Gruselkabinett - 159. Das kalte Herz
Peter Munk ist sein Dasein als Köhler leid und neidet den Glasmachern
und Holzfällern ihr deutlich angeseheneres Handwerk. Als er von der
Legende eines Glasmännchens erfährt, der Sonntagskindern Wünsche
erfüllt, sieht er endlich einen Ausweg aus seinem Elend. Doch der
Schwarzwald ist tief und beheimatet nicht nur Geschöpfe, die den
Menschen wohlgesonnen sind...
Eine Geschichte, die als Märchen gezählt wird, ist in einer Umsetzung
bei Titania Medien erst einmal nicht ungewöhnliches, mit ihrer
Special-Reihe haben sie ihr gutes Gespür für Kinderhörspiele bewiesen.
Wenn dieses Märchen aber im Gruselkabinett umgesetzt wird, ist das schon
etwas Besonderes. Es handelt sich um kein anderes Märchen als "Das
kalte Herz" von Wilhelm Hauff. Und da Stephan Bosenius und Marc Gruppe
auch hier mit viel Liebe zum Stoff und ihrem Hang zu dramatischen
Momenten gearbeitet haben, überzeugt diese Umsetzung mit ihrer düsteren
und ausdrucksstarken Stimmung. Die Geschichte entwickelt sich eher
langsam weiter, ist sehr prägnant umgesetzt und wird von Peter Weis als
Erzähler in eine Form gegossen. Sprachlich ist das wieder sehr
hochwertig umgesetzt, alle Texte wirken geschliffen und lassen die Zeit
des frühen 19. Jahrhunderts auferstehen. Auch der Schauplatz im
Schwarzwald ist markant eingebunden und ein fester Teil der Umsetzung.
Der Handlung selbst ist mit seinen Geistern, der magischen Wirkung von
Anfang an sehr atmosphärisch und markant, der leise Grusel, der durch
die gesamte Episode wabert, ist immer vorhanden, mal im Hintergrund, mal
spürbar und greifbar. Die Moral, die das Märchen vermittelt, kommt auch
hier hervorragend zur Geltung. Die über 90 Minuten Laufzeit sind
angefüllt mit markanten Szenen und starken Dialogen, was eine sehr
starke Folge entstehen lässt. Wer die Geschichte kennt, wird die
feinsinnige und detailreiche Umsetzung zu schätzen wissen. Andere können
sich ganz auf den spannenden Verlauf und die unheilvolle Wirkung
freuen.
Jonas Minthe ist in der Hauptrolle des Peter Munk zu hören und macht
seine Sache ganz wunderbar. Sehr facettenreich und sehr gekonnt auf die
vorherrschende Stimmung eingehend bringt er den Spannungsbogen ebenso
gekonnt zur Geltung wie seine Charakterzüge, was mir sehr gut gefallen
hat. Als geheimnisvoller Schatzhauser ist Gudo Hoegel zu hören, der
seine leicht kratzige Stimme sehr vielseitig einsetzt und seine Szenen
so markant wirken lässt, die so die zentralen Aspekte betonen. Auch Uli
Krohm ist als Holländer-Michel wunderbar besetzt, sein unverkennbarer
Klang bereichert auch dieses Hörspiel um eine sehr prägnante Note.
Weitere Sprecher sind Regina Lemnitz, Jean Paul Baeck und Peter Weis als
Erzähler.
Hervorragend ist auch die akustische Umsetzung des Hörspiels. Dabei sind
die düsteren und stimmungsvollen Melodien sehr gut eingebaut und
untermauern die Form des Hörspiels, während die Geräusche sehr dynamisch
eingebaut sind - mal überwiegt das eine, mal das andere. Die
geheimnisvolle Stimmung im Schwarzwald kommt dabei sehr gut zur Geltung,
was auch durch die Detailverliebtheit der Umsetzung entsteht.
Eine der entscheidenden Szenen ist auf dem Titelbild der Folge zu sehen,
Peter und einer der geheimnisvollen Geister des Waldes sind gemeinsam
mit einem Herzen in einem Glas zu sehen, während die harten
Gesichtsausdrücke der beiden Männer durch das gekonnte Spiel aus Licht
und Schatten besonders gut zur Geltung kommt. Das Innere ist wie immer
aufgeräumt und übersichtlich, auf der Coverrückseite ist das Foto von
Jonas Minthe zu sehen.
Fazit: Die scheinbar ungewöhnliche
Platzierung des Märchens im Gruselkabinett entpuppt sich schnell als
Glücksgriff. Die Stimmung ist wunderbar dicht und düster, die Handlung
mit der gehobenen Sprache überzeugend umgesetzt, die markante Wirkung,
die hervorragenden Sprecher und eindringliche Szenen lassen "Das kalte
Herz" zu einer sehr hörenswerten Episode der Reihe entstehen.
VÖ: 27. März 2020
Label: Titania Medien
Bestellnummer: 9783785781593
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