Der unheimliche Phantoll - 1. und der gelbe Diamant
Wenn im Eulenmoor der Nebel aufzieht und das Heulen der Eulen ertönt, ist eines sicher: Der Phantoll ist nicht weit. In dieser ersten Folge der Reihe lernen wir das exzentrische Gespann rund um Lord Tütelüt, Butler Johann und eben jenen unheimlichen Phantoll kennen – der sich, wie so oft, nicht im Griff hat. Als eine steinreiche Dame mit einem gelben Diamanten das Anwesen betritt, nimmt das Chaos seinen Lauf. Und der schrullige, eigensinnige Phantoll wird unfreiwillig zum Auslöser eines veritablen Skandals...
Mit Der unheimliche Phantoll und der gelbe Diamant eröffnete EUROPA 1981 eine Mini-Reihe, die völlig aus dem Rahmen der üblichen Formate fällt – und gerade dadurch einen ganz besonderen Reiz entfaltet. Statt Detektive oder Monster liefert Autor Eberhard Alexander-Burgh eine originelle Mischung aus skurriler Gruselkomödie und britischem Gesellschaftsdrama in Hörspielkurzform.
Die Handlung spielt sich fast komplett im alten Anwesen von Lord Tütelüt ab und erinnert mit ihren Figuren und ihrem Aufbau an ein humorvolles Kammerstück. Im Mittelpunkt steht die spleenige Interaktion zwischen den Charakteren, allen voran der Phantoll – eine Art Kobold, der ständig für Aufregung sorgt. Das Geschehen ist turbulent, aber nie beliebig. Die gekonnte Sprache Alexander-Burghs und das pointierte Spiel mit Klischees machen die Folge zu einem vergnüglichen Hörerlebnis.
Die Sprecherriege ist hochkarätig: Gottfried Kramer gibt dem Phantoll eine unnachahmlich eigensinnige Stimme zwischen Grummeln und Gackern. Wolfgang Völz als Johann brilliert als Butler mit trockenem Understatement, während Lukas Ammann als Lord Tütelüt herrlich weltfremd und dandyhaft wirkt. Gisela Trowe als Lady Krösus bringt Glanz und Glamour, Karl-Ulrich Meves als Herr Zwirn dagegen dezente Komik. Und nicht zuletzt führt Jürgen Thormann als Erzähler mit ruhiger Eleganz durch das Geschehen.
Für ein 30-minütiges Kurzhörspiel ist die Produktion erstaunlich sorgfältig. Musik und Effekte sind stimmig, das Setting wird atmosphärisch aufgebaut. Besonders die Geräuschkulisse – der Wind im Moor, das Knarren des Anwesens – erinnert an klassische Spukgeschichten, ohne den Humor zu verlieren. Die Inszenierung lebt vom Wechselspiel zwischen schriller Überzeichnung und liebevollem Detail.
Das Cover fängt die schräge Atmosphäre perfekt ein: Der Phantoll im wilden Sprung, der Lord leicht indigniert, der Butler stets gefasst – und das alles im Stil klassischer 80er-Jahre-Illustration. Die Farbgebung und Zeichentechnik sind typisch EUROPA und machen sofort Lust auf ein kurioses Abenteuer.
Ein Hörspiel wie ein britischer Käse – speziell, kräftig im Ton und nicht jedermanns Geschmack, aber für Liebhaber ein echtes Fest. Der unheimliche Phantoll und der gelbe Diamant ist der perfekte Einstieg in eine kleine, feine Hörspielwelt abseits des Mainstreams. Schrullig, geistreich, nostalgisch – ein kurioser Schatz aus dem Hause EUROPA, der unbedingt wiederentdeckt werden sollte.