Insantriel – Der Wahnsinn steckt in jedem von uns

  • Insantriel – Der Wahnsinn steckt in jedem von uns

    Ein Ausflug ins Ungewisse: Als eine Gruppe junger Leute ein abgelegenes Dorf besucht, nimmt das Grauen seinen Lauf. Ausgelöst durch ein grausiges Geheimnis entfesselt sich eine Gewaltspirale, die bald niemanden mehr verschont. Woher kommt das Böse? Von außen – oder aus ihrem Innersten?

    Mit Insantriel – Der Wahnsinn steckt in jedem von uns betritt Benedict Matysik die Bühne des Independent-Hörspiels mit einer klaren Mission: Es soll krachen, brennen, zersplittern – und das möglichst ohne Filter. Schon der Titel verrät, worum es geht: nicht um subtilen Horror, sondern um die rohe, ungeschminkte Konfrontation mit dem innersten Abgrund des Menschen. Wer sich von dieser Produktion angesprochen fühlt, weiß vermutlich, was ihn erwartet – und wird nicht enttäuscht. Das Hörspiel verzichtet auf lange Exposition oder psychologisches Herantasten, sondern wirft seine Hörerinnen und Hörer direkt in eine Atmosphäre des Kontrollverlusts. Gerade dieser Mut zur Radikalität und zur klaren Genre-Zuordnung – Splatter, Horror, Wahnsinn – macht die Folge zu einer unverkennbaren Duftmarke im deutschen Hörspiel-Underground. Es ist ein akustischer Angriff, der bewusst aneckt, Grenzen überschreitet und seine eigene Sprache spricht – roh, direkt, ungefiltert.

    Der Einstieg lässt keine Zeit zum Atmen: Ohne Vorlauf wird man Zeuge des ersten Gewaltakts – ein klares Signal, wohin die Reise geht. Matysik setzt von Beginn an auf Eskalation, und diese bleibt das beherrschende Prinzip der Dramaturgie. Es gibt keine bewussten Ruhephasen, keine Momente der Entspannung – stattdessen folgt eine Szene der nächsten, als würde sich das Grauen unaufhaltsam durch Raum und Zeit fressen. Die Figuren bleiben in ihrer Tiefe bewusst reduziert, was ihre Austauschbarkeit im Verlauf der Geschichte nur verstärkt und ein Gefühl der Hilflosigkeit erzeugt. Dabei entfaltet sich die Handlung episodenhaft – Momentaufnahmen des Verfalls, verbunden durch ein unsichtbares Band aus Wahnsinn, Misstrauen und Gewalt. Interessant ist, wie das Hörspiel mit Erwartungen spielt: Es gibt Wendungen, aber sie sind nicht darauf ausgelegt, den Hörer zu überraschen, sondern ihn zu zermürben. Die stetige Spirale nach unten wird nicht gebrochen, sondern weitergedreht. Eine narrative Erlösung bleibt aus, ein moralisches Zentrum fehlt – und genau das macht Insantriel so effektiv. Es ist keine Geschichte über Hoffnung, sondern über das Zerbrechen aller menschlichen Sicherheiten. Visuell gesprochen: ein einziger, langer Sturz ins Inferno.

    Patrick Emons (Ray) überzeugt mit robuster Stimme und energischem Spiel – besonders in Wutausbrüchen. Mathias Grimm (Noah) sorgt mit dunklem Timbre für emotionale Dichte. Marc Erkens bleibt als Franky Forest besonders in Erinnerung – prägnant, direkt, mit gutem Timing. Auch die Leistungen von Tobias Brecklinghaus, Yvonne Radtke und Annika Rotvogel fügen sich solide in das Ensemble ein. Zwar merkt man gelegentlich die semiprofessionellen Wurzeln, doch das Ensemble agiert mit hörbarem Engagement.

    Die akustische Gestaltung ist in ihrer Brutalität kompromisslos: Knochenbrechen, Blutschmatzen, Schreie – vieles wirkt drastisch, manchmal fast zu direkt. Die Musik unterstreicht dramatische Höhepunkte, bleibt insgesamt aber dezent und funktional. Das Sounddesign ist nicht immer filigran, aber stimmig und effektiv in der Wirkung. Atmosphärisch gelingt es, eine klaustrophobische, aggressive Klangwelt aufzubauen, in der die Hörer kaum Luft holen können.

    Das Artwork spricht Bände: ein Fleischerhaken, bluttriefend, hängt zentral ins brennende Chaos. In der Kulisse ein apokalyptisches Inferno – Feuer, Panik, blutgetränkte Szenerie. Es ist ein visuelles Bekenntnis zum Inhalt: grob, verstörend, unbarmherzig. Die dunkle Farbpalette, die groteske Bildsprache und die wimmelnde Katastrophe im Hintergrund machen das Cover zu einem Albtraum-Panorama. Ein verstörender, aber konsequenter visueller Auftritt.

    Insantriel ist nichts für Zartbesaitete. Die Produktion geht kompromisslos in die Vollen und liefert eine rohe, düstere Geschichte, die über weite Strecken allein durch ihre Atmosphäre trägt. Dialoge und technische Umsetzung sind nicht durchweg feingeschliffen, doch gerade darin liegt ein Teil ihres Reizes. Wer einen ruppigen, blutigen Trip sucht – fernab glatter Hochglanzproduktionen –, der sollte hier reinhören. Kein Mainstream, kein Erbarmen – sondern Wahnsinn in seiner reinsten Form.

    VÖ: 10. Februar 2025

    Label: KlausStudio

    Bestellnummer: 4270000880520

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  • Kann mich dem nur anschließen, es war ein Fest und "Underground Hörspiel" beschreibt es eigentlich ganz gut. Ich musste hierbei immer wieder an das französische Terrorkino denken. Kein Pardon, unzensiert, ungezügelt und ein Angriff auf die Sinne (als Underground Film und Horror Fan im positiven Sinne). In den letzten Jahren hat sich aber auch die Entertainment Landschaft hierfür gewandelt. Ich denke Menschen sind für diese Art Geschichte wieder empfänglicher geworden. Man sieht es ja in den Kinos. Vor einigen Jahren wären Filme wie Terrifier niemals in die großen deutschen Kinos gebracht worden. Doch Terrifier 3 brach sämtliche Rekorde und lief mehrere Wochen im Kino.

    Insantriel ist nun das Hörspiel Pendant zu solchen Filmen und ich muss sagen, ich liebe alles daran. Manchmal muss es kein komplexes Drama mir tiefgründigen Charakteren sein, sondern einfach ein Haufen Mistkerle die sich alle nicht wirklich leiden können und die im Laufe der nächsten Stunden eine Spirale der Gewalt erleben. Auch das ist eine Sache die ich sehr gut fand. Die Charaktere waren relativ unnahbar, es gibt einem die Möglichkeit sich ausreichend von ihnen zu distanzieren. Aber sie waren auch interessant genug, sodass ich wissen wollte was jetzt mit ihnen geschieht. Ich mag Geschichten die keine Helden haben, sondern einfach nur Menschen.

    Insantriel ist ein fantastisches Experiment über das ich mit ein paar Freunden aus der Indie Horror Szene noch lange diskutieren werde.

  • Am Beispiel Terrifier zeigt, sich dass die Menschen in Zeiten weltweit omnipräsenter Krisenstrudel den Hang zu härteren Medien verspüren. Härtere Filme sind plötzlich Mainstream, Bands greifen vermehrt auf härtere Elemente zurück, selbst im Medium Hörspiel scheint man nicht mehr unter Verschluss agierend. Ich finde das per se gut, da ich die rohere Gangart oftmals faszinierend finde im gut ausbalancierten Gesamt-Zustand. Der Titel hier klingt sehr interessant, wenn ich mal in Stimmung für kompromisslose, fiktionale Brutalitäten bin, werde ich mich an das hier erinnern

  • Canylux Danke auch dir für deine prositive Rückmeldung. Ich mag im Regelfall selbst ehr so Protagonisten wie Dr. House. Jemanden den man nicht mag, bzw. der unsympathisch ist, aber durch die Charakter Darstellung doch ausreichend von Interesse dass man dran bleibt. ^^

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