Über Zensur bei alten Hörspielklassikern als Beispiel Professor van Dusen 55 in der ARD AUDIOTHEK - Umfrage Seite 2

  • Ich dulde im Grunde alles und kann damit leben. Bevorzugen würde ich jedoch Disclaimer jedweder Art und eine Besprechung fände ich super. Aber vielleicht gibt es noch eine bessere Auseinandersetzung und der Disclaimer ist nicht der Weisheit letzter Schluss.

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Ich will nicht zuu politisch werden,

    LskH Was Du aber geworden bist. Wir haben hier bereits vor längerer Zeit eine Abstimmung gemacht, bei der klar hervor ging, dass wir keine politischen Diskussionen wünschen.


    Ich lasse Deinen Beitrag mal stehen obwohl er dagegen verstößt, möchte Dich aber ersuchen nicht weiter Begriffe zu verwenden, die klar darauf abzielen politisieren zu wollen.

    Die weiteren politischen Statements wurden wie von Jokel zu Recht angeregt, hierhin verschoben:

    Dieses Thema ist zur Sicherheit geschlossen.

    Ich würde auch alle anderen ersuchen dies zu beherzigen, auch wenn es zugegebener Maßen schwerer fällt in diesem Thema nicht politisch zu werden als in anderen Themenbereichen. Mir persönlich ist es schleierhaft warum man krampfhaft immer in Kategorien wie Links, Rechts denken und fast schon reflexartig automatisch entsprechend weitere Begriffe verwenden muss. Warum nicht einfach seine persönliche Meinung zum Ausdruck bringen ohne politisch Andersdenkende zu verunglimpfen und Politik außen vor zu lassen. Wir sind ein Hörspielforum, dass sich über den Umgang mit älteren Hörspielen auseinandersetzt und gemeinsam (!) versucht hier eine praktikable Lösung für alle im positivsten Sinne zu finden.

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Die Frage ist auch, ob sich Kinder überhaupt so sehr auf die alten Hörspiele stürzen? Wahrscheinlich machen wir Erwachsene uns hier übertriebene und unbegründete Sorgen. Jede Generation hat ihre Medien und verbleibt hauptsächlich darin. Klar gibt es auch ein paar zeitlose Klassiker, die kann man ja im Zweifel mit einem Vorwort versehen, aber sicher ist dies überschaubar.

    In meinem ersten Beitrag zum Thema meinte ich ja sinngemäß dasselbe, dass es eher weniger junge Menschen geben wird, die sich gezielt auf die Suche nach "uralten" Hörspielen machen, ohne den Inhalt dann auch einschätzen zu können.

    Aber das Thema ist trotzdem oder gerade auch bei Neuaufnahmen ja nicht unwichtig. Gut, mein Onkel-Tom-Beispiel ist vielleicht etwas an den Haaren herbeigezogen, weil der Stoff heute nun wirklich nicht mehr die Wurst vom Teller zieht. Aber wie sieht es mit z.B. einer möglichen neuen ernsthaften Dracula-Vertonung aus? Müsste der Graf da dann politisch korrekt von Sinti und Roma sprechen, wo er es natürlich im Roman seit von ihm durchlebten Jahrhunderten von Zigeunern tut? Ich habe lange kein aktuelles Western-Hörspiel gehört. Sind Indianer da noch Indianer, oder sind es Indigene Stämme? Oder, um die Abstrusität auf die Spitze zu treiben, angenommen es gäbe ein Hörspiel im Neonazi-Umfeld oder im Dritten Reich, würden die über ihre Feindbilder politisch korrekt sprechen und nicht von Bezeichnungen, die ich nicht in den Mund nehmen/schreiben möchte, die aber wohl leider authentisch wären?

    Einfach mal so als Fragen in den Raum gestellt und ausdrücklich auch nicht auf dich bezogen. Bei deiner Umfrage habe ich jedenfalls pro Disclaimer und Besprechung am Ende des Hörspiels gestimmt.

  • @all: Hab mir erlaubt den Thread-Titel anzupassen.


    Mic Vielen Dank für Deine sachlichen Beiträge bei denen Du stets mit Fingerspitzengefühl auf die Wortwahl achtest. #top#

    Wobei ich mir da aber gerade die Frage stelle, waren wir früher ohne Disclaimer auch „überfordert“?

    Ich habe mir darüber weitere Gedanken gemacht. Es ist nun so dass Kinder oftmals gar nicht mitbekommen wenn sie überfordert sind und gewisse Verhaltensweisen, Ausdrücke, Sätze und Worte instinktiv und automatisch übernehmen, wenn sie sie nur oft genug zu hören bekommen. Heute wie damals. Ich erinnere mich an folgende persönliche Begebenheit, die mir erst jetzt als Erwachsener Jahrzehnte später so richtig bewusst wurde, weil es sich in meinem Kopf quasi „gesetzt“ hat. Mein Vater und seine Generation hatte früher im Zusammenhang mit einer intensiven Beschäftigung das Wort „Vergasung“ verwendet. „Ich hab bis zur Vergasung gelernt“, fiel bei mir als schlechter Schüler, der ich war häufig. Ich habe dieses Wort unreflektiert übernommen. Ich habe mir niemals darüber Gedanken gemacht, woher es stammen könnte. Irgendwann, es muss in den 0er Jahren gewesen sein, als unsere Gesellschaft einen Wandel in der Sprache gemacht hat, ist es mir dann plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes wie Schuppen von den Augen gefallen, auf welche fürchterliche Zeit und Greueltat dieses Wort abzielt. Und ich habe mich selbst dafür geschämt. Und ob ihr es glaubt oder nicht, auch heute noch kommt mir dieses Wort automatisch in den Sinn, wenn ich etwas sehr intensiv mache. Ich kann gar nichts dagegen tun. Ich habe es einfach in meinem Kopf abgespeichert. Natürlich sage ich es jetzt nicht mehr. Aber ohne nachzudenken, würde es mir wieder über die Lippen kommen. Und mir fielen sofort einige weitere solcher Beispiele von Worten ein, die wir Kinder uns damals automatisch angelernt haben, die in unserem Sprachgebrauch Gang und Gäbe war, die wir von den Eltern oder der älteren Generation einfach übernommen haben, ohne den eigentlich Sinn dahinter, die bewusste Verunglimpfung von Bevölkerungsgruppen, die Verharmlosung von fürchterlichen Taten, jemals wirklich verstanden zu haben. Weil uns niemals jemand darauf aufmerksam gemacht hat, eben weil es keine entsprechenden Erklärungen damals gab. Weil es keine Auseinandersetzung damit gab. Und auch unsere Eltern haben es damals von ihren Eltern, unseren Großeltern übernommen und sich nichts dabei gedacht. Deshalb finde ich es großartig, dass die heutige Generation diesen Fehler nicht macht, sich darüber Gedanken macht und auf ihre Wortwahl achtet, auch wenn es für uns Ältere deswegen manchmal „schwierig“ wird sich in dieser neuen Welt zurecht zu finden. Natürlich ist es so wie es leider immer war und heute ganz besonders, wir fallen von einem Extrem ins Andere. Das ist bedauerlich und deshalb kann ich alle verstehen, die sich über die übertriebene Auseinandersetzung beschweren, aber ich sehe es einfach als notwendigen Zwischenschritt an um in ein paar Jahren eine normale und unaufgeregte Sprache und Auseinandersetzung mit historischen Werken haben zu können. Und wie geschrieben, der Disclaimer so wie er sich jetzt anbietet, ist nicht der Weisheit letzter Schluss sondern auch nur ein Zwischenschritt.

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • Man kann hier schon heraus lesen wie schwer es für die Labels sein muss alte Klassiker wieder zu veröffentlichen. Denn egal für welchen Weg man sich entscheidet, es wird Kritik geben.

    Ist das denn wirklich so? Ich habe bisher noch keine Kritik gelesen, wenn Klassiker unverändert wiederveröffentlicht wurden. Wenn der DLF das Hörspiel einfach online gestellt hätte, hätte sich dann wirklich Leute aufgeregt? Die Diskussion ist ja dadurch entstanden, dass das Hörspiel "im Giftschrank" gelandet ist.

    Da sind einfach Rundfunk-Leute, die den eigenen Ansprüchen gerecht werden wollen und dabei übers Ziel hinausschießen. Das sind keine "charakterlich ganz minderwertigen Menschen", wie es hier im Thread mal genannt wurde. Solche Fälle gab’s auch schon früher. Der RIAS hat in den 80ern das Skript von "Professor van Dusen im Orientexpress" abgelehnt, weil es den Redakteuren geschmacklos erschien (es ging u.a. um Kannibalismus). Die Folge wurde dann mit anderen Protagonisten vom WDR vertont.

    Die Fall selbst ist durchaus hörenswert, denn er setzt sich kritisch mit Kolonialverbrechen und sogenannten Völkerschauen auseinander – van Dusen und Hatch äußern sich dazu sehr deutlich. Ja, der Begriff „Negerin“ fällt mehrfach – und man hätte ihn 1989 sicher auch schon sensibler ersetzen können. Aber die Geschichte spielt im Jahr 1903, und in diesem historischen Rahmen ist der Sprachgebrauch realistisch. Die von Ursula Heyer gesprochende schwarze Frau wird außerdem als selbstbewusst und gebildet dargestellt.

    Ich gehe davon aus, dass Maritim bald mit der CD-Veröffentlichung weitermacht und die Folge ganz normal und ohne Disclaimer bringt. Von daher muss man sich jetzt auch nicht zu sehr aufregen. Fans werden dann hoffentlich bald die Möglichkeit haben, die Folge in guter CD-Qualität hören zu können.

  • Aber die Geschichte spielt im Jahr 1903, und in diesem historischen Rahmen ist der Sprachgebrauch realistisch.

    Gutes Argument! Vielleicht hätte man hier bei der van Dusen Folge 55 wirklich ganz einfach ein kurzes Vorwort vorangestellt und darauf hingewiesen, dass die im Hörspiel getroffen Wortwahl das Jahr 1903 widerspiegelt und als solche zu sehen ist. Da hätte es ganz sicher keinen Aufschrei gegeben. Allein schon vorher einen Pipton zu nehmen, halte ich für unglücklich und nun vielleicht im Giftschrank verschwinden zu lassen noch mehr.

    Ich gehe davon aus, dass Maritim bald mit der CD-Veröffentlichung weitermacht und die Folge ganz normal und ohne Disclaimer bringt.

    Es ist zu hoffen, dass die Folge auch bei Maritim kommen wird. Weiter oben habe ich aber schon mal die Frage in den Raum geworfen, ob hier das Deutschlandradio Einfluss drauf haben und vielleicht ein Veto einlegen könnte?

    Edited once, last by hoerspiel (June 10, 2025 at 6:40 AM).

  • Weiter oben habe ich aber schon mal die Frage in den Raum geworfen, ob hier das Deutschlandradio Einfluss drauf haben und vielleicht ein Veto einlegen könnte?

    Ja, das nennt sicht Vertragsfreiheit. Als Rechteinhaber für die Aufnahmen können sie sich aussuchen, mit wem sie welche Verträge zur Veröffentlichung eingehen. Wenn ihnen die Nase des Vertragspartners nicht passt oder sie entscheiden, das niemand mehr diese Folge zu Hören bekommen soll, gibt es kein Gesetz, dass sie zur Rechtevergabe zwingen kann.

  • So sehr ich mich über die CD VÖ freue, so froh bin ich dass ich diese Folge als MP3 auf CD habe.

    Wie Akita Takeo richtig über den Hörspieltalk von morgen schrieb:

    Solange es Leute wie uns drei gibt und wir hier schreiben, bleibt es hoffentlich bestehen. Noch lange! #top#

  • so froh bin ich dass ich diese Folge als MP3 auf CD habe

    Geht mir ähnlich. Ich habe sie als mp3 in der Cloud und die CDs sammle ich nicht. Da kann man natürlich relativ gelassen abwarten, wie es in der Causa 'Mord im Club' weitergehen wird.

    Wer die Folge nicht hat oder jetzt plötzlich nciht mehr sicher ist, ob er eine vollständige CD-Sammlung haben wird, dürfte das sehr viel enger sehen.

    Nicht jeder Verkannte ist ein Genie. (Walter Moers)

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