Gestatten, Piefke - 9. Der Würger vom Westend
Im vornehmen Berliner Stadtteil Westend geht die Angst um: Eine Serie brutaler Morde erschüttert das Viertel. Die Opfer: allesamt prominente Künstler – erwürgt, sorgfältig inszeniert und scheinbar ohne Verbindung zueinander. Kommissar Kronberger setzt auf Walter Piefke, der sich verdeckt unter eine exzentrische Künstlerrunde mischt. Während Masken fallen und Eitelkeiten aufbrechen, kommt er dem Täter näher – doch ist der Kreis der Verdächtigen zu offensichtlich? Oder führt der Weg in eine viel größere Verschwörung?
Mit Folge 9 bleibt Gestatten, Piefke seinem Erfolgsrezept treu: ein klassischer Kriminalfall, angesiedelt im historischen Berlin der 1920er Jahre, verwebt mit einer größeren, düsteren Rahmenhandlung. Diesmal geht es ins kultivierte Westend – ein reizvoller Kontrast zum Friedrichshain des Vorgängers. Die Geschichte rund um eine Künstlerclique und einen Serienmörder bietet zwar thematisch Bekanntes, wird aber temporeich, atmosphärisch und mit feinem Gespür für Figuren erzählt.
Das Hörspiel punktet weniger mit überraschender Handlung, sondern mit stilsicherer Umsetzung. Die Grundidee eines Mörders in Künstlerkreisen ist nicht neu, wird aber hier mit Berliner Lokalkolorit und elegantem Pacing aufgefrischt. Die Dialoge sind klug geschrieben, mit einem Hauch Ironie, viel Understatement und einem deutlichen Gespür für Milieusprache. Die Folge entfaltet ihre Spannung leise – durch Verdächtigungen, Andeutungen und das Spiel mit der Erwartung des Publikums. Dass der Fall in sich abgeschlossen ist, dabei aber lose Fäden für künftige Folgen offenbleiben, verleiht ihm Tiefe.
Oliver Stritzel gibt dem Ermittler Walter Piefke erneut die richtige Mischung aus Skepsis, Nachdenklichkeit und Berliner Schnauze. Till Hagen führt wie gewohnt souverän durch die Folge und bringt mit seinen sachlichen, oft augenzwinkernden Kommentaren historische Tiefe ein. Dietmar Wunder überzeugt als Kommissar Kronberger, auch wenn er in dieser Folge weniger Facetten zeigen kann als in früheren Rollen. Hervorzuheben sind zudem Peter Lontzek und Ilona Otto, die glaubhaft zwischen Kulturszene und Abgrund vermitteln. Kaspar Eichel und Marc Schülert runden das Ensemble stimmig ab.
Die Soundkulisse ist auf gewohnt hohem Niveau. Straßengeräusche, Musikfetzen aus Grammophonen, das Klingeln von Telefonen und das Poltern in Berliner Hinterhöfen erzeugen eine Atmosphäre, die nie aufgesetzt wirkt. Auch die Musik wurde wieder stilvoll gewählt: jazzige Fragmente, getragen von Kontrabass und Piano, sorgen für ein Gefühl der Zeit – zwischen Bohème und Bedrohung. Die Mischung ist klar, die Sprecher heben sich gut vom Hintergrund ab, ohne je künstlich zu wirken.
Wieder folgt das Artwork dem bekannten grafischen Konzept der Reihe: ein reduzierter Hintergrund mit einem kolorierten Bildausschnitt, hier in Violett gehalten. Die Szene zeigt eine angedeutete Auseinandersetzung – ein Mann, ein Schatten, ein Griff – stilisiert, aber wirkungsvoll. Die Nummerierung und das klar strukturierte Design geben der Serie optische Kontinuität, während das Motiv selbst eher vage bleibt und Raum für eigene Bilder im Kopf lässt. Ein Cover, das neugierig macht, ohne zu viel zu verraten.
Der Würger vom Westend ist ein klassisch erzählter Serienmörder-Krimi, getragen von einem feinen Ensemble, einer hervorragend gestalteten Klangwelt und einem sicheren Gespür für historische Atmosphäre. Der Plot mag nicht neu sein, die Umsetzung hingegen ist es. Die Mischung aus Lokalkolorit, sprechender Stille und charismatischer Hauptfigur macht diese Folge zu einem starken Beitrag der zweiten Staffel – elegant, düster und unterhaltsam.