter durch die Galaxis einen Weltenentwurf, der sich jeder Kategorisierung widersetzt: Es ist Science-Fiction, Satire, Philosophie und Nonsens in Personalunion – ein Universum, das sich nicht ernst nimmt, und doch voller Wahrheiten steckt. Die Produktion von WDR, BR und SWR fängt diese Vielschichtigkeit nicht nur ein, sie macht sie fühlbar. Schon die ersten Minuten entfalten ein irrlichterndes Universum aus absurden Einfällen, ironischer Weltsicht und verblüffender Tiefe. Hier wird nichts erklärt, sondern behauptet – und zwar mit einer Ernsthaftigkeit, die jede Logik ad absurdum führt.
Ernst Wendt inszeniert diese sechs Teile mit einem fast tänzerischen Gespür für Tempo und Timing. Was auf Papier manchmal wie Chaos wirkt, erhält in der akustischen Umsetzung Struktur durch rhythmische Wechsel, ironisch unterlegte Übergänge und die perfekte Balance zwischen Dialog, Erzählertext und Geräuschkomposition. Die Regie erlaubt sich – ganz im Geiste Adams – auch Brüche: abrupte Schnitte, absurde Pausen, übersteigerte Effekte. All das steigert nicht nur die Komik, sondern macht das Hörspiel zu einem akustischen Erlebnis jenseits der Genregrenzen. Die Handlung changiert zwischen episodenhaftem Klamauk und tiefsinnigem Irrwitz. Hinter dem Lachen lauert die Leere des Alls – und die Erkenntnis, dass das Leben manchmal keine Bedeutung haben muss, um sinnvoll zu sein. Besonders gelungen ist die Darstellung der Herz aus Gold und der berüchtigten „Unwahrscheinlichkeitsdrive“-Passagen: Hier wird Science-Fiction zum literarischen Fiebertraum.
Der Cast dieser Produktion liest sich wie ein „Who’s Who“ der deutschen Schauspielkunst der 80er Jahre – und liefert durchweg grandiose Leistungen. Rolf Boysen führt als Erzähler mit feinem Understatement durch das absurde Universum, als sei alles völlig normal – ein Kunstgriff, der die Komik noch potenziert. Felix von Manteuffel verleiht Arthur Dent eine naive, manchmal verzweifelte Präsenz – er ist das menschliche Maß in einer unmenschlichen Galaxis. Markus Boysen als Ford Prefect hat das verschmitzte Wissen eines Weltreisenden mit Insiderwitz, während Klaus Löwitsch als Zaphod Beeblebrox größenwahnsinnig, nervtötend und absolut liebenswert auftritt. Martin Flörchinger als Marvin ist ein akustisches Geschenk: Seine depressive Monotonie ist so traurig wie komisch, so mechanisch wie zutiefst menschlich. Auch die zahlreichen Nebenrollen – Wolfgang Hess, Bernhard Minetti, Joachim Höppner, Doris Schade, Dieter Borsche u.v.m. – machen das Hörspiel zu einem Stimmenfeuerwerk, in dem jeder Auftritt glänzt.
Die technische Umsetzung dieser Produktion ist ihrer Zeit weit voraus gewesen. Frank Duvals elektronisch-sphärische Musik verleiht dem Hörspiel eine fast meditative Klangtiefe, während die Soundeffekte – von Vogonendurchsagen über Raumschiffgeräusche bis hin zu explodierenden Planeten – mit Präzision und Fantasie gestaltet sind. Die Schnittführung ist dynamisch, aber nie unübersichtlich. Besonders auffällig: Die Regie traut sich, Stille zuzulassen – eine Seltenheit in Science-Fiction-Hörspielen, hier aber perfekt eingesetzt. Trotz des Alters klingt die Produktion erstaunlich klar, digital aufbereitet mit viel Liebe zum Original.
Das Coverdesign zitiert das Originaluniversum stimmig: ein leuchtend-blauer Hintergrund, der das Raumschiff „Herz aus Gold“ im Orbit zeigt – eingerahmt von den ikonischen Lettern des Titels. Schlicht, retro-futuristisch und genau im Geiste Adams. Die beiliegenden Booklets bieten Informationen zu Cast und Produktion, allerdings hätte man sich eine kleine Chronik oder einen historischen Einblick in die Entstehung gewünscht.
Per Anhalter durch die Galaxis 1 ist mehr als ein Hörspiel – es ist eine Reise in die Abgründe des Humors, die Untiefen des Menschlichen und die Weiten des Absurden. Diese deutsche Produktion aus den frühen 80ern ist ein Meilenstein der Radiokunst: pointiert, philosophisch, verspielt und immer wieder überraschend tiefsinnig. Ob als Nostalgiker, Sci-Fi-Fan oder Liebhaber des britischen Humors – dieses Hörspiel ist ein Pflichttermin. Und: KEINE PANIK. Die Antwort auf alles ist schließlich längst bekannt.